Das Gestaendnis des Scheichs
enormes Durchhaltevermögen, um bei dieser hohen Temperatur zu arbeiten. Trotzdem wirkte sie so frisch, als säße sie im Salon seiner Großmutter.
Langsam drehte sie die Pfeife. Dann blies sie, und die Glaskugel dehnte sich aus. Um Ella nicht zu erschrecken, verhielt Khalid sich weiter still.
Schließlich sah sie kurz auf, konzentrierte sich aber sofort wieder auf ihre Arbeit. „Was wollen Sie?“, fragte sie, bevor sie wieder vorsichtig in die Pfeife blies.
„Ich wollte sehen, wo Sie arbeiten.“ Er kam herein. „Es ist heiß hier drinnen.“
„Was haben Sie denn erwartet? Ich arbeite immerhin mit Feuer.“
Er betrachtete das flüssige Glas, das sie gerade in den orange glühenden Ofen schob.
Dann holte sie es wieder heraus und bearbeitete es erneut.
Er konnte die Form bereits erkennen. Es sollte wohl eine hohe Vase werden. Die Farbe ließ sich allerdings nur schwer bestimmen, da das Glas noch glühte.
Es war ihm ein Rätsel, wie sie es stundenlang bei solchen Temperaturen aushalten konnte.
„Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich zusehe?“
„Ich kann Sie ja schlecht rauswerfen“, antwortete sie schroff.
Er unterdrückte ein Lächeln. Sie kam ihm kein bisschen entgegen, was für ihn eine ganz neue Erfahrung war. Vor dem Unfall hatten die Frauen ihn umschwärmt. Ihn und Rashid. Er würde darauf wetten, dass Ella da nicht mitgemacht hätte.
„Hat meine Großmutter das Atelier für Sie gebaut?“
„Mm.“ Sie hatte noch immer die Glasmacherpfeife im Mund.
„Alles vom Feinsten.“
„Mm.“
Er sah sich um und entdeckte einen weiteren Ofen. Daneben Behälter mit farbigen Glasstäben. Auf einem Tisch standen mehrere fertige Werke. Er ging hinüber und betrachtete sie. Eine sanduhrförmige Vase gefiel ihm besonders gut, und er nahm sie in die Hand. Vor dem Hintergrund der weißen Wand schimmerte sie hellgrün. Auf dem Tisch nahm sie jedoch einen dunkleren Farbton an.
Er fragte sich, wie viel die ganze Einrichtung wohl gekostet haben mochte und ob sich die Investition seiner Großmutter je auszahlen würde. Sie musste großes Vertrauen in Ella gesetzt haben.
Nachdenklich ließ er den Blick über die anderen Gegenstände gleiten. Jedes einzelne Stück gefiel ihm. Offensichtlich hatte seine Großmutter Ellas Talent erkannt und gefördert.
Als er ihr wieder seine Aufmerksamkeit zuwandte, sah er, dass sie ihr Werk inzwischen mit einem Metallspatel bearbeitete. Sie flachte den Boden ab und formte dann den übrigen Glaskörper, der sich jetzt von der Pfeife löste. Dann fuhr sie mit dem Werkzeug die Rundungen nach und betrachtete ihre Arbeit von allen Seiten, bevor sie sie auf eine Schaufel schob und vorsichtig zum Ofen trug. Sie öffnete die obere Tür, schob die Vase hinein, schloss die Tür rasch wieder und stellte den Regler ein.
Schließlich nahm sie ihre Schutzbrille ab und sah zu ihm hinüber.
„Was meinen Sie nun?“ Ihre Wangen waren von der Hitze gerötet, was sie noch hübscher als sonst machte.
„Die sind wunderschön.“ Er deutete auf die Kollektion hinter ihm, dabei wandte er den Blick nicht von Ella ab.
„Hoffentlich gefallen die Sachen auch anderen. Wenn ich genügend produziert habe, muss ich mich wohl dem Wettbewerb stellen. Kennen Sie zufällig irgendwelche Kunsthändler?“, fragte sie hoffnungsvoll.
Khalid schüttelte den Kopf. Seine Familie spendete zwar für verschiedene Kunstprojekte, doch das wurde über die Firma geregelt.
Seufzend zog sie die Schürze aus und legte sie auf die Werkbank. „Ich auch nicht. Das war auch etwas, was Ihre Großmutter für mich tun wollte. Sie hatte vor, mich mehreren Galeriebesitzern in Europa vorzustellen. Jetzt muss ich das wohl selbst in die Hand nehmen.“
„So ein Pech, dass Sie jetzt nicht mehr von den Beziehungen der al Harums profitieren können“, meinte er sarkastisch.
Sie warf ihm einen wütenden Blick zu.
„Ich weiß, dass ich mich auf mein eigenes Können verlassen muss. Ihre Großmutter wollte lediglich als Türöffner fungieren.“
„Immerhin hätte Ihnen das sehr weitergeholfen. Einen Schützling von Alia al Harum hätte niemand so ohne Weiteres abgewiesen. Außerdem hat meine Großmutter auf ihren Reisen nach Frankreich und Italien viel Geld bei verschiedenen Kunsthändlern gelassen.“
„Ich habe nicht vor, in Italien auszustellen“, sagte sie hastig.
Nachdenklich sah er sie an. Weshalb nicht? Schließlich kam sie doch von dort. Das machte ihn nur noch neugieriger auf den Bericht von Rashids Mitarbeiter. Mehr
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