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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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so wenig Respekt an den Tag legen würde.« Sie bedachte Vendanji mit einem gemessenen Blick.
    »Ich habe keine Zeit für Etikette oder für Ehrfurchtsbezeugungen, Herrin. Ihr wisst, wie sehr ich Euch schätze, aber uns läuft die Zeit davon.« Vendanji schloss die Tür hinter sich.
    »Es ist noch schlimmer, als Ihr wisst.« Artixan trat vor das große Fenster, das nach Süden hinausging. »Der Anführer der Liga, Aszendent Staned, hat eine Sitzung des Hohen Rats einberufen, um die besondere Gnade zu überprüfen, die die Regentin den beiden Jungen mit der Freilassung erwiesen hat.«
    »Das ist das Vorrecht der Regentin und seit undenklichen Zeiten im Gesetz von Decalam so festgeschrieben.« Vendanji sah die alte Frau an. »Gestattet es ihm nicht, eine solche Anhörung abzuhalten. Das wird Eure Autorität vollkommen untergraben, und wir benötigen die Kraft Eures Amtes noch, wenn das Große Mandat beginnt.«
    Die Regentin schenkte ihm ein mattes Lächeln. »Es ist zu spät. Ich wusste, dass die Freilassung der beiden Roth zu diesem Schritt veranlassen würde. Er hat es seit langem darauf abgesehen, die Macht meines Amtes einzuschränken, wenn er es schon nicht selbst übernehmen kann. Er betreibt auch eine Aufspaltung des Befehls über die Armee von Decalam. Van Steward ist sehr beliebt und ein mächtiger General, und so hat der Aszendent im Augenblick an dieser politischen Front keinen Erfolg. Aber«, fuhr sie fort, »wenn er sich mit seinem Angriff auf mein Recht, die Entscheidungen des Gerichts umzustoßen, durchsetzt, wird es nicht lange dauern, bis das Regentenamt nur noch rein zeremonielle Funktion hat.« Sie sah sich in der prächtigen Kanzlei um.
    Vendanji ließ den Blick ebenfalls durch das Prunkgemach schweifen. Es war ein Zufluchtsort, den man oberhalb der vielen Hallen und Säle errichtet hatte, die im Herzen von Decalam einen menschengemachten Berg bildeten. Hier bewahrte Helaina ihre kostbaren Bücher und strategischen Kriegskarten ebenso auf wie andere Geheimnisse, die eine Regentin haben musste. Die Kanzlei zeugte zugleich von ihrer Kultiviertheit: Der weiße Marmor war sparsam, aber elegant verziert.
    »Was ist mit Eurer Reise zum Fels der Erneuerung?« Artixan sah noch immer nach Süden aus dem Fenster.
    »Wenn die Jungen sich ausgeruht haben, brechen wir auf. Sie sind noch schwach.«
    Die Regentin nahm an ihrem langen Schreibtisch Platz. »Ihr müsst rasch abreisen, heute Nacht, im Schutze der Dunkelheit. Und wisst, dass ich selbst dann gezwungen sein mag, meine Garde zu Eurer Verfolgung abzustellen. Roth ruht nicht.«
    Vendanji nickte verständnisvoll.
    »Die Erneuerung, Vendanji. Glaubst du an den Jungen?«, fragte Artixan.
    »Er hat viele Fragen, und es sind angemessene Fragen. Aber sie benebeln seinen Verstand.« Vendanji durchquerte das Zimmer und sah aus dem Nordwestfenster. »Nichts ist gewiss, nur, dass die Stille sich auf uns herabsenkt. Kein Maß an Redekunst in diesen Hallen kann daran etwas ändern. Das Leugnen der Liga ist entweder naiv oder hat einen weit heimtückischeren Hintergrund. Wie auch immer, die Liga spaltet die Aufmerksamkeit des Volkes und sorgt dafür, dass wir unvorbereitet bleiben.«
    »Die Aufmerksamkeit des Volkes ist nicht das Einzige, was gespalten ist, Vendanji.« Artixan trat in die Mitte der Kanzlei. »Und das wisst Ihr auch. Der Shesonorden ist zerbrochen. Wenn Ihr am Fels der Erneuerung versagt, wird auch die Unterstützung für die Art schwinden, auf die der Orden Eurer Meinung nach dieser Bedrohung begegnen soll. Dann bleibt Euch bloß noch die Wahl, Gesetzloser zu werden.« Er seufzte. »Davon seid Ihr jetzt nur noch einen halben Schritt entfernt.«
    Vendanji wandte sich zu ihnen um. »Da ist noch mehr. Die Liga hat den Sitzinhaber aus Risill Ond festgenommen. Nach all dieser Zeit in friedlicher Abgeschiedenheit sind die Menschen dort dem Aufruf zum Großen Mandat der Regentin gefolgt, nur um die Gastfreundschaft Eurer Kerker zu erfahren. Die Liga wird diese Stimme beim Großen Mandat für sich beanspruchen, wenn Ihr den Mann nicht befreit und alles in Ordnung bringt.«
    Bei dieser Nachricht legte sich die Stirn der Regentin in Falten.
    »Und wenn schon dieser Sitz gefährdet ist, für wie viele gilt das dann noch?« Artixans Frage klang leise, traurig und unheilverkündend.
    »Ich überlasse es Euch, mit den Anführern der Liga fertigzuwerden. Aber was das Übrige angeht …« Vendanji ging zu dem langen Tisch, der der Regentin als Schreibtisch diente. Er

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