Das Gift der Drachen Drachen3
Jäger, Räuber.
Meinen beiden Drachen schwanden die Kräfte. Die schrecklichen Wunden an ihren Nüstern hatten sich von dem Dreck entzündet, mit dem sie, als sie die Schnecken gefressen hatten, in Berührung gekommen waren, von den Insekten, die am Vortag um ihre Köpfe gesummt waren, und von der schwülen, heißen Feuchtigkeit des Dschungels, in der Krankheiten und Seuchen gedeihen. Ganze Trauben von harten, mittlerweile faustgroß geschwollen Knoten hatten sich über Nacht um ihre Schnauzen gebildet, und die Drachen zeigten keinerlei Interesse an ihrer Umgebung mehr.
Wir blieben stehen, um uns zu erleichtern. Die Djimbi unterhielten sich gereizt. Schließlich deutete Langbein, die Frau, welche die Escoas mit ihrem Lied verzaubert und die ich wegen ihrer langen schlanken Beine so genannt hatte, wütend auf mich. Sie wollte, dass ich die Sättel der Drachen selbst trug, um ihnen das Fortkommen zu erleichtern.
Ich hasste die Art, wie ihre bernsteingelben Augen glühten, als sie mich unter ihrer grünen Mähne anstarrte. Ich hasste ihre sehnige Kraft, ihre Sicherheit, ihre animalische Anmut. Ich hasste ihren gerechtfertigten Ekel angesichts des Zustands meiner Drachen.
Am meisten jedoch verabscheute ich die Furcht, die sie in mir auslöste, meine Angst, weil ich nicht wusste, ob sie mich gefangen nehmen und was mein Schicksal sein würde.
Um die Wahrheit zu sagen: Ich hätte diese verdammten Sättel getragen, wenn ich es vermocht hätte. Und das nicht nur, um den Escoas ihr Los zu erleichtern, sondern um meinen Mut durch diese Zurschaustellung von Stärke aufzubauen. Hätte ich nicht ohne Nahrung und Wasser mehrere Tage in einer Zelle verbracht, bevor ich von einem Sturm überrascht und dann gefangen genommen worden war, hätte ich Langbeins Herausforderung angenommen und ihr ihre Verachtung vergolten, indem ich einen halben Tag zuerst den einen Sattel und dann bis zum Einbruch der Nacht den anderen getragen hätte. Früher einmal hatte ich genug Kraft besessen, um das zu bewerkstelligen, und dazu die entsprechende Kühnheit. Ich wusste, dass ich sie auch bald wieder erlangt haben würde. Aber hätte ich versucht, diese Sättel in meinem jetzigen Zustand zu schleppen, wäre das eine vergebliche Mühe gewesen und hätte mich nur gedemütigt. Ich war mittlerweile besonnen genug, um das zu erkennen.
Während ich innerlich noch vor Widerwillen, Schuldbewusstsein und Furcht kochte, erlitt ich einen Rückfall und wurde von den heftigen Qualen des Giftentzugs gepackt.
Der Anfall kam ganz plötzlich, jedenfalls kam es mir so vor. So etwas ist schwer zu beurteilen, wenn man vor Erschöpfung und Hunger ausgelaugt und voller Hass ist. Ich trottete neben Schweinsnase dahin, die in eine Art von Elend versunken war, die alles andere ausschloss bis auf die Notwendigkeit, unablässig einen Fuß vor den anderen zu setzen. Im nächsten Moment lag ich auf dem Rücken, schüttelte mich in Krämpfen, schwitzte, wurde von quälenden Magenschmerzen gepeinigt, während sich mein Rücken wie ein Bogen krümmte. Das Blätterdach des Dschungels kreiste schwankend über mir. Meine Fingernägel gruben sich in weichen, feuchten Lehmboden. Meine Fersen trommelten auf die Erde; dann wurde ich so schlaff wie ein ausgenommener Vogel und übergab mich. Tränen strömten aus meinen Augen.
Beim nächsten Anfall verkrampften sich alle Muskeln in meinem Körper; ich versteifte mich wie ein Stock, wand mich in Zuckungen auf dem Boden, hatte Lehm im Mund, modernde Blätter auf den Wangen und Schlingpflanzen um den Hals.
Undeutlich bemerkte ich, wie die Djimbi einen weiten Kreis um mich bildeten.
In diesem Moment roch ich ihn, während ich mich auf dem Boden wand und zusammenrollte: den verruchten, öligen Süßholz-und Limonenduft von Drachengift. Der Geruch war so real wie die quälenden Krämpfe, in deren Gewalt ich mich befand.
Mit einem heiseren Schrei sprang ich auf. Die Djimbi erstarrten. »Wo ist es?«, schrie ich. »Wo?«
Langbein warf mir etwas in den Schoß. Es war eine Lederblase, die so runzlig und schlaff aussah wie der Hodensack eines Eunuchen. Die Djimbi redeten kurz miteinander, dann näherten sie sich mir und hockten sich im Kreis um mich herum, bis auf Langbein, die mich mit einer derartigen Überheblichkeit ansah, dass ich ihr diesen Ausdruck am liebsten aus dem Gesicht geohrfeigt hätte.
Meine Hände zitterten so stark, dass ich den Trinkbeutel zweimal fallen ließ bei dem Versuch, ihn an den Mund zu heben. Ich saugte daran,
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