Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)
wieder abnehmen.«
Biba hatte sich eine Gameshow angesehen. Ihr Wohnungsnachbar sah dasselbe Programm, und der Ton war durch die Trennwand zu hören.
» Wie bezahlst du das hier überhaupt?«, fragte ich.
» Arouna hat das geregelt«, sagte sie. » Irgendein Beschiss mit dem Wohngeld. Eigentlich kapiere ich es selber nicht, aber im Grunde läuft es so, dass Arounas Freund so tut, als kassierte er Miete von mir, und dafür kriege ich die Beihilfe. Tja, wer hätte gedacht, dass ich am Ende von Sozialhilfe abhänge? Ich sollte inzwischen weltberühmt sein.«
» Ich nehme an, dass du nicht mehr als Schauspielerin arbeitest.«
» Na ja, ich habe meinen Agenten noch, so einigermaßen jedenfalls. Begeistert war er nicht. Die Absicht ist weiterzumachen, wenn das Baby auf der Welt ist.«
» Es wundert mich, dass du beschlossen hast, es zu behalten.«
» Ich wusste es ja ewig nicht. Ich hab solche Sachen nicht im Auge behalten, und als ich es dann merkte, war ich schon… da hatte es… Guy war da schon tot, und ich dachte, na ja, das ist das Mindeste, was ich tun kann.«
» Was sagt Rex dazu?« Es war seit Monaten erst das zweite Mal, dass ich seinen Namen aussprach, und meine Stimme knickte unter seinem Gewicht ein.
Sie schüttelte den Kopf. » So dick bin ich eigentlich erst seit zwei Monaten, und so lange hab ich ihn nicht mehr gesehen.« Ich ließ den Kopf in meine Hände sinken. Ich konnte das alles nicht verarbeiten. » Und mein Dad weiß es auch nicht. Die Einzigen, die es wissen, sind du und Arouna.«
Nina, fiel mir ein, hatte Arouna davon überzeugt, dass Gaia seine Tochter sei. » O Gott«, sagte ich. » Arouna glaubt doch nicht, es ist von ihm, oder?«
Ich hatte vergessen, wie sehr ich ihr glockenhelles Lachen vermisst hatte.
» Karen, sei nicht albern.«
» Wieso? Hier kann mich keiner mehr überraschen.«
Der Abspann der Gameshow plärrte aus der Wohnung nebenan herüber. Ich hörte, wie der Fernseher abgeschaltet wurde, und das Rauschen des Wassers, als jemand den Kessel aufsetzte.
» Ich bin so froh, dass du wieder da bist«, sagte sie. » Rex wird sich auch freuen. Wir haben dich vermisst. Ich meine, wir haben ja verstanden, weshalb du dich ferngehalten hast.«
» Du hast doch gesagt, wir könnten uns nicht mehr wiedersehen!«, rief ich. » Ich wollte nicht weg. Ich wollte dableiben und euch beiden helfen.«
» Ja, aber so war es doch am besten, oder? Du warst die Einzige, der niemand irgendetwas vorwerfen konnte, und du bist überhaupt nicht in die Sache hineingezogen worden, oder?«
Während du, dachte ich, mit einem Mord davongekommen bist. » Wie geht’s ihm?« Diesmal brachte ich seinen Namen nicht über die Lippen.
» So gut, wie man es erwarten kann, wenn man bedenkt, dass sie ihn nach Südlondon geschickt haben. Ich finde, das ist ziemlich grausam von ihnen. Er ist so sehr ein Nordlondoner.« Kam es wirklich darauf an, auf welcher Seite der Themse man saß, wenn man das Wasser in den nächsten zwanzig Jahren sowieso nicht sehen würde?
» Ich meine, wie geht es ihm mit sich selbst?«
» Er tut, was getan werden muss. Ist eben Rex. Er ruft mich an. Ich rufe ihn an. Wir reden oft über dich.«
Sie zündete sich die nächste Zigarette an. Ein Tadel steckte mir gallig in der Kehle.
» Was hast du jetzt eigentlich vor?«, fragte sie. » Ziehst du wieder in dieses Haus in Richmond?«
» Brentford«, korrigierte ich. » Ich bin erst heute Morgen zurückgekommen. Ich hatte nur den Plan, dich zu suchen, und jetzt, nachdem ich dich gefunden hab, weiß ich noch nicht, was ich tun werde.«
» Bleibst du bei mir?« Große Augen, kleine Stimme. » Bis das Baby da ist?«
» Möchtest du das?«
» Ja, bitte.«
Die Wohnung hatte nur ein Schlafzimmer. Ein Futon war umgeben von Bibas Kleidern, Flüchtlingen aus dem alten Haus. Sie platzten aus Müllsäcken, hingen im Kleiderschrank und an seinen Türen und an einer Plastikwäscheleine, die diagonal durch das Zimmer gespannt war.
» Zum Schlafen kannst du das hier anziehen.« Sie warf mir ein T-Shirt zu, das ich wiedererkannte.
» Das gehört Rex«, sagte ich und hielt es mir unter die Nase.
» Ich dachte mir, es würde dir gefallen.« Sie beugte sich zu einer Einkaufstüte auf dem Boden hinunter und hob sie auf. » Das hier habe ich auch für dich gerettet.« Es war das rote Kleid, jetzt zerknüllt und zu eng für mich. » Ich dachte mir, wenn ich es behalte, bringt es dich zu mir zurück, und das hat es auch getan.«
Biba schlief auf der
Weitere Kostenlose Bücher