Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)
Seite und mit einem Kissen zwischen den Waden. Ich kuschelte mich an ihre Gestalt und schmiegte die Beine in ihre Kniekehlen, legte mein Gesicht zwischen ihre Schulterblätter und atmete ihren Geruch ein, der so viel Ähnlichkeit mit dem ihres Bruders hatte. Ich zog sie an mich und spürte, wie ihre Rippen sich sanft hoben und senkten. Ich legte die Hand auf die gespannte Haut ihres geschwollenen Bauchs und schrie leise auf, als ich das zarte Strampeln ihres ungeborenen Kindes fühlte.
Wenn ich sie am Ellenbogen festhielt, fühlte Biba sich kräftig genug, um einmal am Tag in ihrem Viertel spazieren zu gehen– oder zu watscheln. Sie war schnell außer Atem und blieb alle paar Hundert Meter stehen, um sich keuchend an eine Wand zu lehnen, bis sie sich wieder imstande fühlte weiterzugehen. Bei jedem Luftschnappen, jedem Zusammenzucken war ich sicher, dass jetzt die Wehen einsetzen würden.
» Wo wirst du das Kind eigentlich kriegen?«, fragte ich. Wir saßen bei einem fettigen Frühstück in einem Café in Kentish Town, als mir plötzlich auffiel, dass sie noch nie von einer Hebamme oder einer Klinik gesprochen hatte. Ich hatte die Vorstellung, dass Frauen von Bibas Statur irgendwie unter professioneller medizinischer Überwachung stehen und eine gepackte Tasche in der Diele bereithalten müssten.
» Ich hab mir das alles geklemmt.« Sie drückte ein dreieckiges Stück Toast in ihr Ei und sah zu, wie der Dotter auf den Teller sickerte.
» Biba!«
» Was denn? Du kreuzt einfach in der Notaufnahme auf, und sie nehmen dich. Oder du rufst einen Krankenwagen. Solange es mir gut geht– und mir geht es gut–, gibt’s doch kein Problem, oder? Nina hat Gaia in einer Lehmhütte irgendwo in Malaysia bekommen, und alles ist in Ordnung.«
» Ja, aber Nina hatte Inigo schon, und sie wusste, wie es ist, wenn man ein Kind kriegt. Und überhaupt geht es darum nicht mal.«
» Wenn ich in eine Klinik komme, können sie mich ja nicht wegschicken, oder? Ich krieg das schon hin. Hab noch immer alles hingekriegt.« Sie stemmte sich vom Stuhl hoch, im gleichen Maße schwerfällig, wie sie einmal anmutig gewesen war. Auf dem Heimweg mussten wir zweimal Pause machen.
» Ich hasse es, dauernd zu Fuß zu gehen«, sagte sie. » Ich wünschte, wir hätten dein Auto noch.« Die plötzliche Erinnerung an den Schlüssel im Innenfach meines Rucksacks ließ mich so unvermittelt stehen bleiben, dass eine Rentnerin mit einem Einkaufswägelchen mir in den Rücken prallte.
» Du hast Glück«, sagte ich.
Wir brauchten drei Busse bis zu der Garage, wo ich im September meinen Wagen eingestellt hatte. Zu meinem Erstaunen erkannte mich der Mann, der mir die Garage vermietet hatte, sofort.
» Gelber Fiat«, sagte er, bevor ich den Mund aufmachen konnte. » Ich vergesse nie ein Gesicht oder ein Auto. Was haben Sie da eigentlich drin versteckt? ’ne Leiche?«
» Sehr komisch. Nichts derart Interessantes. Ist alles okay?«
» Na ja, er hat sich nicht in einen Mercedes verwandelt, während Sie weg waren«, sagte er, und Biba stimmte in sein keuchendes Gelächter ein. Er klirrte demonstrativ mit seinem Gefängniswärterschlüsselbund, öffnete das Vorhängeschloss und schob das rostige Garagentor hoch. Dahinter stand mein kleines gelbes Auto. Es war von einer Schmutzschicht überzogen, aber im Tank war immer noch Benzin. Der Sticker auf der Frontscheibe wies nach, dass die Steuer bis April bezahlt war, und die Papiere lagen im Handschuhfach, wo ich sie zurückgelassen hatte. Ich nahm meinen zerknickten Führerschein heraus und steckte ihn ins Portemonnaie.
Ich schob den Beifahrersitz zurück, damit Bibas Bauch Platz hatte. Sie hangelte sich in den Wagen, und das Fahrgestell senkte sich um eine Handbreit. Das Benzin reichte vielleicht noch, aber ich würde auf alle Fälle ein bisschen Luft in die Reifen pumpen müssen, bevor wir die Rückfahrt nach Nordlondon wagen konnten.
» Hilfe«, sagte Biba. Sie klemmte fest zwischen Rückenlehne und Armaturenbrett. Ich griff zwischen ihren Beinen nach unten und zog den Hebel hoch, sodass der Sitz auf seinen Schienen noch weiter nach hinten glitt und sie wieder atmen konnte.
» Wenn ich doch bloß gewusst hätte, dass er hier ist«, sagte sie. » Ich hätte schon monatelang damit fahren können. Der öffentliche Nahverkehr macht keinen Spaß, wenn du schwanger bist.«
» Du könntest gar nicht fahren«, sagte ich. » Sieh dich doch an. Du passt nicht hinter das Steuer. Du bist viel zu dick.«
» Ich
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