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Das Gewicht der Liebe

Das Gewicht der Liebe

Titel: Das Gewicht der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campbell Drusilla
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zurücksinken. »Habt ihr euch was gewünscht? Man muss beim Fallen die Augen schließen und sich etwas wünschen, bevor man sie wieder öffnet.«
    »Du stellst ständig neue Regeln auf«, sagte Roxanne.
    Simone setzte sich auf und zog einen der Zwillinge auf ihren Schoß. »Was hast du dir gewünscht, Victoria?«
    »Eis zum Abendessen.«
    »Ich auch«, krähte Valli. »Ich hab es mir als Erste gewünscht.«
    »Und ich habe mir genau dasselbe gewünscht!«, rief Simone und stand auf. Sie zog Victoria hoch und drehte sie in Richtung des Hauses. »Hiermit erkläre ich dieses Wochenende zu Eisferien. Wir werden zu jeder Mahlzeit Eis essen.«
    »Und Knabberzeug!«, juchzte Valli.
    Simone schob Victoria die Wiese hinauf und schrie: »Eis-Vitamine! Bestell Nanny Franny, dass wir vor dem Essen Eiscreme haben wollen. Jeder zwei Kugeln.«
    Victoria rannte los und Valli hinterher.
    Wind kam auf, blies in die Kiefern wie in Oboen, und die runden Wolken wurden Kissen und Federbetten, die sich auf den Berggipfeln bauschten. Sonne und Wind zerhackten die Wasseroberfläche in Millionen winziger Goldklümpchen. Am Fuß der Klippe knallte das Dingi gegen den Rumpf des Segelboots.
    Merell war verschwunden.
    »Sie hat überall ihre Schlupfwinkel. Egal, wo wir sind, sie findet immer ein Versteck. Besonders hier oben. Sie ist nie zufrieden, wenn nicht irgendjemand nach ihr sucht.«
    Merell war zu der Überzeugung gelangt, dass eine Tante das Beste war, was man sich wünschen konnte. Vor allem eine Tante mit einem großen verspielten Hund, der gern hinter Bällen herjagte und in den verwilderten Winkeln des Anwesens herumschnüffelte. Nach mehreren Stunden im Freien kam er ins Cottage zurück und ließ sich vor den Kamin plumpsen. Zwei Minuten später schnarchte er und zuckte in seinen Träumen.
    Tante Roxanne spielte Monopoly und bemühte sich wirklich zu gewinnen, und sie hörte zu und stellte Fragen, wenn Merell über all die Sachen erzählte, die sie tun wollte, wenn sie erwachsen wäre. Und Tante Roxannes Fragen ermunterten sie, über die Details nachzudenken, wie zum Beispiel darüber, warum sie nach China gehen wollte und wann sie segeln lernen würde.
    Ihre Mutter war lebhafter, wenn Tante Roxanne da war. Sie redete mehr und lachte, und es gab keine Spur von irgendeinem Trieze-Männchen.
    Tante Roxanne und Nanny Franny lachten, als sie das Mittagessen zubereiteten, und Mommy machte mit den Zwillingen ein Puzzle, und ausnahmsweise gab es kein Gekreische oder Gehaue. Zum Mittagessen gab es Merells Lieblingsgericht: Thunfisch mit Mayonnaise, Blattsalat und Pommes frites. Und jede Menge Limonade, die sie zu Hause so gut wie nie bekamen. Während Franny den Mittagstisch deckte, wechselte Tante Roxanne Baby Olivias Windel und redete mit ihr mit einer lustigen Quietschstimme, die Olivia zum Lachen brachte und in Merells Bauch ein warmes Gefühl erzeugte. Nach dem Essen bat Tante Roxanne Merell, mit ihr einen Rundgang durch das Anwesen zu machen. Die Zwillinge wollten mitkommen, aber Franny sagte, sie seien zu aufgedreht und wenn sie nicht endlich Ruhe gäben, würde sie sie an einem Pfosten festbinden.
    An der Westseite des Hauses gab es einen Spielplatz, und mitten darauf befand sich das Spielhaus, das sich Merell mit den Zwillingen teilte. Es hatte ein spitzes Dach und einen Schornstein und eine Kaminattrappe. Manchmal spielten sie, das Haus sei eine Schule und Merell die Lehrerin.
    »Die Zwillinge können noch nicht einmal zählen.«
    Sie gingen am Spielhaus vorbei zu dem großen Grundstück, wo Daddy nächsten Sommer die Tennisplätze anlegen lassen wollte. Chowder rannte zwischen den Bäumen herum, und Merell redete und erzählte, und Tante Roxanne sagte kein Mal, sie solle still sein.
    Merell fragte: »Hast du eine beste Freundin?«
    »Sicher. Du kennst Elizabeth doch.«
    Sie hätte es gern gehabt, wenn Tante Roxanne gesagt hätte, sie, Merell, sei ihre beste Freundin, aber gleichzeitig wusste sie, dass das ein dummer Wunsch war.
    »Übernachtet sie manchmal bei dir?«
    »Nein, aber früher hatten wir eine gemeinsame Wohnung.«
    Das hörte sich für Merell wundervoll an. »Erzählst du ihr Geheimnisse?«
    »Manchmal.«
    »Was für Geheimnisse?«
    »Ich kann mich an kein einziges erinnern, also werden sie nicht allzu wichtig gewesen sein.«
    Sie lehnten sich an die Mauer am Rand der Klippe, die Arme auf dem kalten Stein verschränkt.
    »Unser Haus war in einer Zeitschrift«, sagte Merell. »Daddy hat in seinem Büro eine Ausgabe

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