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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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keines bewussten Gedankens mehr fähig war. Er schwebte im Abgrund und war einfach, und das war genug.
    Dann endete es, und die Stille entsetzte ihn. Seine Augen waren bereits offen, und er konnte plötzlich wieder sehen und fand sich da wieder, wo er gestanden hatte, um in den Tillinghast hinauszuschießen, die Füße immer noch im Lehm verankert.
    Er empfand … Frieden. Dann brach er zusammen und wurde ohnmächtig.

33
    Ein einziger Ast
    D er Geruch fruchtbarer Erde weckte ihn, so frisch wie ein Kessel aufgekochter Gewürznelken. Einen Moment lang stellte er sich vor, dass Sutter ihm aus Spaß eine Handvoll Wurzeln unter die Nase hielt. Der Gedanke an seinen Freund ließ ein Lächeln auf sein Gesicht treten, und er hielt es dort, da er spürte, dass die Einbildung zerspringen würde, sobald er die Augen aufschlug. Er atmete tief durch und spürte die kühle Feuchte der Luft, als sie ihm in die Lunge strömte: Nebel.
    Der Abgrund.
    Tahn öffnete die Augen und sah, allerdings einige Schritte entfernt, die Stelle, an der der Fels der Erneuerung ins Nichts überging, verhüllt vom anmutigen Wallen der Wolken. Er rührte sich nicht sofort, da ihm plötzlich bewusst wurde, dass er sich schon eine ganze Weile nicht ausgeruht hatte. Als er leer vor sich hinstarrte, drohten Nebelschwaden sich zu vertrauten Formen zusammenzufügen, als würden sie aus seinen Gedanken schöpfen. Aber der Nebel wirbelte weiter.
    Dann erinnerte er sich so schlagartig, als würde ein Eimer mit winterlichem Flusswasser über ihm ausgeleert, an Zephoras Erscheinen und Mira. Er stemmte sich hoch, und eine Welle der Übelkeit und des Schwindels brandete aus seinem Bauch bis in den Kopf empor. Als er wieder klar sehen konnte, hielt er hektisch nach der Fern Ausschau, da er sich erinnerte, wie sie zuletzt dagestanden hatte, um einen Schutzwall zwischen ihm und dem Draethmorte zu bilden.
    Beim Himmel und Allwillen, ich habe sie allein mit ihm ringen lassen.
    Er kämpfte sich auf die Knie und zwang sich, dorthin zu kriechen, wo er Mira zuletzt hatte stehen sehen. Als Tahn näher herankam, erspähte er eine Gestalt. Er konnte sich nicht ganz sicher sein, aber dort schien jemand auf dem Bauch ausgestreckt völlig reglos dazuliegen. Tahn beeilte sich, trieb sich über die Grenzen seiner Kraft hinaus und stürzte mit dem Gesicht voran in den Lehm. Der weiche Boden dämpfte seinen Fall, und die Erde drang ihm in den Mund.
    Tahn spuckte sie aus. »Mira!« Der Schrei entrang sich heiser seiner Kehle, die sich so gequetscht anfühlte, wie Wendras zuletzt geklungen hatte.
    Beim Gedanken an Wendra blieb ihm das Herz stehen.
    Das Letzte, was er gesehen hatte, war die Explosion aus Dunkelheit und Helligkeit gewesen, die aus dem Gipfelpass hervorgebrochen war, und der Einzige, der Tahn zum Tillinghast gefolgt war, war Zephora gewesen. Er schlug schwach mit den Fäusten auf den Lehm ein, während ihm salzige Tränen die Nase entlang bis in den Mund liefen. »Nein«, flüsterte er. »Nein. Nicht auch noch du, Wendra!«
    Tahn richtete sich wieder auf die Knie auf. Resigniert kroch er auf den Körper zu. In seiner Trauer dachte er gar nicht an Vorsicht, und als er die leblose Gestalt erreichte, zog er an ihrer Schulter, um sie mit dem Gesicht nach oben zu drehen.
    Das klaffende Maul und die wulstigen Knochen von Zephoras Gesicht lächelten ihn im Tode an. Tahn zuckte zurück und kroch hastig davon. Sofort begannen seine Hände zu brennen. Er steckte sie in den Lehm und schrubbte sie wie mit Seife. Langsam ließ der Schmerz nach, und er war allein mit dem uralten Wesen. Mira war nicht zu sehen.
    Tahn versuchte aufzustehen, aber die Beine gaben unter ihm nach, und er sackte wieder auf die Knie. Seine Gedanken überschlugen sich vor Panik, vor allem, da er mehr und mehr überzeugt war, nun wirklich ganz allein zu sein. Der Draethmorte musste Mira irgendwie in den Nebel gebannt haben, bevor er gestorben war. Alle, die Tahn liebte, waren nun nicht mehr da. Er kniete nur wenige Schritte vom Ende der Welt entfernt und sah den Tillinghast hasserfüllt an.
    Die Opfer, die ihn hergeführt und die größtenteils andere gebracht hatten, rasten ihm durch den Kopf. Welchen Nutzen oder Zweck hatte dieser Ort für ihn, für irgendjemanden, wenn er einem nur das zurückgeben konnte, was schon gekommen und vergangen war? Er erschien Tahn wie ein Folterwerkzeug, und er erschauerte vor Abscheu darüber. Er sah in den brodelnden Nebel.
    Noch etwas war hier geschehen. War der Tillinghast in

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