Das Gift der Drachen Drachen3
ließ.
Krallen zerfetzten das Strohdach. Der Gestank eines erregten Drachen drang mir scharf in die Nase. Eine Zunge zuckte wie eine Peitsche durch die Luft über mir. Ich roch Gift.
Dann war der Drache verschwunden.
Ich hob den Kopf und spie Stroh aus. Ich sah, wie … Dinge von dem Rücken der feindlichen Drachen fielen, Dinge, die aussahen wie große, seidene Schirme, die zu Boden sanken, im Zentrum von Xxamer Zu, in der Nähe des Tempels.
Entsetzen durchzuckte mich, als ich ihre Bedeutung begriff. Ich packte Malaban am Arm, der neben mir bäuchlings auf dem Dach lag, während über uns Drachen kreischend miteinander kämpften, Bolzen, Pfeile und Speere durch die Luft pfiffen und Menschen starben. »Malaban, sieh dort! Kratt setzt Leute in Xxamer Zu ab!«
»Unsere Soldaten werden sich darum …«
»Nein, du verstehst nicht! Kratt hat meine Schwester in die Brutstätte geflogen, um das Auftauchen des Himmelswächters zu provozieren!«
Malaban starrte auf die grauen Schirme, die nach Xxamer Zu herunterschwebten. An Seilen hing unter jedem Schirm eine Person. Ob es ein Soldat war, der vorhatte, die zundertrockenen Gebäude anzuzünden und dann im Nahkampf weiterzukämpfen …
… oder eine Frau unter ihnen war, deren bloße Gegenwart das Auftauchen eines mächtigen Geistes heraufbeschwören würde …
Ein ohrenbetäubender Schrei gellte durch die Luft, und der Gestank verfaulenden Fleisches legte sich wie eine schwarze Wolke über die Brutstätte.
Da war sie, meine Mutter, der Geist, prachtvoll anzusehen in ihrer Größe und Wut, als sie über Xxamer Zu hinwegfegte. Sie stieß die Drachen in ihrem Weg einfach mit ihrem Körper zur Seite, als wären es lästige Stechmücken, und ihre schmalen Schwanzfedern schlugen durch die Luft wie die Riemen einer unvorstellbar großen Peitsche, während ihr zähneblitzender Schnabel Drachenflügel zerfetzte. Sie schwenkte ab, kam zurück und stürzte sich mit ausgestreckten Klauen auf unsere Infanterie, riss zwei blutige Pfade durch das Meer aus Soldaten. Leichen und Körperteile wurden durch die Luft geschleudert.
Malaban rappelte sich auf und zog mich hoch. Die beiden Soldaten, die uns bewacht hatten, lagen ein paar Schritte von uns entfernt auf dem Dach. Der eine war von einer Drachenkralle enthauptet worden. Drachenjünger Gen lag bäuchlings einen halben Meter neben ihm, bespritzt mit Blut. Ob es sein eigenes oder das des Soldaten war, wusste ich nicht. Aber er war am Leben, richtete sich schwankend auf die Knie auf. Das Gebrüll der kämpfenden Soldaten war fast ohrenbetäubend.
Ich reagierte schnell und hob das Schwert des getöteten Soldaten auf.
»Gen!«, schrie ich. Er erstarrte in der Hocke, als die Spitze meines Schwertes seine Kehle berührte. »Hör mir zu! Du wirst meiner Schwester nichts tun, verstanden? Wir werden sie aus der Brutstätte fortschaffen, das ist alles!«
»Lass das Schwert sinken, Zarq!«, brüllte Malaban. Er hatte immer noch den Dolch in der Hand.
Der Geist sank zu einem neuen Angriff herab und zerfetzte mehrere Drachen mit einem einzigen Hieb seiner Klaue.
»Wir verschwenden Zeit!«, stieß ich hervor. »Steh auf, Gen. Langsam! Gut. Und jetzt zur Leiter!«
Während meine Klinge zitternd gegen seine Kehle drückte, trat Gen langsam zu der primitiven Leiter, die am Dach lehnte.
»Du kannst sie nicht beschützen, Zarq!«, dröhnte er. »Sie ist der Feind.«
»Wir suchen sie und schaffen sie aus der Brutstätte!«, gab ich eigensinnig zurück.
Ein Brandsatz explodierte in der Nähe des Arbiyesku, und das Dach unter uns erbebte heftig.
»Chinion!« Malaban bückte sich, packte das Schwert des anderen Soldaten und warf es Gen zu. Der drehte sich blitzschnell von meiner Klinge weg, fing das Schwert am Griff auf, und im nächsten Moment prallten unsere Waffen klirrend zusammen, einmal, zweimal, dreimal. Ein blendender Wirbel aus Stahl.
Die Schläge erschütterten meinen Arm und kugelten mir fast die Schultern aus. Mir verschwamm alles vor Augen, aber ich hatte beim Drachenmeister von Re gelernt, und Gen war noch geschwächt von der Folter. Deshalb konnte ich mein Schwert festhalten. Wir lösten uns voneinander und umkreisten uns langsam.
»Du denkst mit deinem Herzen, Zarq, nicht mit deinem Verstand!«, keuchte Gen. »Bei der Liebe der Schwingen, hör doch, wie viele um uns herum sterben! Wirst du zur Verräterin werden und deine eigene Brutstätte vom Feind erobern lassen, nur wegen Kratts Ebani?«
»Sie muss nicht sterben!«
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