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Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)

Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)

Titel: Das Gift der Schmetterlinge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.E. Higgins
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Verachtung in der Stimme (was aber nicht heißen soll, dass sie nicht so gut erzogen war wie ihr Mann), »ich wollte Euch etwas fragen, doch fürchtete ich, Ihr seid bereits auf der Jagd.«
    »Ach, nein«, lachte Lord Mandible – es war ein dünnes Kichern, wie man es vielleicht von einer Maus erwarten würde, wenn eine Maus lachen könnte. Er setzte sich in einen Sessel, den er bisher noch nicht gesehen hatte (er gehörte zu Lady Mandibles letzten Neuerwerbungen). »Ich habe mir bloß an meinem Instrument die Zeit vertrieben. Habe ich Euch schon erzählt, dass mein Lehrer sagt, ich sei begabt wie kein anderer?«
    »Das glaube ich gern«, sagte sie gelassen. »Ich jedenfalls habe dergleichen noch nie gehört.«
    Mandible schien entzückt. Er schlug die Beine übereinander, löste sie wieder und kreuzte sie noch einmal, alles Bewegungen, die seine Satinhosen beängstigend knistern und rascheln ließen. »Was möchtet Ihr mich fragen?«
    »Ich möchte gern wissen, ob Ihr ein Borstenrückenschwein heranschaffen könnt, sozusagen als Krönung unserer Festtafel, oder ob ich einen der anderen Jäger schicken muss … wie gewöhnlich. Es sind immerhin nur noch ein paar Tage Zeit.«
    »Keine Sorge, meine Teuerste«, erwiderte Mandible. »Ich werde das Schwein bringen. Ich bin überzeugt, dass sich mein Glück jetzt wenden wird.«
    »Ihr hättet vielleicht mehr Glück mit Eurer Muskete, wenn Ihr damit auf einige dieser Wilderer schießen würdet«, sagte Lysandra amüsiert. »Ich glaube nicht, dass die so schnell laufen können wie Schweine.« Sie warf den Kopf zurück und lachte spöttisch, was bei ihren besorgten Mädchen eine kleinere Panik auslöste. Wenn sie an vergangene Unternehmungen ihres Mannes dachte, bezweifelte sie seine Behauptung eher – trotz seiner idiotischen Beharrlichkeit und seines Optimismus. Für den Notfall hatte sie längst einem ihrer eigenen Jäger befohlen, ein Schwein zu schießen. Doch sie konnte nun mal keine Gelegenheit auslassen, ihren Mann an seine Unzulänglichkeiten zu erinnern.
    Lord Mandible verließ hastig das Zimmer und ihr schrilles Gelächter klang ihm noch lange in den Ohren. Er würde es ihr schon zeigen und auch seinen Vater würde er mit Stolz erfüllen. Er war wild entschlossen, ein Schwein zu erlegen. Letzte Nacht hatte er einen wunderbaren Traum vom Mittwinterfest gehabt. Er hatte an der Stirnseite der Tafel im großen Speisesaal gesessen und direkt in die toten Augen eines gebratenen, fettglänzenden Borstenrückenschweins geschaut. Ihm war, als wollte es sagen: »Gewonnen, Euer Lordschaft. Letztendlich habt Ihr mich erwischt.«
    Der Traum gipfelte in einem lärmenden Trinkspruch, und als Mandible aufgewacht war, klangen ihm noch das Zusammenstoßen der silbernen Kelche und die Hurrarufe der Adligen in den Ohren. Und mit ein wenig Vorausplanung können Träume wahr werden! Bei nächster Gelegenheit würde er mit diesem Schmetterlingsjungen sprechen, beschloss er. Schließlich war im ganzen Haus bekannt, dass der immer gern einen Extraauftrag übernahm.
    Gereizt scheuchte Lady Mandible ihre Mädchen aus dem Zimmer und ging in ihr Schlafgemach. Sie streckte sich auf dem Bett aus, starrte auf den silbrig schimmernden Seidenhimmel über ihr, und während sie über die Frage des Barons nachdachte, verzogen sich ihre Lippen zu einem leichten Lächeln.
    Sie musste tief seufzen bei ihren Überlegungen.
    Er war ohne Frage ein charmanter Mann, schlagfertig und gut aussehend, wenn auch mit einem etwas kantigen Profil – aber konnte man ihm trauen? Lady Mandible war zu dem Entschluss gekommen, dass ihm nicht zu trauen war. Sie bedauerte nicht etwa, ihn engagiert zu haben – er war ihr sehr nützlich gewesen –, außerdem amüsierte sie sein ulkiges Gehabe mit seinen Glasaugen und der knallbunten Garderobe. Doch nun neigte sich Bovriks Lebensdauer dem Ende zu. Seine übereifrige Art und seine aufopfernde Hingabe konnten nicht länger wettmachen, dass er ihr inzwischen ausgesprochen unangenehm war. Ständig hing er an ihrer Seite, fortwährend pflichtete er ihr bei, streichelte die Samtvorhänge, fuhr mit der Hand über die Teppiche und verströmte dabei überall seinen widerlichen Zitronengeruch. Sie hatte es satt. Und dann dieser Blick in seinem gesunden Auge, wenn sie ihm etwas abschlug – wie ein Hündchen, das man geschlagen hatte. Igitt! Sie konnte es nicht ertragen. Es machte ihn zu einem Waschlappen. Der Gedanke ließ sie schaudern. Nie wäre sie dort, wo sie heute war,

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