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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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gingen an geschlossenen Türen vorbei, schnappten Gesangsfetzen auf, daneben auch Melodien, die auf Zithern, Flöten und Geigen gespielt wurden – manchmal gemeinsam, manchmal allein. Die kurzen Liedstücke klangen in Wendras Ohren traurig.
    Der Maester schritt auf eine abgeschlossene Tür zu. Er zog einen Schlüssel aus der Tasche, sperrte auf und ließ die anderen ein, bevor er selbst durch die Tür trat und sie hinter sich verschloss.
    »Welche Stimme?«, fragte Vendanji.
    »Ich würde mich auf niemand anderen als mich selbst verlassen, Sheson«, antwortete Belamae.
    Ohne ein weiteres Wort machte der Mann eine Runde durch den Raum und zündete mehrere Lampen an. Stück für Stück wichen die Schatten zurück und enthüllten Wendras Augen ein ovales Zimmer mit fünfzig Schritt hoher Decke, die von Gemälden bedeckt war, deren Einzelheiten aus dieser Entfernung kaum zu erkennen waren. Ein großer ovaler Teppich mit verschlungenem blauweißen Muster erstreckte sich bis an die Wände, ließ aber ein kleineres, konzentrisches Steinoval in der Mitte des Raumes frei. Der Stein dort hatte keine Fugen und glänzte wie ein schwarzer Spiegel.
    Stühle waren in regelmäßigen Abständen um das innere Oval herum aufgestellt und wirkten, als stünden sie am Ufer eines dunklen, ruhigen Teichs. An der Rückwand des Zimmers stand ein Lesepult wie Garlens, das aus dem gleichen glatten Stein wie der Boden gearbeitet war.
    Der Maester ging zu Wendra und blieb stumm vor ihr stehen. Er ergriff sanft ihre Hand und umschloss sie mit seinen eigenen, stieß einen Seufzer aus und lächelte matt. »Ihr werdet nie wissen, wie schwer es mir fällt, Euch gehen zu lassen«, sagte Belamae. Seine Stimme stockte vor Ergriffenheit. Er schluckte und tätschelte Wendra die Hand. »Passt auf Euch auf, junge Frau«, sagte er. »Vergesst nicht, dass Ihr Verantwortung tragt, wann immer Ihr den Mund öffnet, um ein Lied zu erschaffen. Raue, gequälte Töne haben ihren Nutzen, Kind, aber sie werden immer vergessen und erschaffen nie etwas. Euch ist eine besondere Gabe zu eigen, Wendra, und Ihr seid die Einzige, die darauf achtgeben kann, sobald Ihr diesen Ort verlassen habt. Bitte kommt zurück zu mir. Es hängt so viel davon …« Der Maester unterbrach sich selbst, obwohl es den Anschein hatte, dass er gern noch mehr gesagt hätte.
    Als die Worte erstarben, wurde Wendra bewusst, dass sie es erst nach einer langsam verklingenden Welle von Echos taten. Das Zimmer hallte vom Klang von Belamaes Stimme wider, machte jedes Wort überlebensgroß und verlieh ihm eine Tiefe und ein Ausmaß, wie Wendra es noch nie zuvor gehört hatte.
    »Eure Pferde werden bald bei Euch sein«, sagte der Maester zu Vendanji, ohne sich von Wendra abzuwenden, die immer noch Penits Hand hielt.
    Sie lächelte den alten Mann dankbar an, hatte aber im Herzen noch immer Vorbehalte. Eine Gabe ? War es das wirklich? Der Maester hätte den Begriff vielleicht nicht verwendet, wenn ihm ein Kind aus dem Leib gerissen, ein anderes auf dem Auktionsblock versteigert und er selbst zum Einsatz in einem Glücksspiel gemacht worden wäre.
    Der Maester ließ sie stehen und ging um das schwarze Oval herum zum Lesepult. Er stieg eine Treppe dahinter hinauf und hatte bald aus mehreren Schritt Höhe einen Überblick über den Raum. Seine Augen lasen die Worte. Er schaute auf. »Das ist Garlen – das erkenne ich.« Er lächelte. »Bitte nehmt Platz«, sagte er.
    Vendanji wies auf die Stühle. Jeder setzte sich auf einen, aber Wendra hielt weiterhin Penits Hand fest.
    Der Sheson ließ sich als Letzter nieder und wandte sich an den Maester: »Belamae, setzt Euch mit Nachdruck für Helaina ein, wenn Euch die Möglichkeit dazu gegeben wird. Bei all den zaudernden Sitzinhabern, Hochstaplern, Ligaten und Stilletreuen … Helft Ihr bei diesem Großen Mandat, wo immer Ihr könnt. Wir brechen in dem Versuch auf, eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, aber unser Erfolg ist vielleicht bedeutungslos, wenn das Große Mandat scheitert.«
    Der alte Mann lächelte diabolisch, als ob er sich schon auf die Debatten freute, die ihm mit Roth Staned und seinesgleichen bevorstanden. Er legte sich in einer Geste, die wie ein Gruß wirkte, einen Finger an die Nase. Der Sheson antwortete mit einem dankbaren Nicken.
    Als sie zur Ruhe kamen, begann der Maester mit volltönender, tiefer Stimme zu summen, deren Klang im Zimmer widerhallte, bis er den ganzen Raum auszufüllen schien. Wendra hatte den Eindruck, den Ton von allen Seiten zu

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