Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
Vom Netzwerk:
aus dessen faltigem Gesicht trotz der Grobheit, die er Vendanji hatte an den Tag legen sehen, ein Hauch von Stolz sprach. Jeder Diener hat seine eigene Vorgehensweise , sagte dieser Blick. Und Vendanji seinerseits hatte jedes Wort ernst gemeint, das er gesprochen hatte. In manchen Belangen durfte man keine halben Sachen machen.
    »Eines wollte ich Euch schon vorhin fragen«, sagte Artixan. »Was ist mit dem vierten Stab des Schreibers? Was steckt darin?«
    Vendanji sah an der Regentin und dem alternden Sheson vorbei zu dem Fenster, das es gestattete, weit in den Westen zu blicken. »Ich habe ihn noch nicht geöffnet. Mein Herz hält mich zurück. Aber ich kenne seinen Zweck, und ich fürchte den Tag, an dem es notwendig sein wird, dieses Siegel aufzubrechen. Ich bete, dass es nie so weit kommt.« Dann erinnerte er sich an ein Versprechen, das er abgelegt hatte, und fügte hinzu: »Unser Freund Ogea ist in die Erde zurückgekehrt. Die Stilletreuen haben ihn dorthin gebracht.« Vendanji hielt inne und dachte an den Vorleser zurück. »Er wollte, dass Ihr erfahrt, dass etwas, das Ihr ihn gelehrt hattet, ihm geholfen hat, den Bar’dyn lange genug zu entkommen, um Helligtal zu erreichen, bevor er seinen Wunden erlag.«
    Vendanji hatte sich bereits zum Gehen gewandt, da er alles erledigt hatte, als Mira in die Mitte des Raums trat und die Aufmerksamkeit der Regentin auf sich zog.
    »Und was wollt Ihr uns sagen, Mira Fern? Ich hoffe, dass Eure Worte besser mit mir umgehen werden als die Eures Freundes.« Die Regentin schenkte ihr ein angedeutetes Lächeln.
    Mira starrte die Frau einen Moment lang stumm an und dachte noch ein letztes Mal über das nach, was sie gleich tun würde. Die Regentin erwiderte ihren Blick, noch immer kraftvollen Geistes und mit dem Oberbefehl über eine Armee, die ihr treu ergeben war, nicht zu reden von der Gunst vieler, wenngleich nicht aller Völker. »Ich habe einen Handel anzubieten. Einen, den auszuschlagen Ihr Euch kaum leisten könnt.«
    Die Regentin tauschte einen Blick mit Artixan und sogar mit Vendanji, in dessen Augen noch immer etwas Erstaunen darüber stand, dass Mira sich überhaupt entschlossen hatte, etwas zu sagen und gar noch einen Handel anzubieten. »Fahrt fort«, sagte die Regentin.
    »Euer Großes Mandat wird dieses dritte Mal nicht vollständig sein, genauso wenig wie beim zweiten oder ersten Mal vor vielen Zeitaltern.« Mira erwiderte den Blick der Regentin. »Aber diesmal – mit Verlaub, Herrin – wird alles andere als eine vollzählige Teilnahme Eure Bemühungen zum Scheitern verurteilen, bevor sie recht begonnen haben. Seid Ihr anderer Meinung?«
    Die Regentin nahm sich die Zeit, darüber nachzudenken, bevor sie antwortete. In ihren Augen sah Mira die Last eines ganzen Lebens voller Erfahrung. »Nein, ich bin nicht anderer Meinung. Aber was soll ›vollzählige Teilnahme‹ schon heißen? Die Malier sind nie zu uns gestoßen, die Lande jenseits des Meeres auch nicht, und die wenigen Fürstentümer, die uns ihre Schwerter nicht leihen, würden unserer politischen und militärischen Macht ohnehin nicht viel hinzufügen …«
    »Die Fern haben nie auf Euren Ruf geantwortet«, unterbrach Mira sie. »In der Vergangenheit sind beide Bitten, dass der Fernkönig sich am Großen Mandat beteiligen möge, um sein stummes, fernes Volk zu vertreten, unbeantwortet geblieben.«
    Die Regentin beugte sich auf ihrem Stuhl vor, und eine Vorahnung dessen, was nun kommen würde, zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. »Nein, die Fern haben nicht geantwortet. Und doch hatte das Große Mandat Erfolg.«
    Es lag eine Herausforderung in den Worten, aber Mira wusste, dass sie hohl war.
    Artixan trat nahe heran und starrte sie über den Kopf der Regentin hinweg an. »Nehmt Euch in Acht, was Ihr sagt, Mira Fern. In der Abgeschiedenheit der Kanzlei ist die Regentin stärker als sonst sie selbst, aber sie spricht dennoch immer für die Regierung von Decalam und ganz Vohnce. Passt also auf, was Ihr sagt und versprecht.«
    Mira hatte das, was nun kommen würde, wohl erwogen. Sie setzte eine ruhige Miene auf. »Regentin von Vohnce, meine Schwester ist die Königin der Fern oder war es zumindest bis vor wenigen Tagen, als sie aus diesem Leben schied.«
    »Es tut mir leid, das zu hören«, sagte die alte Frau.
    »Danke, Herrin.« Mira hielt einen Augenblick lang inne, denn das, was sie gleich tun würde, war nicht nur beispiellos, sondern würde auch äußerst folgenreich sein. »Ich übernehme die

Weitere Kostenlose Bücher