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Das Gewicht des Himmels

Das Gewicht des Himmels

Titel: Das Gewicht des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Guzeman
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erwartet. Die Andeutung, dass Bayber Mitleid mit ihm gehabt hatte, war ein Schlag unter die Gürtellinie. Und dass Bayber womöglich über seine miserablen Aussichten und sein klägliches Versagen Bescheid gewusst hatte, war ein unangenehmer Gedanke. Bisher hatte Stephen bewusst nicht zu intensiv darüber nachgedacht, warum er ausgewählt worden war, sondern hatte einfach angenommen, ein undurchsichtiges Beziehungsnetz – sein Vater, Finch, Cranston – sei aktiv geworden und sein ehemaliges Prestige habe den Ausschlag gegeben. An Selbstmitleid mangelte es ihm nicht, aber Mitleid hatte er nicht in Betracht gezogen. Der Verdacht schlug in ihm Wurzeln wie Unkraut.
    Er setzte sich aufs Bett, öffnete den Laptop und suchte nach Flügen. Um die Mittagszeit ging ein Flugzeug nach Memphis, für das er einen Platz buchte. Er rief an der Rezeption an und bestellte sich ein Taxi für sieben Uhr dreißig. Wenigstens blieb ihm eine weitere quälende Autofahrt mit Finch erspart. Im Internet fand er eine Liste von Hotels in Santa Fe. Nur fünf von ihnen hatten die ersten Ziffern der Telefonnummer, die er auf dem Wandkalender gesehen hatte. Er schaltete sein Handy an und wählte die erste Nummer. Dann überlegte er es sich anders und schaltete das Handy wieder aus. Was, wenn sie nicht in einem dieser Hotels wohnte? Wenn sie bereits ausgecheckt hatte und auf dem Rückweg nach Tennessee war? Womöglich saß sie gerade im Southwest Chief und fuhr nach Osten, während er in der Gegenrichtung über sie hinwegraste.
    Und dann war da noch das Problem, was er sagen sollte. Er hatte sich auf Finch verlassen – Finch würde bei der ersten Begegnung mit Alice den Weg ebnen. Die beiden hatten Bayber als gemeinsamen Nenner, und was hatte er? Nichts. Finch hätte gewusst, wie man so etwas anging, wie man ein zwangloses Gespräch in Gang setzte, bevor einem die Tür vor der Nase zugeknallt wurde. Stephen gestand es sich ungern ein: Er hatte zwar Alices Aufenthaltsort herausgefunden, aber Finch hätte sie beide ins Haus gebracht.
    Finch hatte recht. Er schmiedete Zukunftspläne, die den erfolgreichen Abschluss dieses Unternehmens voraussetz ten. Er konnte jetzt zwar alle Hotels anrufen und nach Alice Kessler fragen, aber wenn es keinen Gast dieses Namens gab, würde er mit leeren Händen nach New York zurückkehren. Cranston würde ihn abservieren. Stephen sah sich wieder bei seiner Mutter einziehen, knappe, angespannte Dialoge führen, sah die Nebenjobangebote, die sie ordent lich mit gelbem Marker anstrich und unter seiner Tür hindurchschob. Aufstöhnend rollte er sich auf den Rücken und starrte noch eine Weile auf die löchrige Mondlandschaft der Akustikdecke, bevor er vollständig angezogen einschlief.

15
    A m nächsten Morgen zerrte Stephen seinen Koffer hinter sich die Treppe hinunter, ohne sich darum zu kümmern, wen er damit weckte. Wo war das verdammte Taxi? Er stampfte mit den Füßen auf den frostweißen Asphalt, um sie zu wärmen. Nachdem er ein paar Minuten ungeduldig hin und her gelaufen war, trat er an die Rezeption. Kein Portier weit und breit, dafür wartete Finch mit zwei Bechern Kaffee auf ihn.
    »Ich habe Ihr Taxi abbestellt. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
    Stephen war selten so froh gewesen, jemanden zu sehen, und knuffte Finch in den Arm, wodurch er fast den Kaffee zum Überschwappen brachte.
    »Sie haben Ihre Meinung geändert?«
    »Sieht so aus.«
    »Aber …«
    »Ich hatte letzte Nacht ein Gespräch mit meiner spirituellen Beraterin. Sie hat mich davon überzeugt, dass es das Richtige ist und ich mich bei Ihnen entschuldigen muss. Sie hatte recht, wie üblich. Meine Äußerung, dass Bayber Sie aus Mitleid mit dem Job beauftragt hat, war unentschuldbar. In all den Jahren, die ich Thomas kenne, hat er nie etwas aus Freundlichkeit oder Fürsorge für einen anderen Menschen getan. Es gibt keinen Grund, warum er jetzt damit anfangen sollte. Ich denke, er wollte Sie, weil Sie talentiert und energisch sind und Sie sich, wie Sie mir gestern Abend dargelegt haben, nicht leicht von Gefühlen überwältigen lassen.«
    »Sie wissen schon, dass das noch einen Flug bedeutet?«
    »Wenigstens regnet es nicht. Ich werde mir am Flughafen einen Vorrat an rosaroten Pillen zulegen.«
    »Finch, ich habe die Suche auf fünf Hotels eingegrenzt.«
    Finch nickte. »Sie steuern jetzt dieses Schiff, Stephen, ich fahre nur mit.«
    »Ich weiß nicht, wer Ihre spirituelle Beraterin ist – ich hätte nicht gedacht, dass Sie für solchen

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