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Das Gewicht des Himmels

Das Gewicht des Himmels

Titel: Das Gewicht des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Guzeman
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eigentlichen Grund. Er hat nichts mit seinem Werk zu tun. Allerdings hat mich sein gegenwärtiger Zustand daran gehindert, mir darüber Sicherheit zu verschaffen, und ich bin ein schlechter Detektiv.«
    Finchs Sympathie für den Mann, der in der Pose des Herausforderers vor ihm stand, stieg proportional zu seiner Wut auf Thomas, der ihn in diese Lage gebracht hatte. »Haben Sie Kinder, Mr. Lapine?«
    Phinneaus erbleichte, aber er wirkte nicht überrascht. Eine Woge der Erleichterung durchflutete Finch. Er weiß es. Gott sei Dank, er weiß es.
    »Ich habe nämlich Kinder, wissen Sie. Eine Tochter, Lydia, und ich kann mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Sie haben mich gefragt, ob Thomas Bayber mein Freund sei. Die Wahrheit ist, dass ich in diesem einen Punkt großes Verständnis für ihn habe – unter Vätern gewissermaßen.«
    »Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen.«
    Es war eine nicht unfreundliche, aber klare Abfuhr. Phinneaus würde ihm nichts erzählen. Was er wusste, würde er für sich behalten, um Alice zu schützen.
    »Würden Sie Miss Kessler nach ihrer Rückkehr bitten, mich zu kontaktieren?«
    »Natürlich, auch wenn ich nicht weiß, wann ich sie wiedersehe.« Phinneaus nahm Finchs Visitenkarte entgegen und steckte sie in seine Brusttasche. »Ich verstehe Sie durch aus, Professor Finch. Sie sagten, Sie kennen Alice nicht, und ich kenne diesen Bayber nicht. So ist es. Aber eines kann ich Ihnen sagen. Was immer Sie von Natalie Kessler halten, trifft zu. Und was immer Sie über Alice denken, ist falsch.«
    »Je älter ich werde, Mr. Lapine, desto häufiger denke ich, dass es manchmal besser ist, die Antworten nicht zu kennen. Ich wünschte mir sogar hin und wieder, die Frage nie gehört zu haben.« Finch stand auf und legte sich seinen Mantel über die Schultern. Er schwankte nicht mehr. Er hatte getan, was in seiner Macht stand, und jetzt ging es im Eiltempo nach Hause. »Ich hole Mr. Jameson, und wir lassen Sie endlich in Ruhe zu Abend essen.«
    Aber er musste Stephen nicht erst holen, denn dieser rannte ihn fast um, als er im Laufschritt aus der Küche ins Wohnzimmer spurtete.
    »Abmarschbereit, Finch? Wir müssen los. Sofort.« Stephen zupfte wie ein Dreijähriger an Finchs Ärmel und zog ihn zur Tür. Über die Schulter zurückblickend, sagte er: »Phinneaus, ich wollte Sie nicht kränken. Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel. Saisee, nur noch mal zur Sicherheit – das Verhältnis Wasser zu Maisschrot ist fünf zu eins, und das Wasser zuerst, stimmt’s?« Er ließ Finch stehen, lief auf die Frau zu und drückte ihr schnell einen Kuss auf die Wange. »Ich hatte extrem niedrige Erwartungen an Grits, aber Sie sind ein kulinarisches Genie. Ich habe noch nie im Leben etwas so Wunderbares gegessen.« Sie legte gerührt die Hand an die Wange, während Phinneaus und Finch die beiden sprachlos anstarrten.
    »Sind Sie übergeschnappt?«, fragte Finch, als sie schließlich im Auto saßen.
    »Ich hoffe, es geht Ihnen tatsächlich besser, Finch, denn wir fliegen nach Santa Fe.«
    Auf der Rückfahrt nach Dyersburg verbrachten sie die meiste Zeit mit einem fruchtlosen Streitgespräch: Stephen bestand darauf, so schnell wie möglich nach Santa Fe zu reisen, und Finch beharrte ebenso stur darauf, das ganze Unternehmen abzublasen.
    »Sie haben ihm Ihr Wort gegeben. Wie können Sie jetzt einfach aufhören?«
    »Und Sie haben diese Frau reingelegt. Haben Sie keine Schuldgefühle?«
    »Nicht im Mindesten. Und wie habe ich sie denn reingelegt? Ich habe sie nur gefragt, ob sie mir das Rezept aufschreibt, damit ich es selbst ausprobieren kann.«
    »Besitzen Sie überhaupt eine Pfanne?«
    Die kultivierten Nettigkeiten, die unaufrichtigen Schmei cheleien, die kriecherische Höflichkeit, die man brauchte, um jemandem Informationen zu entlocken – all das dauerte unanständig lange, und dafür brachte Stephen nicht die Geduld auf. Das Problem ließ sich viel direkter anpacken: Man ging in die Küche. Die Küche sei immer das Informationszentrum. Das habe Finch wirklich brillant eingefädelt. Er hätte selbst darauf kommen müssen. Leicht enttäuscht musste Stephen erfahren, dass Finch wirklich geglaubt hatte, er sei hungrig oder im Begriff, verprügelt zu werden.
    Es war noch besser gelaufen als erwartet. Neben einem scheußlich senfgelben, altmodischen Wandtelefon hing ein Kalender. Als Saisee ihm den Rücken zukehrte, um das Rezept abzuschreiben, hatte er die Einträge überflogen und zwei gefunden, die ihm alles

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