Das Gift der Drachen Drachen3
von Ghepps als Tempelhenker verkleideten Männern, eine Flasche verdünnten Weins und eine Handvoll Pflaumen. In seiner Begleitung befand sich eine Djimbi. Die starre Miene der Frau verriet, dass sie am Rand blanken Entsetzens schwebte. Auf ihrer Hüfte balancierte sie einen Weidenkorb. Ihre Kleidung missfiel mir. Sie sah aus, als hätte sie sich nur eine pflaumenfarbene, mit schwarzen Fischgräten gemusterte Tuchbahn kunstvoll von ihrem Busen bis zu den Schenkeln um den Leib gewickelt. Eine solch schamlose Zurschaustellung wäre in Brut Re niemals geduldet worden, und ich fragte mich, ob dieses Gewand sie als Hure auswies.
Der »Inquisitor« deutete auf den Drachenmeister. Die Frau ging zu ihm, stellte den Korb auf den Boden und begann, mit sichtlich zitternden Händen seine Wunden zu untersuchen. Er schlug um sich. Sie murmelte ihm etwas auf Djimbi zu, woraufhin er sich beruhigte und ihr gestattete, weiterzumachen.
Ghepps Mann zog ein verschnürtes braunes Tuch aus dem weiten Ärmel seines Hemdes und warf es mir vor die Füße. »Von dem Gegabelten.«
Er meinte Gen und spielte auf seinen Bart an.
Ich bückte mich, steif vor Schmerz, und hob das Bündel auf. Es war ein Bitoo, einer dieser knöchellangen, mit einer Kapuze versehenen Kittel, der in Malacar als angemessenes Kleidungsstück für Frauen galt. Die Machart dieses Bitoo, braun, ohne Abnäher oder Falten und aus praktischer Muschelseide angefertigt, war unter den Rishi sehr beliebt.
Er war um ein Wams gewickelt, in dem sich wiederum ein Mitgiftschwert verbarg. Diese Mitgiftschwerter bestanden aus zwei mit rotem Garn zusammengebundenen Holzstäben, wie Klinge und Griff eines Spielzeugschwertes. Auf das rote Garn waren etliche durchlöcherte Münzen, Tempelgeld und Kupfertropfen aufgefädelt. Es war kein besonders langes Mitgiftschwert, und es gab auch keine Silber-oder Goldmünzen, aber es genügte. Es würde dem Drachenmeister und mir die Aufnahme in den Arbiyesku gewähren.
Der falsche Inquisitor duckte sich vor mir. Mir gefiel weder seine Nähe noch sein Schleier oder seine einstudierte Gelassenheit.
»Was?«, fuhr ich ihn an.
Er reichte mir aufreizend langsam eine kleine Pergamentrolle. Sie enthielt knappe Instruktionen.
Der Drachenmeister ist ein Hatagin Komikon, der seine Karawane und seinen Status aufgrund einer ungünstigen Wette in der Arena verloren hat. Du bist seine Roidan Yin. Gib deinen Arena-Umhang dem Überbringer dieser Nachricht. Ich werde dich rufen, sobald ich es für sicher halte, und werde dir ein Unterpfand senden, damit du weißt, dass wirklich ich dich verständigt habe.
Gen
Also sollte der Drachenmeister die Rolle eines Karawanenbesitzers spielen und ich die seiner erwählten Frau. Die Wunde auf seiner Brust würden alle akzeptieren, denn es kam nicht selten vor, dass ein Karawanenmeister von einem seiner gereizten, bis zur Erschöpfung angetriebenen Drachen verletzt wurde.
Ich zerriss das Pergament in winzige Stücke. »Verbrennt das«, befahl ich. »Und dreht Euch um. Ich muss mich umziehen.«
Einen Moment glaubte ich, der als Inquisitor verkleidete Soldat würde sich weigern. Wusste er, wer ich war? Oder ahnte er es? Vielleicht wusste er es tatsächlich und war von diesem Wissen beunruhigt. Er nahm mir die Schnipsel aus der Hand, stand auf und drehte sich um.
Im Schatten der Futterscheune verband derweil die Djimbi die Wunde des Drachenmeisters und half ihm in das Wams, das Ghepp für ihn besorgt hatte. Ich mühte mich währenddessen, den Umhang und das umgearbeitete Wams abzulegen, die ich in der Arena getragen hatte. Meine gebrochenen Rippen und vom Kampf noch steifen Glieder machten diese Aufgabe zu einer schwierigen Herausforderung.
Als ich fertig war, wurden der Drachenmeister und ich aus den Botenstallungen eskortiert. Das Mitgiftschwert hatte ich unter dem Bitoo verborgen, dessen Kapuze ich aufgesetzt hatte, allerdings nicht als Schutz gegen die Sonne. Die Stallungen lagen innerhalb der Tempelanlage in unmittelbarer Nähe der Quartiere der Drachenjünger, einer Ansammlung von blendend weißen Steingebäuden, die jeweils einen Hof umschlossen, der jeweils durch eine kurze Brücke mit dem nächsten Hof verbunden war. Unterwegs kamen wir an einigen prachtvoll gekleideten Heiligen Hütern vorbei, aber da wir von einem Inquisitor begleitet wurden und der Komikon und ich steifbeinig schlurften wie frisch Verletzte, glitten ihre Blicke über uns hinweg, als wären wir unsichtbar. Niemand mochte die Opfer der
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