Das Gift der Drachen Drachen3
empfinden nicht gerade Liebe für die Bayen oder den Imperator. Es gibt sicher noch mehr wie sie. Ich will all ihre Namen.«
»Warum?« Das Wort, das Savga benutzt hatte, ging mir durch den Kopf. Myazedo.
Er klatschte unmittelbar vor meinem Gesicht in die Hände. »Warum, warum, warum! Habe ich dich denn gar nichts gelehrt?«
Einen Moment kämpfte ich gegen den Drang an, seine Hände wegzuschlagen. »Ihr dürft diese Menschen nicht in Gefahr bringen!«, fuhr ich ihn an.
Seine Augen traten fast aus ihren Höhlen. »Das ist mein Volk! Glaub ja nicht, du kannst mir sagen, was ich tun darf und was nicht, Aosogi-Balg!«
Seine von geplatzten Blutäderchen marmorierten Augen glichen denen einer wilden Kreatur aus einer übernatürlichen Welt. Ich erwiderte seinen Blick mehrere Herzschläge lang, bevor ich meinen Kopf senkte. »Ich weiß, dass ich keine Djimbi bin«, murmelte ich. »Aber sie haben mich in ihren Clan aufgenommen. Und das hier ist meine Brutstätte. Ich werde nicht zulassen, dass ihnen etwas geschieht.«
»Idiotischer Welpe!«, zischte der Drachenmeister, aber sein Erstaunen nahm den Worten etwas von ihrem Gift. »Was ich mache, tue ich, um uns von der Knute des Tyrannen zu befreien!«
Ich blieb stumm und starrte weiter seine schwieligen Füße an.
»Also gut!«, spie er wütend hervor, während ich mich zusammenriss, um nicht zurückzuzucken. »Ich werde noch herausfinden, was sie miteinander tuscheln. Leb du nur weiter mit der Illusion, dass diese Menschen glücklich und zufrieden sind. Fein. Leb du mit diesem Wissen um deinen dürren Hals, bis es dich erwürgt.«
Grob packte er mein Kinn und hob es an, damit ich ihn ansah. Erneut überkam mich das Bedürfnis, seine ledrigen Hände wegzuschlagen.
»Von der Tochter des Himmelswächters wird mehr verlangt als bloßes Schweigen!«, zischte er. »Viel mehr. Ich werde dir Feuer unter den Füßen machen, bis es lodert und dich verzehrt. Damit du mir hilfst, Rishi Via. Das werde ich tun. Ich werde dich zwingen, deine Bestimmung zu erfüllen.«
Wir starrten einander an. Aus seinen Augen sprühten Frustration, Verachtung und Wut, während in meinen Abneigung und Trotz glühten.
Abrupt ließ er mein Kinn los. »Geh zur Seite«, knurrte er, während er zuckte wie eine schleimige Kröte, die man mit einem Stock aufgespießt hatte.
»Nein!«, entgegnete ich. Gewiss, ich hatte Angst vor ihm, wenn er mir so nah war, vor dem Wahnsinn, der aus seinem Blick schäumte, aber ich konnte den Mund nicht halten, auch wenn es besser gewesen wäre. Es war diese verfluchte Unverschämtheit, ein Erbe meiner Mutter, die sich wie immer Bahn brach.
Er erstarrte. Ich schwöre, dass seine Augen glühten.
»Wir sind doch angeblich hier, um uns zu paaren«, stieß ich hervor, während ich die Nasenflügel blähte. »Selbst der kürzeste Fick dauert länger als das hier.«
Es verstrich eine scheinbar unendliche Zeitspanne, in der er am Rand eines rasenden Wutanfalls schwebte und mit seinen inneren Dämonen um seine Selbstbeherrschung rang.
Schwer atmend trat er schließlich von mir zurück. Die krummen Beine gespreizt, die Hände krampfhaft zu Fäusten geballt, wartete er eine angemessene Zeit – so lange, wie ein Mann brauchen mochte, um seinen Samen in den Leib eines Weibes zu ergießen. Dann deutete er mit dem Finger zur Tür: wir sollten gehen.
Während dieser ganzen Zeit durchbohrte er mich mit seinem glühenden, animalischen Blick.
5
V on den benachbarten Rishi-Kus durch ein Meer von Jute, Featonfeldern und Brachland isoliert, war das Kokon-Lagerhaus eine regelrechte Insel.
Folglich ein guter Ort, um zu verschwinden.
Wind. Das Fiepen von Nagetieren und Kindergeplapper. Das Wispern und Rauschen von langgrannigen Getreideähren unter einem harten, leeren blauen Himmel. Ich kam mir auf dieser wogenden Ebene ungeheuer winzig vor, Tag für Tag der sengenden Sonne und den Myriaden Sternen des Nachthimmels ausgesetzt. Winzig, aber relativ sicher vor dem Arm des Tempels.
Nach wenigen Tagen gewöhnte ich mich an den Rhythmus des Lebens hier draußen, wobei mir die Vorstellung half, die Sicherheit meiner Kindheit zu erleben.
Lange vor Tagesanbruch weckten mich die Wasserträgerinnen; die Frauen, deren Pflicht darin bestand, Urnen auf den Köpfen balancierend viele staubige Meilen durch die Dunkelheit zum Sangsusif Chodo zu gehen, dem Barmherzigen Fluss. Kurz vor Sonnenaufgang kehrten sie zurück, weckten ihre Kinder, die dann gähnend auf das Kadoob-Feld des Arbiyesku
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