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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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lästigen V-V-Vormund herrschen kann. Ich bin auf dem W-W-Weg zu ihm, um das Vorgehen zu besprechen.«
    »Das ist eine Kriegserklärung an deinen Vater!«
    »Nun und? Hast du Mitleid mit ihm?«
    Ludwig schnaubte gereizt, sein Blick wurde verschlagen und lauernd, als ahnte er, was in Balduin vor sich ging. Dessen Empörung währte zwar nicht lange – er stand dem König nicht nahe genug, um ihn ernsthaft zu bedauern, ja, fand sogar, dass jener nicht unschuldig an dieser Lage war, hatte er doch Ludwig über Jahre in die Rolle des erfolglosen, ungeliebten Sohns gedrängt. Aber dennoch sträubte sich etwas in ihm, nicht so sehr gegen Verrat und Revolte, sondern dass er in etwas hineingezogen wurde, was mit seinem Leben nichts zu schaffen hatte.
    »Balduin!«, hörte er Ludwigs Stimme. »Balduin – st-st-stehst du an meiner Seite?«
    Balduins Brust verkrampfte sich. Er musste gegen den Drang ankämpfen, dem Pferd sogleich die Sporen zu geben und fortzureiten.
    »Ha-ha-hast du etwa Skrupel, weil du ein Vasall meines Vaters bist?«, fragte Ludwig, dem Balduins Schweigen nicht entging. »Habe ich erst mein eigenes Reich, könntest du m-m-meiner werden.«
    Störrisch presste Balduin die Lippen zusammen. Ja, dachte er bitter, und alles tun, was du willst, und sei es, armselige Bauern zu töten …
    »Ich habe keine Skrupel«, sprach er langsam, und in seiner Stimme klang jener Trotz durch, der zuvor auch in Ludwigs Worten gelegen war. »Ich wünschte nur … ich wünschte nur, ich wüsste nichts von deinen Plänen.«
    Noch als er die Worte aussprach, dachte er, dass er vielleicht den größten Fehler seines Lebens beging. Doch kaum waren sie gesagt, hätte nichts ihn dazu bringen können, sie zurückzunehmen.
    Ludwigs Augen wurden eng. »Du heißt m-m-meine Pläne also nicht gut, du sagst dich ernsthaft v-v-v-von mir 1-1-los?«
    Balduin blickte ihn ruhig an. »Ich habe mit dir Seite an Seite gegen die Normannen gekämpft. Das würde ich auch weiterhin tun … aber mit dieser Sache will ich nichts zu tun haben.«
    Er hatte mit Furcht zu sprechen begonnen – Furcht vor Ludwigs Feindschaft und Hass –, doch mit jedem Wort hatte er mehr von der Freiheit gekostet: der Freiheit, alleine zu entscheiden, was er tat.
    Missmutig zuckte Ludwig seine Schultern. »D-d-du machst einen F-F-F-Fehler. Wenn du in ein Bündnis eingewilligt hättest, dann hätte ich dir die Hand meiner Schwester Ju-Ju-Judith angeboten. Längst ist sie es überdrüssig, unter der Fuchtel unseres Vaters zu stehen. Sie w-w-w-wartet doch nur auf eine Mö-Mö-Mög-lichkeit, aus Senlis zu fliehen!«
    Balduin starrte ihn ungläubig an. »Ich hätte diese Frau nehmensollen?«, entfuhr es ihm entgeistert. In diesem Augenblick dachte er nicht an ihre vertrauliche Begegnung im Stall, sondern an jene Szene im Saal, da Judiths spitze Zunge ihn getroffen, ihn bloßgestellt hatte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie solche Heiratspläne befürworten würde.
    »Ich w-w-w-weiß, dass sie sich nicht wie eine Dame benimmt«, erklärte Ludwig. »Sie k-k-k-kann hochmütig sein und gemein. Aber w-w-w-was sie auch sagt und tut – vergiss nicht, dass sie die Tochter eines karolingischen Königs ist. Und damit ist sie viel, viel mehr als du je-je-jemals sein könntest, Balduin.«
    Er sagte nichts mehr, aber durch seinen Blick brachen all die Verachtung, der Neid, die Missgunst, die Balduin so oft an ihm gewittert hatte und die ihn doch nie so unbeherrscht trafen wie heute. Er war froh, dass sein wild wehendes Haar wieder schmerzhaft in sein Gesicht klatschte und ihm alsbald den Blick auf Ludwig verstellte. Jener blieb ohnehin nicht lange an seiner Seite. Während der Wind in der Ferne in winselnd hohen Tönen über die karge Ebene jagte, die sich ihnen nun in der siegreichen Dämmerung darbot, wendete Ludwig sein Pferd und ritt davon. Balduin sah, dass er von seinen engsten Gefährten Guntfrid und Gozfrid begleitet wurde. Er selbst aber widerstand, dem Königssohn zu folgen.

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XVI. Kapitel
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    Judith ging unruhig in ihrem Gemach auf und ab. Nicht nur die schnellen und lauten Schritte befremdeten ihre Damen – so heftig hieb sie ansonsten nicht die Fersen in den Boden –, sondern vor allem, dass sie ihre Hände angespannt aneinanderrieb und die Finger schließlich so fest verknotete, dass sie rot anliefen, als wollte sie sich von jenem Gewirr ablenken, das sich seit Wochen bedrohlich um ihr Leben schlang.
    Sie sprach mit niemandem über ihre Sorgen, aber den Damen war

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