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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Frau Malmut …«
    Die Schrotthändlersgattin antwortete kalt: »Händigen Sie die Teile unserem Dienstmädchen aus, das ich Ihnen vorbeischicken werde.«
    »Und was ist mit der Arbeit, die ich mir bereits gemacht habe? Wer bezahlt mir die?«
    »Wir nicht! Wir bezahlen für fertige Kleider! Seien Sie froh, daß wir keinen Schadensersatz von Ihnen für die zerschnittenen Stoffe beanspruchen!«
    Emma Kerbels Stimme begann zu zittern.
    »Aber das ist doch Unrecht, was Sie da sagen, Frau Malmut.«
    »Unrecht?« höhnte das Weib. »Prozessieren Sie doch gegen uns, dann werden Sie schon sehen, wie weit Sie kommen. Nehmen Sie sich einen Anwalt, falls Sie das Geld dazu haben.«
    Tränen flossen Emma übers Gesicht.
    »Das habe ich nicht«, sagte sie leise.
    »Eben!«
    Weinend vertraute Emma Kerbel diese Schweinerei dem Tagebuch an, das sie führte.
    Der Besuch aus Amerika fiel Emma Kerbel fast überhaupt nicht zur Last.
    Tagsüber, wenn ihre Kundschaft kam, war Onkel Johann in der Stadt und schien wichtige Besorgungen zu machen. Emma fragte nicht näher; es lag ihr nicht, neugierig zu sein. Sie freute sich, wenn der Onkel mittags zurückkam und sich mit großem Appetit an den Tisch setzte. Meistens brachte er gegen ihren Protest dann das Essen für den nächsten Tag mit, immer große Stücke Fleisch, Schnitzel oder riesenhafte Rouladen.
    Das sei doch alles zuviel, sagte Emma. Wohin mit den teuren Materialien?
    »In die Kühltruhe«, antwortete Onkel Johann.
    »Wenn ich eine hätte.«
    Am nächsten Tag hatte sie eine. Sie wurde ihr ins Haus geliefert, und als sie entsetzt nach der Rechnung fragte, die zu begleichen sei, sagte man ihr, daß alles schon erledigt sei.
    »Onkel Johann«, knöpfte Emma sich ihn am Abend dieses Tages mit aller Strenge vor, die ihr zu Gebote stand, »das geht nicht!«
    »Was geht nicht?«
    »Daß du mir unnütze Dinge kaufst.«
    »Davon weiß ich nichts.«
    »Die Kühltruhe.«
    »Welche Kühltruhe?«
    Emma hob rügend den Zeigefinger vor dem Mann, der sie um Haupteslänge überragte.
    »Bitte, laß das Theater, Onkel Johann. Die Männer haben mir gesagt, wer die Rechnung bezahlt hat.«
    »Diese Arschlöcher!« ärgerte sich Johnny. »Ich habe doch beim Kauf ausdrücklich verlangt, daß darüber nicht gesprochen wird! Ist der Fernseher schon da?«
    Emma faßte sich ans Herz.
    »Auch noch ein Fernseher?«
    »Also noch nicht«, sagte Johnny. »Dann kommt er morgen früh.«
    »Onkel Johann, das sollst du nicht tun, sage ich!«
    »Warum nicht? Weil es unnütze Dinge sind?«
    »Ja.«
    »Nein, Emma, das sind eine Kühltruhe und ein Fernseher heutzutage nicht mehr!«
    »Für mich schon«, meinte Emma Kerbel bitter.
    »Auch für dich nicht!« sagte Johann mit Nachdruck und freute sich über seinen Entschluß, dafür zu sorgen, daß Emma noch ganz andere Augen machen würde in nächster Zeit.
    Manchmal wurde zwischen den beiden stundenlang kein Wort gewechselt, immer dann, wenn Onkel Johann gegessen hatte, am Tisch sitzen blieb, rechnete und lange Zahlenkolonnen auf große Blätter Papier warf. Sooft er das tat, wurde er Emma fremd und geheimnisvoll. Sie scheute sich, Fragen an ihn zu stellen. Sie besaß nicht den Geschäftssinn des Barons v. Chowelitz, der in diesen Tagen sein Gut auf Pump polierte und ein Telegramm seines amerikanischen Verwandten wie ein Heiligtum mit sich herumtrug. Der Text lautete: ›Ankomme Sonntagmittag. Onkel Johann.‹
    Gleich nach dem Eintreffen des Telegramms hatte Huldrich v. Chowelitz sein Pferd satteln lassen und war nach Gut Eibenhain geritten. Zu Pferd sah der blaublütige junge Mann nicht schlecht aus, schlank, sportlich und in gewisser Hinsicht sogar seriös. Auch als er im Hof von Eibenhain vom Pferd sprang und Baroneß Evy aus der Tür kam, um ihn zu begrüßen, deutete äußerlich nichts an ihm darauf hin, daß er ein Mann war, dem der Boden unter den Füßen schwankte.
    »Er kommt!« rief Huldrich freudig und schwenkte das Telegramm, das Evy mit Interesse las. »Jetzt sind bald alle Hindernisse aus dem Weg geräumt, Liebste, und wir können heiraten!«
    Vage entgegnete Evy: »Hoffentlich ist er auch reich genug, um nicht eine Riesenenttäuschung für dich zu werden.«
    »Dessen bin ich ganz sicher, Evy. Ich habe mich in der Zwischenzeit erkundigt, Onkel Johann war das Schwarze Schaf in der Familie meiner seligen Mama. Solche Kerle sind das Richtige für Amerika. Die schaffen es dort. Sie haben keine Hemmungen, weißt du, gehen über Leichen. Lies doch die

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