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Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Titel: Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kelly
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der Capels, nicht allmählich an dich heran: Sie sprang dir ins Gesicht, mit der ganzen Unaufdringlichkeit einer Cola-Reklame. Muskeln spielten unter einer gleichmäßig gebräunten Haut, blaue Augen und volle Lippen beherrschten ein Gesicht, das nur wegen der kraftvollen Stirn und der klaren Konturen des Kiefers nicht weiblich wirkte. Fedrig geschnittenes blondes Haar umgab dieses Gesicht wie die Blütenblätter eines Gänseblümchens, die sich zur Nacht schließen wollten. Er hatte jetzt endlich seine Jacke ausgezogen. Darunter trug er eine Art ärmelloses Turnhemd mit einer aufgedruckten » 66«. Oberarm und Schulter waren von überlappenden Tattoos bedeckt. Ich sah multikulturelle Muster: ein Anker, das Wort » Mum« in einer Schriftrolle unter einem Herzen, chinesische Schriftzeichen, Maori-Symbole und keltische Knoten. Das alles zu stechen hatte stundenlange Schmerzen gekostet. Bibas überschattetes kleines Gesicht schaute zu ihm auf wie eine Sonnenblume zur Sonne, und immer wenn sie noch näher an ihn heranrückte, bluteten winzige Styroporkügelchen aus einem Riss in dem Sitzsack und kullerten auf dem Boden herum. In ihren dunklen Augen lag ein Ausdruck, den ich noch nie gesehen hatte. Keine Liebe, kein Humor, nichts von der Intimität, die Rex vorbehalten war – und mir. Was jetzt in ihnen funkelte, war weniger handfest, aber sehr viel betörender – etwas, das wir niemals erreichen würden.
    Rex wühlte geräuschvoll in einer Kollektion von CD s ohne Hülle, die auf dem Boden unter der Anlage verstreut lagen, bis ich wahllos eine aufhob und ihm in die Hand drückte. Gehorsam legte er sie in den Player, und aus den Lautsprechern kamen synthetische Klänge, langsam und ungegliedert. Guy fing an, einen Joint zu drehen, ohne die Hand von Bibas Schenkel zu nehmen. Eine Stimme in meinem Kopf, die nicht mir gehörte, kreischte: Nimm deine dreckigen Finger von ihr! Ich sah, dass Rex entschieden unbehaglich zumute war, und fragte mich, ob er die Stimme auch gehört hatte.
    » So…« Er atmete aus. » Da wären wir also.« Das Schweigen war kein verlegenes Schweigen gewesen, bis er gesprochen hatte, aber jetzt war es eins. Selbst eine steife Konversation, dachte ich mir, wäre jetzt besser.
    » Kräuter oder Chemie?«, fragte Guy und zeigte Biba zwei kleine Ziploc-Plastikbeutel. Der Inhalt des einen sah aus wie getrocknetes Basilikum, der andere enthielt ein weißes Pulver. Was immer es war, es war reichlich vorhanden, genug für eine ganze Party; aber es war klar, dass das Angebot nicht für mich und Rex galt. Er sprach über die Herkunft seiner Drogen, wie manche Leute mit begeisternden Worten von dem Weinberg schwärmen, aus dem ihr Wein stammt, und er erzählte Biba, sein Marihuana– Charis nannte er es– komme tatsächlich aus Thailand. Ich überlegte, woher Guy wohl kommen mochte. Seine eingestreuten Verschlusslaute und verschluckten Hs klangen in meinen Ohren gekünstelt. Die runden Vokale der Wohlhabenden schlüpften immer wieder durch die weiten Maschen seines Londoner Genäsels.
    » Ich geh mal pissen«, sagte er plötzlich und schlich sich hinaus. Seine Jacke nahm er mit.
    » Was meinst du?«, fragte sie. » Ist er nicht umwerfend? Ich glaube, ich hab hier einen neuen Komplizen gefunden.«
    Ich dachte, das wäre meine Rolle.
    » Was macht er denn in Wirklichkeit? Ich meine, abgesehen davon, dass er Drogen nimmt, mit Drogen dealt und über Drogen redet?«, fragte Rex. » Hat er einen richtigen Job?«
    » Das musst du gerade fragen, du Assi«, erwiderte Biba. » Wann haben wir denn angefangen, die Gehaltsabrechnung der Leute zu kontrollieren, bevor sie über unsere kostbare Schwelle treten?«
    » Ich will nicht, dass ein Dealer hier im Haus rumhängt.« Rex fegte die Sitzsackkügelchen mit den Händen zusammen und ließ sie in einen Keramikaschenbecher rieseln. » Und wie seine Freunde aussahen, hat mir auch nicht gefallen.«
    » Er dealt nur kleine Mengen, hier und da, unter Freunden. Er ist wohl kaum Carlos, der Schakal. Da brauchst du gar nicht die Augen zu verdrehen.« Sie reichte mir den Joint, und ich balancierte ihn sorgfältig zwischen Zeige- und Mittelfinger, bevor ich einen Zug nahm. Allmählich hatte ich den Trick heraus: Einen angenehm benebelten Zustand ohne Übelkeit erreichte ich, indem ich den Rauch nicht länger als eine Sekunde in der Lunge behielt. Das war kein Problem bei dem bitteren, beißenden Geschmack von Guys Cannabis.
    » Es ist bloß, dass ich es wirklich nicht für eine gute

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