Das Gift der Drachen Drachen3
einen prachtvollen, rostroten Bitoo, dessen üppige Falten bis zu den Bodenfliesen reichten und dessen Kapuze weich gefüttert war.
»Wir reisen inkognito«, erklärte Jotan. Ihre Stimme war noch immer rauchig vom Gift und unserem Sex. Sie warf mir einen Bitoo aus taubengrauer Muschelseide zu, der schwer in meinem Schoß landete und dabei auseinanderglitt. »Der ist für dich.«
»Wie spät ist es?«, krächzte ich und stand auf.
»Später Vormittag.«
»Du hättest mich wecken sollen!«
»Der Bote Domsti ist bereits unterwegs zu Brutstätte Swensi, um Malaban zu holen. Nein, nicht«, unterbrach sie mich mit einem hochmütigen Lächeln, als ich Anstalten machte, aus meinem Gewand zu schlüpfen. »Diesen Bitoo trägst du über dem Kleid, um dich vor rauem Wetter zu schützen.«
Ich errötete über meine Unwissenheit und zog mir gereizt den glatten Stoff über den Kopf. Er glitt an meinem Körper hinunter und fiel bis zu meinen Füßen. An meinen nackten Armen fühlte er sich weich und kühl an, wie Schlangenhaut.
»Warum ist dein Dämon gestern Nacht nicht gekommen, um den Drachenmeister zu unterwerfen?«, wollte Jotan wissen.
Mit einem Ruck blickte ich zu ihr hoch. Ich hatte vollkommen vergessen, dass Jotan während unserer Gefangenschaft einmal Zeuge der brutalen Macht geworden war, mit der sich der Geist meiner Mutter durch mich manifestiert hatte.
»Er ist verschwunden«, erwiderte ich brüsk. »Der Geist hat mich verlassen.«
»Warum?«
Ich zupfte die Ärmel meines Bitoo zurecht, um sie nicht ansehen zu müssen. »Das weiß ich nicht.«
»Ah.« Sie durchschaute meine armselige Lüge, hatte jedoch keine Vorstellung, inwieweit meine Enthüllung die zukünftigen Ereignisse beeinflussen könnte.
Ihre Frage führte mich zu einer eigenen Frage an sie. »Ein Mann, der Wai Vaneshor von Xxamer Zu, hat euch vor noch nicht allzu langer Zeit einen Besuch …«
»Der Rebell Genrabi, ja. Ein ehemaliger Drachenjünger.«
»Du kennst ihn?«
»Ich sagte es dir doch schon: Seit meiner Flucht aus dem Kerker habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, alles zu wissen. Ich habe gewisse Diener dazu ausgebildet, mir bei der … Beschaffung von Informationen zu helfen.«
Ich nickte bedächtig. »Gen kam also her …«
»… mit der Bitte an Malaban, einem Adligen, der aus Xxamer Zu vertrieben werden sollte, einen einflussreichen Posten zu beschaffen. Damit die Einrichtung und die Steine des Hauses dieses Bayen als Tauschobjekt für den Erwerb eines Reittiers aus Brutstätte Diri verwendet werden konnten. Ein sehr dummer Plan, wenn ich das hinzufügen darf, da ja der Verkauf von ein paar Sklaven genügt hätte.«
Entweder waren ihre Spione sehr gründlich, oder aber Malaban hatte wirklich keine Geheimnisse vor ihr. Ich vermutete Ersteres. Ein Handelsbaron, der an einem Aufstand beteiligt war, würde wohl kaum bereitwillig sein gesamtes Wissen mit einer Süchtigen teilen, die vom Tempel drachengiftabhängig gemacht worden war und jetzt von ihm gesucht wurde.
»Weißt du, wohin Gen von hier aus gegangen ist?«, fragte ich Jotan. Ich bemühte mich um eine ausdruckslose Miene, während ich ihr Gesicht scharf beobachtete. Wer Geheimnisse sammelt, hat selbst auch welche. »Er ist nie nach Xxamer Zu zurückgekehrt.«
»Er wollte auch nicht nach Xxamer Zu.« Ihre Miene verriet ihr Vergnügen daran, dass sie mehr wusste als ich. »Er ist direkt nach Cuhan geflogen.«
»Nach Cuhan?« Ich griff nach dem Wasserkrug auf dem Tisch neben mir. »Zur Brutstätte Cuhan?«
»Es gibt nur diese eine.«
Ich schenkte Wasser in meinen Becher, während meine Hände sichtbar zitterten. »Hat Gen dir den Grund verraten?«
»Nein. Möchtest du meine wohlbegründete Vermutung hören?«
Ich war über ihren entzückten Ton nicht einmal verstimmt. Ich nickte nur und trank einen Schluck von dem mit Minze versetzten Wasser.
Jotans Augen funkelten. »An dem Tag, an dem Genrabi abflog, brodelte die Stadt von Gerüchten, dass Lupini Re seine Djimbi Wai-Ebani aus Sicherheitsgründen nach Liru gebracht hätte. Im Anschluss daran soll er sich die Herrschaft über Brutstätte Cuhan gesichert haben, angeblich, weil diese Brutstätte dir, der Drachenhure, Unterschlupf auf dem Drachensitz gewährte. Die Leute lieben es, dich zu hassen, Zarq. In diesem einen Punkt sind sich die Bayen, die Ikap-fen und der Tempel einig: Sie alle schreien nach deinem Tod.«
Ich trank noch mehr Wasser und zwang meine Hände zur Ruhe. Vor allem ein Satz, den Jotan soeben geäußert
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