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Das Gewicht des Himmels

Das Gewicht des Himmels

Titel: Das Gewicht des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Guzeman
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Schwestern herrschte eine physische Distanz, aber ungeachtet dessen hatte man den Eindruck, als nähmen sie die Gegenwart der jeweils anderen kaum wahr, als befände sich jedes Mädchen allein mit Thomas auf dem Bild.
    Genauso offenkundig war für Finch, nachdem er Phin neaus’ gequälten Gesichtsausdruck gesehen hatte, dass dieser Mann in eines der Mädchen verliebt war. Man konnte sich in die Natalie auf dem Bild verlieben, wenn man nicht zu genau hinsah. Aus der Ferne hypnotisierte und bezauberte Natalie, sie war ein Traum in Gold – ihre Haare, ihre Haut, ihre Augen, ihre Jugend verschmolzen zu einem magnetischen Wirbel, der aus der Leinwand herausleuchtete. Doch wenn man genauer hinsah, wurde sichtbar, was ihre Miene ausdrückte: eine stille, kontrollierte Wut, ein kräftiges Maß an Egoismus und Unnachgiebigkeit. Nein, dachte Finch, Phinneaus war gewiss in Alice verliebt. Und ihm war, als hätte man ihm eine kleine Kostbarkeit gestohlen.
    »Mr. Baybers Familie besaß ein Ferienhaus in Upstate New York. Und die Kesslers verbrachten ihren Urlaub ganz in der Nähe, im Haus einer Freundin. Thomas Bayber hat sie im Spätsommer 1963 kennengelernt und eine Zeichnung der Familie angefertigt, wahrscheinlich als Geschenk für sie. Das Gemälde entstand zu einem viel späteren Zeitpunkt.«
    »Und wer ist der Mann auf dem Gemälde?«, fragte Phinneaus.
    Finch schluckte und wünschte sich, er könnte die Frage übergehen. »Thomas Bayber.«
    Phinneaus verzog keine Miene, schloss nur für ein paar Sekunden die Augen, aber an der Art, wie er die Hände in einanderkrallte, war offenkundig, dass er sich nur mit Mühe beherrschte. »Der Künstler?«
    »Ja.« Finch redete schnell weiter, um die Situation mit einem Feuerwerk an Fakten zu entschärfen. »Mr. Jameson ist Gutachter. Seiner Ansicht nach wurde diese Tafel in den frühen Siebzigern gemalt, etwa zehn Jahre nachdem die Familie für die Zeichnung Modell gesessen hatte.
    »Diese Tafel?« Phinneaus wandte sich Stephen zu, der sich auf einen Stuhl in der Ecke verzogen hatte und seine Serviette wie Origamipapier zusammen- und wieder aus einanderfaltete. »Sie haben erwähnt, dass Sie wegen Bildern hergekommen sind. Gibt es noch mehr davon?«
    Stephen nickte. »Zwei weitere. Das Gemälde, das Sie sehen, ist der Mittelteil eines Triptychons. Wir suchen nach den beiden Flügeln, die man normalerweise an den beiden Seiten anbringt.«
    »Ich weiß, was ein Triptychon ist. Wir leben zwar in einer Kleinstadt, Mr. Jameson, aber Sie sollten keine Mutmaßungen über die Menschen hier anstellen, ohne sie zu kennen. Und ich bezweifle, dass Sie lange genug bleiben wollen, um sie wirklich kennenzulernen. Wie kommen Sie darauf, dass die anderen Tafeln hier sind?«
    »Weil Bayber sagt, dass er sie ihr geschickt hat.«
    Phinneaus stand so abrupt auf, dass er fast den Stuhl umwarf. Ob wütend oder verwirrt, konnte Finch nicht erkennen, aber dass Stephens Ton, an den er selbst sich längst gewöhnt hatte, in dieser Situation alles andere als angebracht war, durfte er nicht ignorieren.
    »Saisee, wir haben Sie schon über Gebühr beansprucht, aber dürfte ich Sie trotzdem noch um einen weiteren Gefallen bitten?«
    Die Frau hatte die ganze Zeit über dabeigestanden und zugehört.
    »Mr. Jameson leidet unter niedrigem Blutzucker und wird unausstehlich, kurz bevor er das Bewusstsein verliert. Haben Sie vielleicht in Ihrer Küche etwas für ihn?«
    Sie nickte, vielleicht weil sie spürte, dass es für alle besser war, wenn man Stephen und Phinneaus trennte, bevor sie einander an die Gurgel gingen – auch wenn Stephen sicher den Kürzeren ziehen würde.
    »Kommen Sie mit, Mr. Jameson. Ich hab zum Abendessen Cheddar Grits und Schweinebraten gemacht. Es ist jede Menge da, und ich gebe Ihnen gerne einen Teller. Haben Sie schon mal Grits gegessen?«
    »Ich kenne Maisbrei.«
    Saisee lachte. »Oje, wenn der nich’ in Mehl gewendet und in der Pfanne mit Butter gebraten wurde, bis er so richtig schön braun war, und das Ganze dann mit Honig be träufelt, kennen Sie nich’ mal ’ne schlechte Kopie von Grits.«
    Stephen trottete hinter ihr her wie ein folgsamer Welpe. Sobald er außer Hörweite war, richtete sich Finch auf und stellte die Füße auf den Boden.
    »Mr. Lapine, ich habe das schlecht angepackt. Ich bin hergekommen, weil ich Thomas Bayber ein Versprechen gegeben habe, das ich nicht hätte geben sollen. Ich kenne Alice Kessler nicht, und Sie kennen Thomas nicht, aber ich habe kaum Zweifel, dass

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