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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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sorgfältig.
    Ein durchdringendes Geräusch zog Tahns Aufmerksamkeit auf sich. Als er aufblickte, sah er wenige Schritte entfernt ein sich immer wieder wandelndes, blendendes Lichterspiel. Mira ging auf die irisierende Helligkeit zu, und kurz darauf traten ihre Pferde aus einem neuen Fenster aus schimmernden Fäden hervor. Die Fern sammelte die Pferde und verließ die Bresche, bevor sie sich wieder schließen konnte, um gleich darauf die Zügel an den jeweiligen Besitzer weiterzureichen.
    Ein ferner Blitz flammte neben einer zerklüfteten Bergkette auf, gefolgt von dumpfem Donnergrollen. Die Kohlschwärze des Schiefers verschmolz nach und nach mit der Dunkelheit der Berge und der Gewitterwolken, die sie umgaben.
    »Der Soliel«, sagte Mira gleichmütig. »Garlen ist immer für eine Überraschung gut.« Sie sprang auf Solus’ Rücken und sah sich um. »Wir sind nicht weit von Naltus. Wir sollten vor dem Gewitter Unterschlupf suchen.«
    Ein neuer Blitz erhellte die Nacht, und bald darauf grollte und dröhnte der Donner ringsum; in weiter Ferne heulten Kojoten oder Wölfe dem Lärm ihren Trotz entgegen.
    Während des Ritts erhaschte Tahn dann und wann einen Blick auf die Umrisse des Mannes mit der sonnengebräunten Haut, der ihn ständig ansah. Vielleicht schien es auch nur so, als ob Grant ihn beobachtete, aber im matten Licht eines Blitzes ruhte sein Blick bedrohlich und voll verborgener Absichten allein auf Tahn.
    Sie kamen an einem Gewirr aus gebleichten Knochen im Schiefer vorbei; kleine Spitzen versteinerter Skelette ragten aus der Erde auf, und die Größe der Knochen der Geschöpfe hinderte Tahn an jeder Vermutung darüber, was sie zu Lebzeiten gewesen sein mochten. Mehr als einmal hatte Tahn den Eindruck, Schieferreihen zu grabähnlichen Hügeln aufgeschichtet zu sehen, da die Härte des Erdbodens es nur gestattete, einen Leichnam zu bedecken, statt ihn in den Eingeweiden des Landes zur letzten Ruhe zu betten.
    Dann erhob sich vor ihnen plötzlich wie aus dem Nichts eine Stadt.
    Gewaltige Mauern waren mithilfe von Mörtel aus dem gleichen Schiefer, der sie umgab, aufgeschichtet worden, so dass die Stadt schwer zu erkennen war, besonders in den Schatten des Zwielichts. Als Tahn genauer hinsah, erkannte er noch etwas: Er konnte weder Wachen noch sonst irgendeine Bewegung sehen, ja, noch nicht einmal ein Tor in der Stadtmauer, und davor auch keine Pilger oder Händler, die ihn und die anderen auf dem Weg in die Stadt hätten belästigen können.
    Welcher Reisende würde auch schon hierherkommen? Alles hier fühlt sich einsam an … verlassen …
    Als sie sich der Stadt näherten, wandte sich Mira an die Übrigen: »Fremde werden selten durchs Tor gelassen.« Sie machte keine Anstalten, das genauer zu erläutern. »Seid respektvoll.«
    Sutter flüsterte: »Ich wette, wenn man kein Fern ist, ist man gleich ein Außenseiter.« Er lächelte.
    »Wir haben bisher noch nicht einmal jemanden gesehen und sind schon gar nicht aufgehalten worden. Wie sicher werden wir sein?«, fragte Wendra.
    »Es gibt keine Geheimnisse im Soliel«, erklärte Vendanji, der ihr Flüstern gehört hatte. »Nicht für die Fern. Sie wissen von uns, seit wir durch die Erzählung hierhergelangt sind. Die Entscheidung darüber, ob wir eingelassen werden sollen, wird wahrscheinlich bis zu unserem Eintreffen an der Stadtmauer aufgeschoben.«
    »Und was, wenn sie uns nicht einlassen wollen?«
    »Der Auftrag, in dem wir unterwegs sind, wird sich gegen jeglichen Widerspruch durchsetzen, da bin ich mir sicher. Aber ihr seid mehr als Gäste hier.« Der Sheson musterte sie eindringlich. »Jeder Mensch, der in den Soliel kommt, ganz gleich ob Mann oder Frau, ist unwissentlich ein Abbild des Lebens, wie es in den Landen im Süden und Westen geführt wird – manchmal sind es Kaufleute, manchmal Landstreicher, manchmal eitle Abenteurer. Die Absichten solcher Menschen tauchen unseresgleichen in schlechtes Licht. Jenseits von hier liegen der Born im Norden und die Saeculoren im Nordosten. Und jenseits der Saeculoren endet das Land. Aber ihr geht diesen Weg zu einem anderen Zweck als diejenigen, die ich aufgezählt habe.« Vendanji richtete drohend den Blick auf sie alle. »Besudelt diesen Zweck nicht mit irgendwelchen Schlichen oder euren privaten Zwistigkeiten.«
    Die Mauern von Naltus Fern waren weitaus höher und breiter, als sie von weitem ausgesehen hatten. Die Wehrgänge mit Blicken abzumessen erwies sich im Dunkeln als schwierig, aber ihr oberes Ende war

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