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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihr Drang, sich in ihrem Doppelzimmer noch einmal über alles zu unterhalten, rasch in sich zusammenfiel und sie nach wenigen Minuten einschliefen.
    Vater Paul und Onkel Johann folgten ihnen viel später. Sie hatten aus getrennten Krügen getrunken – und jeder nicht nur aus einem. Beim Verlassen des Lokals warf Onkel Johann einen Blick zurück auf das sich langsam leerende Gebäude, von dem er schon soviel in seinem Leben gehört und das ihn nun nicht enttäuscht hatte, und sagte mit glänzenden Augen: »Siehst du, Paul, das fehlt uns in Amerika!«
    »Und der Fußball«, ergänzte Paul. »Der doch auch?«
    »Der auch«, nickte Johann. Der Kopf war ihm schwer, die Beine ebenfalls.
    Nicht anders erging es Paul, so daß sich jeder von ihnen beim anderen einhängen mußte, um den gemeinsamen Weg in wahrer Eintracht zu bewältigen.
    Paul dachte an Rheinstadt.
    »Ein solches Lokal fehlt auch bei uns, Onkel Johann«, sagte er.
    »Aber wenigstens wird bei euch Fußball gespielt, Paul.«
    »In der Landesliga«, schränkte Paul bedrückt ein.
    »Auch darum müßte Chicago schon froh sein, Paul.«
    Der Schlepper eines Nachtlokals fragte die beiden, ob sie denn keine Lust mehr auf die Körper schöner Frauen hätten. Nicht nur zum Ansehen, ließ er durchblicken.
    Da dachte Paul noch einmal an sein Zuhause.
    »Du hast mit Erna telefoniert, Onkel Johann«, meinte er. »Was hat sie denn eigentlich verlauten lassen?«
    »Das habe ich dir doch schon gesagt«, erwiderte Johann. »Daß ich dich die Übernachtung bezahlen lassen soll.« Er grinste.
    »Sonst nichts?« fragte Paul.
    »Und daß wir früh ins Bett gehen sollen, damit wir morgen den Zug nicht noch einmal versäumen.«
    »Wieviel Uhr ist es?«
    »Ein Uhr früh.«
    Der Witz war so alt wie die Menschheit selbst. Trotzdem verfehlte er anscheinend auch diesmal wieder seine Wirkung nicht, denn Paul lachte und meinte: »Dann können wir ihr ja sagen, daß wir ihren Wunsch erfüllt haben.«
    Beim Einbiegen in die Maximilianstraße schienen Paul Zeit und Ort günstig zu sein, um Johann eine wichtige Angelegenheit zu unterbreiten. Er blieb stehen.
    »Onkel Johann«, begann er, »ich mag dich.«
    »Ich dich auch, Paul.«
    »Erna mag dich ebenfalls, das weiß ich.«
    »Ich sie nicht weniger, Paul.«
    »Und von den Jungens brauche ich nicht zu reden, die gehen für dich durchs Feuer.«
    »Das freut mich.«
    »Du hast nur einen Fehler, darf ich dir das sagen?«
    »Welchen?«
    »Du wirfst mir zu sehr mit dem Geld herum.«
    »Meinst du?« grinste Onkel Johann.
    »Sieh mal«, setzte Paul zu einer gutgemeinten Seelenmassage an. »Es besteht doch nicht der geringste Anlaß dazu, daß du das tust. Du meinst wohl dauernd, dich revanchieren zu müssen. Aber das ist ein absoluter Blödsinn. Daß es dir nicht schlecht geht in Amerika, das habe ich schon gemerkt. Trotzdem übernimmst du dich vielleicht, weil du uns magst. Das sollst du nicht. Glaub mir, es wäre mir lieber, wenn du damit nicht angefangen hättest. Du bist unser Gast, aber du gibst uns keine Gelegenheit, dir das auch zeigen zu können. Wir –«
    »Hör auf, Paul«, unterbrach Onkel Johann. »Ich wohne und lebe bei euch.«
    »Das ist doch selbstverständlich. Bist du zu uns nach Deutschland gekommen – oder wir zu dir nach Amerika?«
    »Eine gute Idee!« hakte Onkel Johann ein. »Wann kommt ihr denn mal?«
    Paul blickte ihn an, und es war erstaunlich, mit welch klaren Augen er das tat. Er ereiferte sich bei diesem Gespräch, und das schien zu bewirken, daß sich der alkoholische Nebel in seinem Gehirn verflüchtigte.
    »Ich mache dir einen anderen Vorschlag«, sagte er. »Laß dein Amerika sausen.«
    »Nein!«
    »Warum nicht?«
    »Das habe ich dir schon einmal gesagt, warum das nicht in Frage kommt.«
    »Aber wir hätten dich gern ganz hier, Onkel Johann.«
    »Und wovon sollte ich hier leben?« fragte Johann mit undurchdringlicher Miene.
    »Könntest du denn aufhören mit deinem Uhrenhandel drüben?«
    »Das schon.«
    »Und bliebe ein bißchen was übrig?«
    »Ja.«
    »Na also!« meinte Paul erfreut. »Du kennst unser Haus. In dem wäre nicht nur für ein paar Tage – so wie jetzt – Platz für dich.«
    Onkel Johann machte große Augen.
    »Wäre das dein Ernst?« fragte er.
    »Nicht nur der meine, auch der von Erna, dessen bin ich ganz sicher.«
    In Johanns Innerem fiel eine Entscheidung, über die er aber noch nicht sprechen wollte.
    »Ihr seid prima Menschen«, sagte er, Paul kurz den Arm um die Schulter legend. »Aber hier

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