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Das Gewicht der Liebe

Das Gewicht der Liebe

Titel: Das Gewicht der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campbell Drusilla
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stupste ihm mit dem Ellbogen sanft in die Rippen. »Das stimmt doch, oder? Sag, dass es dir leidtut, dass du so gemein warst.«
    »Ich habe mich ziemlich danebenbenommen, Roxanne. Wenn ich wütend bin, sage ich Sachen …« Er rieb sich die Wange. »Einen verdammt guten Schlag hast du drauf. Eheleute haben diese … Ausfälle. Du bist ja praktisch jungverheiratet. In ein paar Jahren wirst du verstehen, was ich meine.«
    »Heißt das, du wirst diese Schwangerschaft nicht abbrechen, Simone?«
    »Der Ultraschall war ein Schock, das war alles. Ich bin einfach ein wenig durchgedreht.« Simone vollführte neben ihrem Kopf eine drehende Handbewegung und lehnte sich in den Schutz von Johnnys Arm zurück, eine Pose, die sinnlich und kindlich zugleich wirkte.
    Roxanne fiel auf, wie wenig sie im Grunde über die Ehe ihrer Schwester wusste. Vielleicht war Simones Plan, ihre Schwangerschaft abzubrechen, eine hormonell bedingte Überschussreaktion gewesen oder ein Vorwand, um eine Szene hinzulegen. Diese Behauptung, sie würde etwas wissen , war nur Gerede. In Wahrheit wollte sie ein kleines Drama veranstalten, um Johnny dafür zu bestrafen, dass er ihr schon wieder eine Tochter gemacht hatte, oder um ihm einen Grund zu bieten, seine Wut wegen Frannys Entlassung an ihr abzureagieren und das Thema damit vom Tisch zu haben. Entweder er verbarg seinen Zorn jetzt, oder Simones Zwei-Schritte-vor-vier-Schritte-zurück-Strategie hatte funktioniert, sein Wutanfall war jedenfalls vorbei. Hinter ge schlossenen Türen waren seine Beschimpfungen vielleicht nichts Außergewöhnliches. Wie bei allen Ehe paaren gab es auch zwischen den beiden eine Art von stiller Übereinkunft, in die Roxanne als Außenstehende nicht eingeweiht war. Johnny und Simone führten offenbar eine Ehe, die Szenen wie jene, die sie soeben erlebt hatte, zuließ. Sie vielleicht sogar brauchte.

10
    E llen Vadis’ früheste Erinnerung war der schwüle Sommernachmittag, als sie von Wespen angegriffen wurde.
    Es war zu heiß für ein Mittagsschläfchen. Gekleidet in ihre Seersucker-Shorts mit zerrissener Tasche und ein ab geschnittenes, ärmelloses weißes T-Shirt, das sie von ihrem Vater geerbt hatte, schlich sie barfuß die schmalen Stiegen hinunter, um sich ein Glas kaltes Wasser und einen Keks zu holen. Doch als sie die beiden streiten hörte, lag ihr plötzlich ein Stein im Magen, und sie entschied sich anders. Manchmal musste sie sich übergeben, wenn ihre Mutter und ihre Großmutter sich zankten.
    Statt in die Küche zu gehen, tappte sie auf Zehenspitzen den Flur hinunter, durch die Waschküche hindurch und aus der Fliegengittertür hinaus in die pralle Sommerhitze. Nasse Bettlaken hingen an der Wäschespinne, und der Geruch nach Bleiche stach ihr in die Nase, diesem Mittel, das ihre Mutter verwendete, um die Wäsche weiß zu machen. Sie dachte, sie würde ihren Vater im Schuppen antreffen, wo er manchmal Sachen reparierte wie den rostigen Pflug, von dem er ihr erzählt hatte, er sei eine schöne Antiquität. Für Ellen sah er einfach nur alt aus, aber sie glaubte, was ihr Vater sagte, weil er ein Soldat war.
    In dem heißen, düsteren Schuppen hingen Spinnweben zwischen den Ecken des Dachgebälks, und es roch nach Öl und Sägespänen. Sie stellte sich eine Schwarze Witwe vor, die zwischen ihren nackten Zehen an ihr heraufkrabbelte, und rannte hinaus, auf die Wiese zurück. Sie wollte sich nicht umblicken, weil in ihrem Rücken etwas Gefährliches lauern könnte. Die Welt war fremdartig und geheimnisvoll, und vielleicht konnten Schwarze Witwen riesig groß anschwellen und sie mit ihren vielen Beinen verfolgen. Sie setzte sich auf die Treppe der Hintertür, schwer atmend, aber in Sicherheit. Ein Schweißtropfen rollte ihr ins Auge und verursachte ein Brennen.
    Ellen wünschte, sie würde am Strand leben.
    Sie hörte ein summendes Geräusch wie von Daddys elektrischer Haarschneidemaschine, das von einem blauen umgestürzten Schubkarren kam, der unter der rosa Krepp myrte lag. Als sie darauf zuging, nahm sie den Geruch nach verfaulten Nektarinen wahr. Auf dem Boden entdeckte sie ein Häufchen zerquetschter Früchte, auf denen zahllose Wespen herumkrabbelten, die schwarz-goldenen Wespen, die gegen das Fliegengitter des Küchenfensters summten, wenn Ellens Großmutter Feigenmarmelade einkochte. Sie krabbelten übereinander, kämpften sich ihren Weg zu der klebrigen Süße frei.
    Der stechende Obstgeruch verursachte im Inneren ihrer Nase dasselbe Gefühl wie das Geräusch,

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