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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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fensterlosen Raums und hob die Laterne.
    Braethen ging näher heran und las. Namen, eine zu lange Liste, um sie alle zu zählen, waren sorgfältig in die aufgehängte Marmorplatte eingemeißelt.
    »Bollorg war einst ein wichtiger Stützpunkt für den Orden der Diener und für Armeen auf dem Weg nach Süden«, sagte Edias traurig. »Jetzt hat es jeden Diener verloren, bis zum letzten. Und hier«, er bewegte die Lampe weiter nach rechts, »stehen die Namen der Sodalen, die sie verteidigt haben.«
    Braethen folgte dem Lichtschein und sah, dass ein paar Namen erst kürzlich in die Platte gemeißelt worden waren. »Diese hier auch?«, fragte er.
    Edias’ Stimme klang erstickt vor Zorn und Furcht. »Das sind die Sodalen der Sheson, deren Namen ich euch eben genannt habe. Als sie ihnen für ihren Dienst und ihre Opfer ein öffentliches Denkmal setzen wollten, wandte sich die Liga an den Fürsten mit der Forderung, die Sodalen als Komplizen vor Gericht zu stellen. Unser Provinzherr ist ein schwacher Mann und gab ihnen nach. Diese Sodalen wurden allein wegen der Verbindung zu den Sheson hingerichtet, denen sie sich verpflichtet hatten.«
    Braethen zitterten auf einmal die Knie. Er hatte von Sodalen gelesen, die zu Tode gekommen waren, als sie in schrecklichen Schlachten die Sheson zu schützen versuchten. Er hatte von langem Dienen gelesen, von viel Arbeit und wenig Anerkennung. Doch irgendwie war ihm dabei eine Wand mit den Namen von hingerichteten Sodalen entgangen, deren einziges Verbrechen darin bestanden hatte, Sheson zu gedenken … Im Moment war er nicht einmal mehr sicher, ob nicht doch etwas darüber in den Büchern stand und sein Traum ihm nur den Blick so verschleiert hatte, dass er sich nicht daran erinnern konnte.
    Vendanji trat vor und nahm die Laterne von Edias entgegen. »Deshalb sind wir hier. Es ist Braethens Wunsch, sich als Sodale an mich zu binden.«
    Braethens Knie gaben nach, und er wäre beinahe umgekippt.
    Vendanji warf ihm einen scharfen Blick zu, und Braethen konnte nur noch an den enttäuschten Gesichtsausdruck seines Vaters denken – daran, wie A’Posian ihn angesehen hatte, als er ihm sagte, dass er nicht den Weg eines Autors einschlagen, sondern stattdessen dem Schicksal die Stirn bieten und Soda le werden wolle. Doch in diesem Moment war er nicht mehr sicher, was er wirklich wollte.
    Die Entscheidung wurde ihm einfach abgenommen. Edias zögerte keinen Augenblick. Er trat dicht vor Braethen hin und bog dessen Finger zum Händedruck der Sodalen zurecht. »Sprich mir nach: Wandel ist unvermeidlich und notwendig, doch die Traditionen unserer Väter müssen bewahrt werden. Jemand muss achtgeben. Jemand muss sich erinnern. Jemand muss schützen. Und manche müssen sterben.«
    Sein Studium war lückenhaft. Oder war auch das ein Teil, den er um seines Traumes willen ignoriert hatte: Und manche müssen sterben.
    Braethen stand auf einer Schwelle. Noch konnte er vielleicht umkehren – er könnte einfach heim ins Helligtal gehen. Seine Bildung reichte auf jeden Fall aus, um Autor zu werden. Sein Vater wäre sehr stolz auf ihn, wenn er seine Meinung änderte. Und dieser … dieser Eid. Die Namen an der Wand. Ermordet, weil sie anderer gedenken wollten …
    Ogea hatte ihn stets ermuntert, seinen Traum zu verwirklichen – aber war es das hier wert?
    Braethen blickte zu Edias auf. Die Worte blieben ihm in der Kehle stecken. Vendanji starrte ihn an, und zum ersten Mal sah Braethen weder Verachtung noch Befriedigung im Blick des Sheson. Mit hämmerndem Herzen lauschte er dem Zischeln der Lampe in der Stille. Wenn er über diese Schwelle trat, würde es kein Zurück mehr geben. Dennoch könnte er versagen, und dann wären all die Jahre des Hoffens völlig vergeudet.
    Plötzlich gab es hinter ihm einen lauten Krach. Braethen entriss Edias seine Hand und sah drei Männer in dunkelroten Umhängen mit erhobenen Schwertern hereinstürmen: die Liga!
    Braethens Beine wollten ihm nicht gehorchen, und er sackte gegen die Marmorplatte mit der Liste der Toten und rutschte auf den Boden. Edias war mit einem Satz an ihm vorbei und hielt plötzlich ein Schwert in Händen. Der letzte Sodale von Bollorg sprang in die Bresche und fing zwei mächtige Hiebe ab, die auf Vendanji gezielt waren. Braethen war sicher, dass der Sheson sie nicht überlebt hätte. Eine der Klingen wehrte Edias mit seinem Schwert ab, die andere fuhr ihm mit voller Wucht in die Brust.
    Vendanji wich zurück, und Dunkelfeuer flammte um seine Hände auf,

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