Das Gift der Drachen Drachen3
Stroms. Die eitrigen Blasen an meinen Händen, Knien und Füßen verheilten.
Savga hatte sich unmittelbar hinter die Schädelkuppe der Kreatur gesetzt. Grüne Schlingpflanzen wanden sich um ihre Beine und ihren Oberkörper. Sie sah mich strahlend an.
»Sieh nur, was Mama tun kann!« Sie klopfte auf die Schlingpflanzen. »Und sieh, was sie für Agawan gemacht hat!«
Eine Wiege aus Ranken. In der das Baby friedlich schlief, so unglaublich das auch sein mochte.
Aber ich war beunruhigt und irritiert, dass Savga von Lianen festgehalten wurde. Meine Sorge schien sich deutlich auf meinem Gesicht abzuzeichnen, denn Savga sah mich verärgert an. »Wie sollen wir denn sonst hier oben bleiben, wenn sie fliegt, heho?«
Nachdem ich mich gesetzt hatte, schlangen sich auch um meinen Körper Lianen. Sie fühlten sich samtig und warm an. Ihre schlangenartigen Bewegungen waren unangenehm sinnlich, als sie sich um meine Waden und Oberschenkel wanden.
Diese Lianen waren Extremitäten des Himmelswächters, und der Himmelswächter war einmal Tansan gewesen, eine Frau, nach der mich gelüstet hatte. Die intime Berührung trieb mir die Röte in die Wangen.
Das feste, dicke Geflecht aus Lianen umschloss mich schon bald bis zum Schlüsselbein und stützte meinen Nacken.
»Halt dich fest!«, schrie Savga. »Das wird dir gefallen!« Ich spannte mich an, wir erhoben uns, und dann ritten meine beiden Kinder und ich einen Wächter des Himmlischen Reiches in die Freiheit und zum Sieg.
EPILOG
U nter meiner Anleitung, die Savga durch ihr Lied weiter gab, vernichtete der Himmelswächter Kratts Infanterie und den Rest seiner Drachenkämpfer. Der geschlagene Feind zog sich eiligst zurück. Die Rückzugssignale seiner Hörner schmetterten gleichzeitig den Sieg für den Großen Aufstand heraus.
Das Erste, was die Imperiale Armee sah, als sie aus dem Dschungel hervorstürmte, waren der Himmelswächter und die fliehenden Streitkräfte des Tempels. Ohne nennenswerten Widerstand ergaben sich die gesamten Truppen des Imperiums unseren wartenden Soldaten.
Auf meine Bitte hin flog der Himmelswächter anschließend zur Tempelanlage, zu den Dächern der Gebäude der Drachenjünger von Xxamer Zu, wo der Rat der Sieben von seinem verglasten Observatorium aus beobachtete, wie Savga und ich, mit einem schlafenden, zufriedenen Agawan auf dem Arm, die grüne Rampe von dem gesenkten Hals und Schnabel der unsterblichen Kreatur hinabstiegen.
Der Himmelswächter schwang sich danach nicht in das Firmament empor, oh nein. Er verschwand einfach, war plötzlich weg, und mit ihm erloschen alle Feuer, die in Xxamer Zu wüteten.
Savga weinte bitterlich und klammerte sich an mich.
Danach sahen wir den Himmelswächter nie wieder. Das heißt, keiner außer Savga sah ihn, und sie sah ihn nur in ihren Träumen.
Ich würde gern sagen, dass Malacar sich nach all den Toten an diesem Tag radikal zum Besseren wandelte, aber das Leben funktioniert nicht so. Der Glaube der Menschen und ihre Wünsche unterscheiden sich aus einer Myriade von Gründen: Erziehung, Herkunft, Status, Gesundheit, Bedürfnisse, Kultur, persönliche Marotten, Familieneigenarten. Ängste. Grenzen. Erfahrungen oder der Mangel an solchen. Die Menschen reagieren aus all den oben genannten Gründen heftig und unterschiedlich auf neue Situationen, und viele Emotionen spielen dabei eine Rolle. Aus den gleichen Gründen streiten sich die Menschen auch.
Leben ist Veränderung. Wachstum ist nur eine Möglichkeit. Man muss sehr genau entscheiden.
Zwei Wochen nach dem Großen Aufstand floh der Ashgon aus Lireh. Seine Flucht löste einen Exodus der Großgrundbesitzer aus, die zum Archipel zurückkehrten.
Politische Fraktionen bildeten sich. In den nächsten acht Jahren stand Malacar immer wieder am Rand eines vernichtenden Bürgerkriegs. Vielleicht wird das auch in den folgenden Jahrzehnten so sein. Ich weiß es nicht. Vielleicht höre ich ja, wie es meinem armen, belagerten Land ergeht, dort, wo ich das xxeltekische Handelsschiff am Ende verlasse, während es an der Küste von Xxeltek auf und ab segelt und Handel treibt. Aber für den Moment bin ich damit zufrieden, nichts zu wissen.
Ich verdiene mein Geld als Matrose und schreibe, in ruhigen Momenten auf dem Ozean, diese Geschichte auf, die manche Memoiren nennen würden. Das Schiff und der Kapitän, der es führt, eine beeindruckende Xxeltekin, die mir vor vielen Jahren von Jotan Bri vorgestellt wurde, sind mein Zuhause geworden.
Savga und Agawan wollten
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