Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
Kathedrale?«, fragte er sie.
Wendra hatte begonnen, Penit mit den Händen durchs Haar zu streichen, den Blick in weite Ferne gerichtet. Sie schaute erschrocken auf. Als sie sah, wer die Frage gestellt hatte, sah sie zu Boden, als ob sie sich wieder an das erinnert fühlte, was der Sheson gesagt hatte. Sie nickte, wandte rasch den Blick ab und beschäftigte sich wieder ganz mit Penit, der sie weiterhin eng umschlungen hielt.
»Nach dem Abendessen, wenn ein Großteil der Stadt zu Bett gegangen ist, werden wir den Solath Mahnus verlassen und Eure Kathedrale aufsuchen, Anais. Die Talente dort werden unsere Reise kurz machen.« Vendanji holte tief Atem. »Sodale, es wird Zeit, sich Ogeas Bücher genau anzusehen. Entnimm ihnen über den Fels der Erneuerung, was du nur kannst.«
»Wart Ihr schon dort?«, fragte Braethen.
Der Gedanke, dass Vendanji sie vielleicht an einen Ort führen würde, den er nicht kannte, und von Braethen erwartete, ihm dabei zu helfen, erfüllte Tahn mit plötzlicher Furcht.
»Ja«, erwiderte Vendanji. »Aber ihr nicht.« Die Antwort minderte Tahns Besorgnis nicht unbedingt. Als er Ogea zum letzten Mal hatte sprechen hören, hatte der Vorleser unwirkliche Dinge von Hambleys Dach gerufen.
Was wird Braethen wohl in Erfahrung bringen, wenn er beginnt, diese Bücher durchzusehen?
Tahn war sich nicht sicher, ob er es herausfinden wollte.
Vendanji nahm die Schriftrolle des Schreibers Edholm und schob sie sich ins Umhangfutter. »Ich komme nach dem Abendessen zurück. Esst gut. Penit, komm mit. Wir haben einiges zu besprechen.«
Der Sheson und der Junge gingen ohne ein weiteres Wort und ließen die vier Helligtaler allein im Zimmer zurück. Tahn sank wieder auf sein Kopfkissen und seufzte.
»Den möchte ich unbedingt zu meiner nächsten Geburtstagsfeier einladen!«, witzelte Sutter.
Die Übrigen unterdrückten ein Kichern, das den Schatten verscheuchte, den sie alle auf sich lasten fühlten. Bald sprachen sie eilig über alles, was ihnen begegnet war, redeten offen und lachten staunend über die wundersamen Geschehnisse. Tahn hielt ein paar Dinge zurück, da er seinen Freunden keine Sorgen machen wollte, und war unfähig, die Worte zu vergessen, die der Sheson an Penit gerichtet hatte: Der höchste Preis.
21
Unterpfand
V endanji schritt durch die marmornen Hallen des Solath Mahnus. Er hatte eine Verabredung einzuhalten. Oder vielmehr: Die Regentin und sein alter Freund Artixan mussten ihn empfangen. Es gab vieles zu besprechen, und er wollte nicht länger stumm bleiben oder sich gedulden. So achtete er gar nicht auf die Pracht der Säle, die historischen Ereignisse, die in den Marmor eingemeißelt waren, die Statuen und anderen Kunstwerke, die Könige und Kriege darstellten, und die schöne Verheißung des Landes, die die hohen Gewölbe des Sitzes der Regentin und ihres Rats erfüllte.
Heute Abend würden Helaina und Artixan Vendanjis Rat annehmen.
Mira begleitete ihn. Vendanji hatte ihr gesagt, dass er vorhatte, die Regentin und den ehrwürdigen Sheson allein aufzusuchen, aber sie hatte darauf bestanden mitzukommen, was ungewöhnlich für sie war. So hatte er ihrer Bitte entsprochen.
Er wusste, wo er die beiden finden würde: in der Kanzlei der Regentin, dem einzigen Raum am höchsten Punkt des Solath Mahnus, von dem aus man nach acht Seiten eine einzigartige Aussicht auf Decalam hatte. Nach den Ereignissen des Tages würden Strategien zu planen sein, und das tat die Regentin immer zuerst mit Artixan, wie es auch nur angemessen war.
An der letzten Treppe versperrten zwei Angehörige ihrer Elitegarde Vendanji und Mira den Weg. Andere Wachen hatten sich bei ihrem Aufstieg durch den Solath Mahnus dem Dreiringwappen an Vendanjis Hals gebeugt. Diese taten es nicht.
»Ich bin nicht Sheson Rolen«, sagte Vendanji kühl. »Wenn ich der Regentin schaden wollte, wäre sie bereits tot. Ihr wisst, dass ich heute schon in ihrer Gesellschaft war.«
Die beiden tauschten einen argwöhnischen Blick und traten dann beiseite. Vendanji stieg die lange Marmortreppe hinauf, die fensterlos und dunkel war, und klopfte an ihrem oberen Ende gar nicht erst an, sondern stieß einfach die zweiflüglige Tür auf und trat ein. Mira schlüpfte stumm hinter ihm ins Zimmer und stellte sich wie ein Schatten unmittelbar neben der Tür an die Wand.
»Kommt nur zu uns«, verlangte die Regentin.
»Ich habe Euch ja gesagt, dass er kommen würde«, sagte Artixan lächelnd zu ihr.
»Ja, aber Ihr habt nicht gesagt, dass er
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