Das Gift der Drachen Drachen3
Gedanke entsetzte, den Leichnam an einen Drachen zu verfüttern.
Ich ignorierte den Drachenmeister. »Ich meinte, wie viele der Myazedo getötet wurden.«
»Keiner.« Keau ballte die Hand vor seiner Brust, während er weiter neben uns herlief. Er atmete schwer und schwitzte. Die Blässe seiner Wangen ließ die grünen Flecken auf seiner Haut deutlich hervortreten. Vermutlich wäre es besser gewesen, wenn er nicht gerannt wäre. »Einige wurden schwer verletzt, aber unser Angriff war sehr erfolgreich. Wir haben wie die Wölfe zugeschlagen. Schnell und tödlich. Es war ein guter Angriff.«
Banditen, die Krieg führen. Menschen, die Aristokraten ausplündern und sie vergewaltigen. So etwas trägt niemals zum Erfolg einer Rebellion bei, Blut-Blut.
Danach rannten wir schweigend über das weiche, staubige Gras, bis wir die Hauptstraße der Bayen erreichten. Von dort an gingen wir langsam weiter.
Einige Fenster waren eingeschlagen worden, und ein Haus war ausgebrannt. Die weißen Steine seiner Fassade waren von rußigen Flecken überzogen, während öliger Rauch aus der dachlosen Ruine quoll. Ich erschauerte. Wahrlich, der Eine Drache war uns wohlgesonnen gewesen. Solch ein Feuer hätte, wenn der Wind die Funken weit über die Steppe getragen hätte, leicht die ganze Brutstätte in Flammen setzen können.
»Eine umgestürzte Laterne«, erklärte Keau. »Ein Versehen.«
»Wir haben Glück gehabt«, erwiderte ich grimmig.
»Wir sind vorsichtig.« Keau deutete mit dem Kinn auf etliche rußverschmierte Männer in Lendenschurzen. Sie hatten sich schwarze Tücher vor die Münder gebunden und trugen Bayen-Stiefel an den Füßen, während sie Schaufeln und Hacken in den ebenfalls rußverschmierten Händen hielten.
»Myazedo ?« , erkundigte ich mich.
»Leibeigene, die von den Familien und Freunden der Myazedo gerufen wurden.«
In einem der Anwesen sah ich ein Kindergesicht an einem Fenster. Es spähte hinter einem Vorhang auf die Straße hinab. Es war ein Mädchen, schwarzhaarig, mit elfenbeinfarbener Haut, höchstens sieben Jahre alt. Unsere Blicke trafen sich. Das Kind verschwand.
»Die Bayen-Frauen und -Kinder sind immer noch in ihren Häusern?«
»Ja«, erwiderte Keau. »Zum Teil sind ihre Diener bei ihnen geblieben, andere sind allein in ihren Anwesen. Sie haben genug Vorräte in ihren Kellern und Wasser in ihren Zisternen. Jedes dieser Häuser hat eine Zisterne. Bedienstete müssen dafür sorgen, dass sie stets gefüllt ist, wusstest du das?« Er hatte die Augen vor Staunen weit aufgerissen.
Wie lange werden ihre Diener ihnen wohl die Treue halten?, dachte ich.
Am anderen Ende der Hauptstraße arbeitete eine Gruppe Djimbi. Geier und Aasvögel flogen in großen, weiten Kreisen hoch über uns. Der Wind trug den Gestank von Exkrementen, Blut und Tod zu uns. Auf einen grausigen Leichenhaufen wurden weitere Tote geworfen. Man hatte ihnen alle Habseligkeiten abgenommen. Aus dem Durcheinander ragten Arme und Beine starr hervor.
Ob das Bayen-Kind am Fenster wohl den Leichnam seines Vaters in diesem Haufen hatte erkennen können? Ich hoffte inständig, dass dem nicht so war.
Wir bogen in eine Gasse ein, die uns zum Marktplatz führte. In der Nähe des Haupteingangs der Tempelanlage hatte sich eine Menschenmenge gebildet, die hauptsächlich aus ganz jungen und alten Männern und Frauen bestand. Sie hockten auf dem Boden oder standen in Gruppen zusammen und schienen mit der für Leibeigene typischen Geduld auf etwas zu warten. Sie beobachteten uns, als wir näher kamen. Myazedo-Kämpfer mit Bayen-Waffen um die Hüften bewachten die Tore innerhalb des Geländes.
Als wir uns durch die Menge drängten, schlurften die Menschen zur Seite, schweigend und wachsam. Einer der Myazedo hinter dem Tor nickte Keau zu und öffnete das Eisengitter. Ohne Fragen oder Kommentare wurden wir hereingelassen.
»Was wollen diese Menschen?«, fragte ich Keau. Unwillkürlich hatte ich die Stimme gesenkt, ohne sagen zu können, warum.
Wieder zuckte er beiläufig mit den Schultern. »Sie haben von der Befreiung gehört. Vielleicht warten sie auf die Eier, das Fleisch und das Getreide aus den Vorratskellern der Drachenjünger; oder aber ihre Brüder oder Onkel haben sich freiwillig gemeldet, um die Leichen wegzuschaffen, und sie warten jetzt auf die Gewänder und Stiefel der Toten.«
Noch während er das sagte, überquerte ein alter Djimbi eine der steinernen Brücken über die nicht existierenden Teiche innerhalb der Tempelanlage. Seine
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