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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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und den verlorenen Jungen wuchs, den Schmerz, ein zweites Mal an ihr versagt zu haben. Was hatten die Worte Den Bogen spannen meine Arme … schon zu bedeuten, wenn er sich dann, wenn er sich mehr denn je an sie hätte halten sollen, stattdessen entschloss, an sich selbst zu denken?
    Und doch tat es ihm nicht leid, wenn er Mira ansah. Der Schmerz in ihm verebbte noch weiter, als er sich kurz die Möglichkeit ausmalte, dass sie eines Tages zusammen sein könnten, dass er dem Sog der schlaflosen Dämmerungen und sie den Nachtwachen, die sie ständig zu halten schien, würde entkommen können. Der Gedanke tröstete ihn selbst in seiner tiefsten Trauer.
    »Sutter, Braethen, holt die Pferde«, befahl Vendanji. »Seid schnell und leise. Wenn sie zu weit davongelaufen sind, überlasst sie ihren Instinkten.« Dann richtete der Sheson die scharfen Augen wieder auf Tahn. »Ich nehme einen Teil der Schuld auf mich«, erklärte er, »weil ich dir etwas verschwiegen habe, das deinen Fehlschuss vielleicht verhindert hätte.«
    »Fehlschuss!«, wiederholte Tahn ungläubig. Er konzentrierte sich auf seinen Zorn, da er ihm lieber war als die Beschämung, die er empfand, wenn er Wendras Schluchzen hörte. »Ich weiß, dass der Junge noch klein war, aber er hätte uns wenig dabei geholfen, den Tillinghast zu erreichen. Mira ist eine Fern, eine geübte Kämpferin; ihr Beitrag wiegt seinen Verlust mehr als auf.«
    Die Worte tönten durch die kalte Stille und ließen Wendras Gesicht aus den Tiefen ihrer Kapuze auftauchen.
    »Du Dreckskerl«, sagte sie kalt. »Willst du das Leben eines Kindes gegen irgendetwas anderes aufwiegen? Welcher Mann hebt erst die Arme, um einen Jungen oder seine Familie zu verteidigen, und handelt dann nicht einmal? Gewiss kein Sohn von Balatin, das sage ich dir!« Die Tränen strömten ihr über die Wangen, die vor Hass und Empörung scharf hervortraten. »Ich habe nichts gegen Mira, aber wie konntest du dich nur entscheiden, einen Unschuldigen in die Hände der Stilletreuen fallen zu lassen? Du bist ein Feigling!«, schrie sie mit ihrer geschädigten Stimme. »Du machst mir Schande; du machst deinem Vater Schande!« Ihre Worte stiegen in die kalte Bergluft auf. »Wenn ich die Stimme dafür hätte, würde ich den Fluch eines ganzen Menschenlebens auf dich herabsingen!«
    Dann begann Wendra offener zu weinen, die Hand nach Tahn ausgestreckt, wie um eine Entschuldigung, die Übermüdung ihres Geistes, Verwirrung und Verlust zugleich auszudrücken.
    Tahn wandte sich wieder Vendanji zu, der langsam ausatmete und dann zu einer Erklärung ansetzte: »Tahn, was ich für mich behalten habe, ist, wie wichtig das Kind als Versicherung gegen deinen eigenen Fehltritt war. Ich habe von Anfang an befürchtet, dass wir den Fels der Erneuerung nicht erreichen würden, bevor du mit deinem Einstand deine Melurajahre hinter dir lassen und die Verantwortung für deinen eigenen Willen übernehmen würdest. Es war ein glücklicher Zufall, dass das Kind mitgekommen ist, von seiner Jugend zutiefst vor den Folgen seiner Entscheidungen geschützt. Sein Wert, Tahn, bestand in seiner Unschuld, abgesehen von dem Wert, den jedes Leben hat.«
    Tahn schüttelte den Kopf; er konnte es nicht verstehen.
    »Er sollte als Opfer dienen, Tahn, um eine schlechte Entscheidung deinerseits auf sich zu nehmen, falls du eine fällen würdest, bevor wir den Tillinghast erreichten – nicht als Blutopfer. Aber wir hätten den Makel dieser Entscheidung auf Penit übertragen können. Dank seiner Unschuld hätte er jeglichen Fehler, der dich vom rechten Weg abgebracht hätte, auf sich nehmen können, um dich so davon zu reinigen.«
    Langsam begann Tahn zu begreifen. »Wie etwa einen Schuss, der dazu diente, meine eigene Begierde zu stillen, statt mich vom Willen lenken zu lassen.«
    Vendanji nickte. »Aber mit dieser Entscheidung, Tahn, hast du dich nicht nur mit dem Makel der Eigensucht besudelt, sondern zugleich auch das Gefäß verloren, auf das wir diesen Makel übertragen hätten, um dich aus deinem befleckten Zustand zu erlösen.« Vendanji trat zurück, sah sich um und machte eine Bestandsaufnahme. Als sein Blick am Ende wieder auf Tahn ruhte, sagte er noch einmal leise in resigniertem Ton: »Es war ein selbstsüchtiger Schuss.«
    Der Sheson kroch ein paar Schritte weiter und lehnte sich mit dem Rücken an einen Felsen. Er schien selbst tief in Gedanken und Erschöpfung zu versinken und ließ Tahn allein, der Mira anstarrte. Die Fern erwiderte seinen

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