Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
Vom Netzwerk:
und übertönte Tahns Schreie. Er wand sich und versuchte sich loszureißen, aber sein Freund gab nicht nach.
    Tahn wandte den Blick wieder der Frau zu, als die Flamme Zunder aufflackern ließ. Holzstaub, den die geübten Hände der Ligaten ausgestreut hatten, stand beinahe sofort in Flammen, und das Feuer stieg um die Frau auf. Lethur trat einen Schritt zurück und beobachtete die Menge. Ein befriedigter Ausdruck trat auf seine scharf geschnittenen Züge. Tahn warf einen hoffnungsvollen Blick auf Gehone, aber der Mann schaute kein einziges Mal von dem Stück Boden auf, das er anstarrte.
    »Sieh sie nur an«, flüsterte Sutter, ohne seinen Griff um Tahn zu lockern. Es schmerzte ihn, das entsetzliche Bild vor Augen zu haben.
    Tahn folgte dem Blick seines Freundes zurück zu der Frau. Ihr Gesicht wirkte immer noch ruhig. Plötzlich gab Tahn es auf, sich zu wehren. Worte brannten in seinem Geist, dieselben alten Worte, die er immer sprach: »… doch der Wille löst den Pfeil.« Und Tahn spürte irgendwie, dass die Frau zwar nicht schuldig war, aber doch sterben sollte. Gemessene Ruhe und Verwirrung rangen in ihm miteinander.
    Tahn sah noch einen Moment lang hin, wandte sich dann ab und ging durch die Menge zurück zu Jole. Er und Sutter stahlen sich ungesehen davon, während der Rauch brennenden Fleisches in den klaren, strahlend blauen Himmel aufstieg.

7
    Ungern gebraucht
    W arum bist du kaum einen Tag gealtert, seit du ins Exil geschickt worden bist? Wollte Vendanji damit wirklich andeuten, dass Grant seit Jahren nicht gealtert war?
    Braethen beobachtete, wie Grant den Blick abwandte und ins Feuer sah, während ein trauriges Lächeln mehrere tiefe Falten in seinem Gesicht stärker hervortreten ließ. Der Sodale fragte sich, ob Vendanji wörtlich nach dem Alter gefragt hatte oder ob das, was er von dem Mann wissen wollte, mehr zu bedeuten hatte und sich in irgendeiner Hinsicht auf den Geist bezog, der in ihm steckte. Vielleicht wollte Vendanji Grant an den Trotz und die Ehrlichkeit erinnern, die dafür gesorgt hatten, dass er ins Mal verbannt worden war.
    Grant nickte langsam. »Meine Schlüsselblume, Sheson – das ist deine Antwort.« Er wandte sich ihm zu und seufzte bekümmert. »Ich fasse die Charta neu ab, eine, die dieses Delighast bestimmt, dieses Ende der Schöpfung und des Lebens, weil dieser Ort, das Mal, das unfruchtbar ist, die Zukunft darstellt und ich mich für immer darin aufhalte.« Er schien durch die Wände auf die gewaltige, harte Weite des Mals hinauszublicken, aber Braethen hatte den Eindruck, dass sich dabei ein Hauch von Widerspruchsgeist in dem Mann regte. »Dieser Ort ist infolge der Schlacht des Rings entstanden, durch den Aufwand an Leben, Willen und Verheißung, der den Nektar gestohlen hat, der dieser Erde einst Fruchtbarkeit verlieh, der Werden und Vergehen des Laubs und die Jungtiere im Frühjahr hervorbrachte. Diese Dinge gibt es hier nicht mehr, und mit ihnen ist die Zeit selbst verschwunden.«
    Vendanji runzelte fassungslos die Stirn. Angesichts der Sorge, die aus dem Gesicht des Sheson sprach, beschleunigte sich Braethens Pulsschlag. Braethen konnte sich nicht erinnern, Vendanji jemals so beunruhigt erlebt zu haben. Mira musterte mit geübtem Blick die drei auf dem Flur.
    »Du alterst hier nicht«, stellte Vendanji fest. Es war keine Frage.
    »Ich bin derselbe Mann, der vor so vielen Jahren durchs Stadttor hinausgezogen ist. Aber Unsterblichkeit ist kein Segen.« Der Verbannte grinste schwach. »Ich habe gelernt, hier zu leben. Die Leere trägt ihre eigenen Früchte, und an die Stärkung durch sie bin ich jetzt gewöhnt. Sie sind die Geheimnisse des Mals. Betet, dass ihr sie nie kennenlernt.« Grant sah seine Hand an, drehte sie um und musterte seine Handfläche. »Ich bin nur wegen der Wiege hergekommen.«
    Braethen hörte sich selbst schon nach der Wiege fragen, bevor ihm ganz bewusst war, dass er es getan hatte.
    Der Verbannte bedachte ihn wieder mit seinem traurigen Lächeln. »Wenn der Mindere Zyklus sich dem Ende zuneigt, reise ich an den Rand des Mals.« Grant stand auf, ging zum Fenster und zog den Fensterladen auf. »Ein Kind wird dort in der Höhlung eines großen, abgestorbenen Baums zurückgelassen. Ich finde ein Zuhause für das Kind, einen Ort, an dem es den Unwägbarkeiten des Straßendaseins oder den reisenden Händlern, die mit dem Born Geschäfte machen, entgehen kann – welche Narren, sie verkaufen ihre eigene Zukunft für bitteres Geld! Für die meisten kann

Weitere Kostenlose Bücher