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Das giftige Herz

Das giftige Herz

Titel: Das giftige Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Doyle
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dass er gern Lebkuchen gegessen hat.«
    »Die aus der Bäckerei Dunkel.«
    »Die hat er am liebsten gemocht. Deshalb wurden sie ja auch in rauen Mengen angeliefert.«
    »Aber davon, dass sie vergiftet gewesen sein könnten, hast du nichts bemerkt?«, fragte Wanner.
    »Nein, Herr Inspektor.«
    »Was kannst du mir sonst noch über den Ratsherrn sagen?«
    »Ach, nicht viel. Er war in letzter Zeit sehr bedrückt.«
    Wanner horchte auf.
    »Er war bedrückt. Woher willst du das denn wissen?«
    »Ich hab ihn doch gesehen, in seinem Studierzimmer, wie er es genannt hat. Zuletzt war er gar nicht so wie früher.«
    »Wie war er denn früher?«
    »Na ja, er hat mich Sachen gefragt … er war sehr neugierig …« Jetzt wurde sie rot und sah ihn verschämt von unten an.
    Wanner spürte wieder diese Wut in sich aufsteigen, aber er riss sich zusammen. »Du hast ihn also manchmal in seinem Studierzimmer besucht?«
    »Ja, ich war doch seine Dienstmagd, da musste ich ihm doch …«
    »… zu Diensten sein.«
    »Ja, Herr Inspektor. Es war ja nicht so, dass er mich angefasst hätte, er war nur … neugierig.«
    »So, so. Und diese … Neugier … hast du ihm befriedigt.«
    »Na ja, zum Schluss ja nicht mehr, da war er ja gar nicht mehr er selbst.«
    »Nein? Wieso das?«
    »Abwesend war er. Ich konnte machen, was ich wollte, aber …« Sie stockte und bekam wieder diesen scheinheilig verschämten Ausdruck. »… er sah gar nicht mehr hin.«
    »Was war denn mit ihm passiert?«
    »Er steckte in Nöten.«
    »Was für Nöte denn?«
    »Na ja, ich weiß nicht, irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Außerdem hatte er unverständliche Angewohnheiten.«
    »Unverständliche Angewohnheiten, was soll das heißen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Unverständlich eben. Einmal hat er mir ein Stück Knochen gezeigt. So ein altes morsches Teil. Angeblich war es kostbar. Ich habe mich darüber lustig gemacht. Da hat er mich geschlagen. Danach hatte ich ganz viele blaue Flecken. Ein Rest von dem größten ist noch da, hier …« Sie drehte sich zur Seite und zog das Kleid hoch.
    »Nicht doch«, sagte Wanner, und als sie nicht hörte, schrie er: »Halt! Das reicht!«
    Sie zuckte zusammen und ließ das Kleid fallen.
    »Ein Stück Knochen?«, fragte Wanner.
    »Ja, und ich hab noch gesagt, dass es bestimmt der Knochen von einem alten Hund sein müsse, und da hat er angefangen zu schreien und …«
    »Schon gut. Was ist dir sonst noch aufgefallen?«
    »Am seltsamsten war die Sache mit dem Totenkopf.«
    »Was denn für ein Totenkopf?«
    »Ich weiß nicht, was es für ein Kopf war. Er kam mir eher klein vor, außerdem fehlte der Unterkiefer …«
    »Und?«
    »Er hielt ihn in der Hand und hat mit ihm gesprochen. Es sah so aus, als wollte er ihn beschwören oder so etwas. Als ich ins Studierzimmer kam, hat er ihn schnell in seine Schreibtischschublade gesteckt. An diesem Tag war er schlecht gelaunt. Ich weiß nicht, ob es an dem Totenkopf gelegen hat. Vielleicht war es auch wegen dem Schaller.«
    »Welchem Schaller?«
    »Der Fabrikant. Der ist ja ständig bei den Ehrenhoffs ein und aus gegangen.«
    »Leopold Schaller, der Fabrikant?«
    »Ja.«
    »Was hat denn der Fabrikant mit dem Ratsherrn zu tun gehabt?«
    »Na, wenn Sie’s nicht wissen, Herr Inspektor.«
    »Mäßige dich, Mädchen!«, sagte Wanner mit drohendem Unterton.
    Hedwig zuckte zusammen. »Ich meine ja nur, sicher ist jedenfalls, dass zuletzt die Besuche immer unerfreulicher waren. Und einmal hat sich Herr Ehrenhoff sogar verleugnen lassen.«
    »Aha.« Wanner geriet ins Grübeln. »Hast du mir sonst noch etwas zu sagen?«
    Das Mädchen zuckte mit den Schultern. Dann erschien wieder dieses verführerische Lächeln auf ihren Lippen. Ein teuflisches Lächeln, dachte Wanner, dieses Mädchen ist die schlimmste Versuchung.
    Draußen vor der Tür hustete jemand. Wanner erhob sich.
    »Müssen Sie schon gehen?«, fragte Hedwig.
    »Kommen Sie herein«, sagte Wanner mit kaum erhobener Stimme.
    Gleich darauf öffnete sich die Tür, und Frau Kusch trat ein.
    »Sie haben also gelauscht, Frau Kusch«, sagte Wanner.
    Die Witwe blieb verwirrt stehen.
    »Sie benehmen sich wie ein Backfisch, Frau Kusch.«
    »Na, hören Sie mal …«
    »Ich muss Sie dringend bitten, alles, was Sie auf diese Weise gehört haben, niemandem mitzuteilen. Andernfalls machen Sie sich der Verletzung des Dienstgeheimnisses schuldig.«
    Frau Kusch erbleichte.
    »Aber Herr Inspektor …«
    »Kein Wort mehr! Sie haben mich verstanden. Auf

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