Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)
war tiefschwarzer Onyx, und seine Nase war dick und fleischig. Wenn dieser Typ Gaias biologischer Vater war, dann war ich Bibas Schwester.
» Hallo«, sagte er, und in seinem starken Akzent erkannte ich westafrikanisches Französisch.
» Ça va? – Karen«, sagte ich. » Il fait beau ce soir, non?« Sein Gesicht kräuselte sich bei dieser unbeabsichtigten Beleidigung.
» Aus Respekt vor meinen Gastgebern wollen wir Englisch sprechen«, sagte er ernst.
» Oh, sorry. Natürlich. Also… du wirst Nina wohl vermissen, wenn sie weggeht?«
Sein Seufzer schien die Wände des Zimmers zu dehnen, und er begann mit einem hochemotionalen Bericht über seine Liebesaffäre mit Nina. Sein stockendes Englisch klang so gestelzt, dass ich mir auf die Zunge beißen musste, um nicht Französisch mit ihm zu sprechen. Er erzählte, er habe ihr in Camden Lock ein Chicken Tagine verkauft und sich auf der Stelle Hals über Kopf in sie verliebt. Die Zeit zwischen dem Schließen seines Standes, einem gemeinsamen Drink und dem Vollzug der Beziehung war offensichtlich sehr kurz gewesen. » In der Nacht haben wir mein kleines Baby gemacht. Als sie mir von Gaia erzählte, hab ich sie bei mir aufgenommen«, sagte er. » Sie und ihr kleiner Junge kommen zu mir und wohnen auf meinem Boot. Wir waren so glücklich. Als sie mich wegen Rex verlassen, bricht mir das Herz über Nacht.« Es sagte es, als sei dieses Tempo gefühlloser als der eigentliche Akt des Verlassens.
Arouna war der maskulinste Mann, mit dem ich je in einem Raum gewesen bin, aber vielleicht auch der am wenigsten sexualisierte. Alles an ihm, von den Gliedmaßen bis zu seinem Akzent, war breit und kraftvoll, aber im Gespräch wirkte er wie ein großes, dummes Kind. Ich fragte mich, ob er das war, was meine Mutter als » speziell bedürftig« bezeichnet hätte.
» Gerade noch ist mein Boot voller Babys, und im nächsten Moment trifft sie diesen Mann– diesen dünnen Mann–, und er bringt sie weg. Wir wollten zusammen in eine Wohnung ziehen. Sie hat die Briefe für mich geschrieben. Verstehst du? Sie war meine Frau .«
» Hör auf zu plärren, Arouna«, sagte die Stimme, die ich hören wollte. » Karen will nichts wissen von deinem gebrochenen Herzen.« Heute Abend sah Biba aus, als spreche sie für die Rolle einer East-End-Hausfrau in einem Spielfilm über den Blitzkrieg vor. Sie trug eine lockere, graubraune Schürze über einem T-Shirt, und ihr Haar steckte unter einer zerfransten grünen Seidenkappe. Ich fragte mich, ob die Zigarette, die an ihren Lippen baumelte und diesen Look vervollständigte, absichtlich hinzugefügt worden war. » Nebenan fragt Nina nach dir«, sagte sie. Arouna schob die Unterlippe vor, legte Gaia an seine Brust und trug das noch schlafende Kind ins andere Zimmer.
» Ist er wirklich ihr Dad?«, fragte ich.
» Bei Nina weiß das nur der Himmel«, sagte Biba. » Zutrauen würde ich es ihr.«
» Er kommt mir ein bisschen… langsam vor«, sagte ich vorsichtig. Ich wollte niemanden beleidigen, der eine enge Beziehung zu diesem Haushalt unterhielt. Ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen.
» Lieber Gott, der ist dumm wie Scheiße.« Biba klemmte sich die Zigarette zwischen die Zähne und zündete sie mit einem Streichholz an, während sie redete. Dann ließ sie sich auf das Bett fallen, und ich setzte mich neben sie. » Aber er ist ein Schatz. Und er war wirklich gut zu Nina. Er ist ein sanfter Riese. Ich mag sanfte Riesen.«
» Abrr isch liebe sie.« Ich ahmte seine raue Stimme nach. Biba klatschte entzückt in die Hände und ließ ihre Streichholzschachtel fallen.
» Das war brillant!«, sagte sie, und ich erwiderte ihr Lächeln, weil ich mich so sehr freute, dass ich sie zum Lachen gebracht hatte. » Du solltest Dialekt-Coach werden. Im Ernst– da ist haufenweise Geld zu verdienen. Du solltest dich mal informieren. Und dann könnten wir zusammen arbeiten! Du könntest mitkommen und mein persönlicher Coach sein, wenn ich in meinem Wohnwagen am Set in Hollywood bin. Das würde dir Spaß machen.«
» Kann sein«, sagte ich. » Aber lass mich erst mal mein Examen bestehen und einen sicheren Job finden. Dann können wir weitersehen.«
» Oh, Karen«, sagte Biba. » Du willst dich doch nicht auf diesen Kram mit Politik und Diplomatie einlassen. Das bist doch nicht du.«
Ihr Vertrauen in meine kreativen Fähigkeiten war schmeichelhaft, aber auch ärgerlich. Woher wollte sie wissen, was ich war und was nicht? Unsere Gespräche waren bisher in
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