Das Gift von Argus
leuchtend rot. Sie befand sich in höchstem Erregungszustand.
Das peinliche Schweigen herrschte an. Die Affen erwarteten, daß Kwango dem in ihren Augen zweifellos begehrenswerten Weibchen zu Willen war. Schweiß tropfte über seine Stirn. Da befand er sich ja in einer verdammten Lage! Plötzlich hatte er einen Einfall. In der Nähe waren orangeähnliche Früchte aufgehäuft. Er nahm sich drei und begann mit ihnen zu jonglieren. Die Paviane staunten. Eine Weile starrten sie Kwango ernst an, dann stießen sie Laute hervor, die nur als Gelächter zu interpretieren waren. Ein Affe griff ebenfalls nach drei Orangen und versuchte es Kwango nachzutun, aber die Orangen fielen ihm auf den Kopf.
Die Paviane warfen sich lachend auf den Boden und strampelten. Das brünstige Weibchen behielt jedoch geduldig ihre Paarungsstellung bei.
Schließlich erkannte ein junges Männchen, daß Kwango die gebotene Gunst nicht nutzen wollte, und so tat er es für ihn.
Mit belustigtem Staunen warf Kwango einen Blick auf ihn, und die drei orangenähnlichen Früchte fielen ihm auf den Kopf.
Von dem eifrig beschäftigten Paar abgesehen, beobachteten die Paviane Kwango, der wiederum das Begattungszeremoniell interessiert beobachtete. Das Gelächter der Affen wurde lauter. Sie kratzten sich am Kopf, klopften sich auf die Brust und schlugen Purzelbäume. Sie waren vor Lachen völlig außer sich, und Tränen rollten aus ihren Augen.
Fasziniert sah Kwango dem Paar zu, das sich ohne auf die anderen zu achten, benahm, als spielte es die Hauptfiguren in einem Pornofilm. Schließlich lösten die beiden sich völlig erschöpft. Als sie wieder zu Atem kamen, stimmten auch sie in das Gelächter der anderen ein.
Kwango spürte, daß keine Bosheit in der Reaktion des Stammes auf sein Benehmen lag, er fühlte nur unkontrollierbare Erheiterung und Zuneigung, und es wurde ihm bewußt, daß er nun völlig in ihrer Gemeinschaft aufgenommen worden war.
Als der Dorftrottel.
Indira starrte auf den wirbelnden Kreis von Piranhalibellen, der sie umgab, und wußte, daß sie jeden Moment mit ihren sadistischen Spielen beginnen würden, die dem tödlichen Angriff vorhergingen.
Sie spürte die Nässe, die ihr den Rücken hinunterrann, die Nässe, die Blut war. Wieder fragte sie sich, ob diese Insekten einen Geruchssinn hatten, der sie zu dem Blut führen würde.
Conrads Stimme klang aus dem Sprechgerät. »Indira, wie sieht es aus?«
»Ich – ich bin umzingelt, James. Du kennst ihre Taktik.«
»Ja, und du weißt, was du tun mußt: lauf! «
Sie brachte keinen Ton mehr heraus.
»Ich habe gesagt, Sie sollen laufen, Leutnant. Das ist ein Befehl!« Conrads Stimme klang mit voller Absicht beleidigend, herablassend und verächtlich. »Das hätten Sie auch in Südamerika tun sollen!«
»Jawohl, Sir!« Nun kam ihre Antwort automatisch. Ungeheure Wut erfüllte sie plötzlich. Sie haßte Conrad. Sie haßte die Piranhalibellen. Aber mehr haßte sie ihn, weil er sie an das Schlimmste erinnert hatte, das ihr je zugestoßen war. Er wußte, daß sie jetzt sterben mußte, doch er hatte kein einziges freundliches Wort für sie gefunden, obwohl er doch auch wußte, daß sie ihn liebte.
Mit einem gewaltigen Wutschrei rannte Indira geradewegs auf den wirbelnden Ring der Mordinsekten zu. Für sie war diese Verzweiflungstat nicht neu. Immer wieder hatten die Bullen ähnlich gehandelt. Sie waren darauf vorbereitet und wußten genau, was sie tun mußten.
Doch diesmal war ihr Opfer kein vor Furcht halb wahnsinniger Bulle, sonder eine Terranerin, die Prothesenbeine mit Atomantrieb hatte. Als sie sich sammelten, um sie aufzuhalten, sprang Indira sechs Meter hoch, weit über den tödlichen Ring hinweg. Und dann rannte sie. Instinktiv rannte sie südwärts, und immer schneller, anfangs dreißig, schließlich mehr als achtzig Stundenkilometer. Das Visier beschlug sich wieder, diesmal von ihrem keuchenden Atem. Mit einer Hand löste sie es und warf es von sich. Mit ihm hätte sie nicht mehr viel weiter laufen können. Und wenn sie nicht mehr weiterlaufen konnte, war es ohnehin aus mit ihr.
Die Piranhalibellen reagierten schnell. Sie formierten sich wieder zur Wolke. Sie hatten nicht die Absicht, sich ihr Opfer entgehen zu lassen, und so brausten auch sie mit Höchstgeschwindigkeit dahin.
Indira umklammerte das Sprechgerät mit einer Hand, als wäre es ein Talisman. Gegen den Wind hörte sie Conrads Stimme: »Sind Sie aus dem Ring, Leutnant?«
»Ja«, keuchte sie. »Und du wirst
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