Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
Vom Netzwerk:
zu zählen schien. Sie konnte sich nicht entscheiden. Sie wusste auch nicht, was sie erreichen wollte – ihm ein Geständnis abringen, dass er sie liebte und begehrte, oder einfach nur die nüchterne Zustimmung, dass es besser war, ohne Zank und Hader zusammenzuleben. Dass sie eine brauchbare Übereinkunft treffen mussten, wie sich ihre Ehe fortan friedlich gestalten ließe.
    Sie zögerte zu lange, denn schließlich ergriff er an ihrer Statt das Wort.
    »Willst du mich nach Brügge begleiten … oder nach Gent? Ich weiß nicht, wo genau ich da droben im Norden leben werde«, sagte er gleichgültig. »Du könntest auch in Laon bleiben, am Hofe deines Vaters, oder dich in ein Kloster zurückziehen. Sämtliche Wege stehen dir offen.«
    Sie seufzte, und erst als dieser schwache, trostlose Laut verklungen war, da war sie sich einer Sache sicher. Nicht dessen, was sie zu erreichen, aber dessen, was sie zu meiden suchte: Sie wollte nicht, dass er ihr gegenüber so gleichgültig war.
    Vorsichtig trat sie zu ihm und lehnte sich an ihn, merkte, wie er versteifte, und spürte zugleich die Wärme seines Körpers. »Ich bleibe an deiner Seite«, erklärte sie ruhig.
    Kurz war ihr, als würde er die Luft anhalten und hernach schneller atmen. Doch jener Laut war trügerisch, und ihm folgten keine Worte. Da tat sie es wie einst in ihrer Hochzeitsnacht, mied zwar seinen Blick, aber nicht seine Nähe, indem sie sich hinter ihn stellte, sich dicht an ihn schmiegte, ihr Kinn fest in seinen Rücken bohrte. Im Laufe der Genesungszeit waren seine Muskeln geschwunden, doch sein Rücken war immer noch hart.
    Jetzt endlich reagierte er.
    »Dein Vater schickt mich an vorderster Front in den Krieg gegen die Normannen«, sagte er mit rauer Stimme. »Und du hasst den Krieg. Es würde dir keine Freude machen, mit mir zu leben.«
    Sie schluckte schwer, doch dann sagte sie entschlossen: »Du irrst dich, Balduin. Ich … ich habe meine Meinung geändert … in jenen Tagen, da ich glaubte, du würdest von uns gehen, gefällt vom Schwert eines dieser verfluchten Normannen … Ich weiß nicht, wann die Zeit des Friedens anbricht zwischen ihrem Volk und dem unseren. Aber jetzt ist sie noch nicht gekommen. Ich … ich habe um dein Leben gezittert … und wenn ich dazu fähig gewesen wäre, dann hätte ich dich selbst verteidigt, mit aller Gewalt, selbst wenn es notwendig gewesen wäre zu töten. Warum soll ich dir vorwerfen, dass du dich selbst verteidigst … dass du mein Volk schützt? Du bist … mein Krieger.«
    Eine Weile stand er starr, dann drehte er sich abrupt um. Seine Augen waren immer noch ausdruckslos wie zuvor, aber seine Mundwinkel zuckten. »Es ist jetzt nicht die Zeit für Spott und Hohn, Judith«, entfuhr es ihm scharf.
    Sie hielt seinem kalten Blick stand. »Ich spotte nicht, Balduin. Du bist mein Krieger. Du wirst für mein … für unser Land kämpfen.Und ich werde an deiner Seite leben. Ich werde hinter dir stehen. So, wie es einer Frau gebührt.«
    Kaum merklich verdrehte er die Augen; sie wusste nicht, ob aus Überdruss oder weil er ihren Blick zu meiden suchte. »Das bist du nicht, Judith«, sagte er schließlich. »Nein, das bist du nicht.«
    »Und wenn ich’s doch wäre … für dich?«
    Ein ähnliches Seufzen, wie es eben ihrer Kehle entfahren war, tönte nun über seine Lippen. Bei ihr war es traurig gewesen, bei ihm klang es schmerzvoll.
    »Ich werde dich nie wieder verachten, weil du ein Krieger bist«, setzte sie hinzu. »Verachte du mich nicht, weil ich nicht aus der Haut einer Königstochter … einer Königin schlüpfen kann. Dann wird es gut werden zwischen uns.«
    Sie war sich nicht sicher, ob sie die Wahrheit sprach oder log. Wenn Zweiteres der Fall war, so hoffte sie, dass der Zauber der Lüge stark genug war, um ihrer niemals überdrüssig zu werden, dass die Scherben der verletzten Wahrheit nicht ausreichend scharf waren, um so tief zu schneiden wie frühere Kränkungen.
    Vorsichtig hob sie die Hand, strich ihm über das bleiche Gesicht, spürte eine kleine, kaum merkliche Erhebung – eine Narbe, die ihm das Leben vor langer Zeit geschlagen hatte. Sein Blick erwärmte sich, blieb aber starr. Sorgfältig folgte sie den Konturen seines Gesichts, berührte Nase, Wangen, Lippen, Kinn. Als ihre Hand tiefer rutschte, packte er sie und hielt sie fest.
    »Ich habe es schon einmal gesagt: Ich will nicht von dir belohnt werden«, flüsterte er kaum hörbar. »Ich will nicht, dass du mich kaufst.«
    Sie stutzte, aber nur

Weitere Kostenlose Bücher