Das Gift der Drachen Drachen3
mit Bienenwachs polierte. Leider konnte ich das jedoch nicht so recht genießen, denn diese Art von Aufmerksamkeiten war mir zu fremd. Ich war erleichtert, als sie schließlich fertig waren und mir leichte Sandalen in der gelben Farbe meines Gewandes gaben, dazu ein elegantes Schultertuch, das so schwarz war wie Drachengift. Unbeholfen schlang ich es um meinen Hals, dankbar, dass ich das tiefe Dekolleté bedecken konnte. Ich fühlte mich so unpassend wie eine Wildsau in dieser fremden und vornehmen Umgebung, während ich einer der Mägde zur Bibliothek folgte, wo Jotan und der Drachenmeister zwischen unzähligen Schriftrollen auf mich warteten.
Allein der Anblick des hässlichen, feindseligen Gesichts des Komikon ließ mich meine Beklemmung über diese prachtvolle Umgebung vergessen und erinnerte mich an den ernsten Grund meiner Anwesenheit in dieser Villa.
Jotan hörte aufmerksam zu, während ich ihr Bericht erstattete. Ich schilderte ihr alles bis auf, natürlich, die Einzelheiten, warum niemals Bullen aus Eiern von gefangenen Drachenkühen schlüpften. Dabei ging ich in der Bibliothek umher, um ihren Augen zu entrinnen, die mich so ablenkten, ihren wundervollen, roten Lippen, dem Anblick ihres langen nachtschwarzen Haars, das sie mit einer Drachenklammer hochgesteckt hatte und so ihren Hals entblößte. Ihr Gewand war weiß und ärmellos, das Dekolleté reichte in einem schmalen, spitz zulaufenden V bis zu ihrem Bauchnabel und wurde von einem tiefblauen Seidenband zusammengehalten. Diese dunkelblaue Seide bildete einen starken Kontrast zu dem strahlend weißen Kleid und ihrer goldbraunen Haut. Jotan bot wahrlich einen wirklich fantastischen Anblick.
Der Drachenmeister trug ein einfaches braunes Wams mit einem geflochtenen Ledergürtel und hörte meiner Erzählung fast die ganze Zeit stumm zu. Er unterbrach mich nur selten, dann aber leidenschaftlich, wenn er der Meinung war, mehr oder weniger Details wären angebracht.
»Ich weiß, mit wem ich mich in Verbindung setzen muss«, erklärte Jotan ruhig, als ich fertig war. »Ich entsende sofort einen Boten.«
Sie beugte sich auf ihrem Stuhl vor und zog an einer seidenen Kordel an der Wand. Dann drehte sie sich wieder zu mir um. »Du hast recht. Malaban muss sofort zurückkehren. Ich werde ihn rufen lassen. Du bleibst natürlich, bis er wiederkommt.«
»Wie lange wird das dauern?«
»Einen Tag, bis mein Bote ihn erreicht, und einen Tag, bis Malaban hier eintrifft.«
Die Vorstellung, noch zwei Tage in der Villa der Bris zu bleiben, gefiel mir sehr. Ich nickte, obwohl der Drachenmeister wütend protestierte.
Jotan wandte sich zu ihm. »Das ist keine Zeitverschwendung«, sagte sie kühl. »Die Vorbereitungen beginnen auch ohne die Anwesenheit meines Bruders. Wir werden Bewaffnete und Geld sammeln, das ihr für die Verteidigung von Xxamer Zu benötigt. Außerdem werden wir die Pläne für die Aktionen ausarbeiten, die Zarq erwähnt hat, den Angriff auf die Schiffe des Archipels und gewisse Brutstätten. Die Männer, die ich benachrichtige, werden das alles arrangieren.«
»Wir ebenfalls«, warf ich ein.
Jotan richtete den Blick ihrer vom Gift gezeichneten Augen auf mich. »Erwarte nicht, eine wesentliche Rolle dabei zu spielen, Zarq. Sobald meine Boten die entscheidenden Hintermänner informiert haben, werden sie ihrerseits ihre Vertreter zu anderen Kontaktmännern senden, die wiederum ihre Leute aktivieren. An dieser Sache sind viele Netzwerke und Personen beteiligt … Du hast von den Aufständen in der Wai-Fa-Paak-Fabrik gehört? Nein? Natürlich nicht. Du bist eine Rishi, die Leibeigene einer Brutstätte.«
Sie bemerkte meine Verstimmung, als sie fortfuhr, und genoss sie sichtlich.
»Es war ein Aufstand, der von einer Gruppe ausgelöst wurde, die sich selbst die Zündler nennen. Vielleicht waren unsere Leute darin verwickelt, vielleicht auch nicht, das spielt keine Rolle. Wichtig ist vielmehr die Aufsässigkeit der arbeitenden Klasse, die Bereitschaft der Arbeiter, eine Fabrik, die sie in Brot und Lohn hielt, bis auf die Grundmauern niederzubrennen, statt weiterhin die Taschen des Besitzers aus dem Archipel zu füllen. In jener Nacht brannten auch viele Geschäfte und Wohnhäuser, und die Plünderungen dauerten Tage an. Es gab auch andere Aufstände, die natürlich wie immer von den Soldaten des Tempels niedergeschlagen wurden. Aber mindestens einmal im Monat wird eine Brücke von den Ikap-fen der Zündler blockiert.« Ihre Augen funkelten mutwillig. »Das
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