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Das giftige Herz

Das giftige Herz

Titel: Das giftige Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Doyle
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Budenbesitzer wiederum verteidigten die elektrische Beleuchtung, weil sie als besondere Attraktion zusätzliche Besucher anlockte.
    »Ah, der Herr Pistoux«, sagte die Frau, die gerade die Läden ihrer Holzbude aufgeklappt hatte. »Das ist schön, dass Sie heute kommen. Ich brauche dringend Nachschub.«
    In ihrem dicken Mantel sah Frau Pannartz aus wie ein gestauchter Riesenkegel. Ihr Gesicht war kugelrund, der Mund leicht schief, und sie sprach lauter, als es nötig gewesen wäre.
    »Nur die Herzen«, sagte sie, »die Herzen will keiner mehr haben. Wegen der unseligen Geschichte, Sie wissen schon.«
    »Ja.«
    »Ich hätte sie ja weiter verkauft, verstehen Sie mich recht, aber nicht mal die Auswärtigen wollten sie haben, denn denen haben sie es auch schon brühwarm erzählt.«
    »Ist gut, Frau Pannartz.«
    »Eine Schande ist das, einen Menschen so schnell zu verurteilen. Dabei war er doch ein verdienter Bürger. Niemand backt so herrliche Lebkuchen … na ja.« Sie hielt inne. »Wer backt sie eigentlich jetzt?«
    »Es sind noch genügend übrig, keine Angst.«
    »Ich habe mal Ihre Haselnusstörtchen probiert, die Sie mir das letzte Mal mitgebracht haben, Herr Pistoux. Ist das Ihr eigenes Rezept?«
    »Eine kleine Erfindung. Die Idee kam mir beim Backen von Plätzchen und Makronen. Ich dachte mir, man könnte doch Makronen mit Törtchen verbinden und …«
    »Ja, ja, Herr Pistoux. Mein Mann hat sie mir alle weggefuttert. Er war begeistert. Ich weiß gar nicht, was in ihn gefahren ist. Haben Sie noch mehr davon?«
    »Ich kann noch mehr backen, sehr gern.«
    »Ich möchte sie zusätzlich zu den Lebkuchen anbieten. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen – entschuldigen Sie –, wenn man mir diese wunderbaren Törtchen nicht aus den Händen reißt.«
    Pistoux lächelte zufrieden. Das war ein großes Kompliment. Dabei hatte er nur ein bisschen herumprobiert, und herausgekommen waren dabei seine Haselnuss-Makronen-Törtchen. Er fand sie ja selbst sehr schmackhaft, aber Frau Dunkel hielt das Rezept für übertrieben aufwendig.
    »Ich werde ihnen das nächste Mal einen Karton mitbringen.«
    »Tun Sie das, Herr Pistoux.«
    Pistoux versprach es noch einmal und begann, die Kisten mit den Lebkuchen zu entladen und in die Bude zu tragen, wo Frau Pannartz sie in ihre Vitrine legte.
    Als er fertig war, fragte er: »Und wo sind die Herzen, die ich wieder mitnehmen soll?«
    »Ach so, die Herzen. Ich hab sie hier.« Frau Pannartz bückte sich und holte eine große Blechkiste hervor, die sie Pistoux durch die Luke nach draußen reichte. Pistoux stellte die Kiste auf den Handkarren.
    Frau Pannartz beugte sich aus der Bude und flüsterte verschwörerisch: »Ich glaub nicht, dass sie vergiftet sind, so was riecht man doch, oder?«
    »Manchmal schon.«
    »Aber es will sie ja trotzdem keiner mehr haben. Ich hab’s immer wieder versucht. Nicht mal die Auswärtigen …«
    »Ich glaub’s Ihnen ja, Frau Pannartz.«
    »Na gut, also dann … vielen Dank. Ich zahl Ihnen die neue Lieferung dann das nächste Mal, wenn Sie die Haselnusstörtchen bringen.«
    »Schon morgen, Frau Pannartz, schon morgen.«
    »Ist recht.«
    Sie verschwand in ihrer Bude und begann, eifrig herumzuwirtschaften, als wolle sie vermeiden, noch einmal auf das Thema Geld zurückkommen zu müssen.
    Pistoux fasste nach der Deichsel und machte sich auf den Rückweg. Er hatte sich angewöhnt, die schmaleren Gassen zu nehmen, wo weniger Betrieb war. Inzwischen war er in der Stadt nämlich schon als »der Franzose von den Dunkels« bekannt, und seit der Verhaftung des Bäckermeisters wurde er angegafft, es wurde hinter ihm getuschelt, und einmal war er sogar bedroht worden. Ein solches Spießrutenlaufen durch die Hauptgassen wollte er gerne vermeiden, auch auf die Gefahr hin, dass er Umwege nehmen musste oder sich einmal verlief.
    Die Gasse, die er sich diesmal ausgesucht hatte, war düster, die Häuser besonders schief. Kein Mensch lief hier entlang. Pistoux war es recht so, auch wenn es mühsam war, denn hier hatte sich niemand die Mühe gemacht, den Schnee fortzuräumen. Es war mühsam, den Handwagen zu ziehen.
    Pistoux war ganz in Gedanken. Gerade war ihm eine Idee gekommen, wie er mit Rosinen, Mandeln, Feigen, Pflaumenmus und viel Marzipan eine ganz besonders leckere weihnachtliche Süßigkeit herstellen könnte, da sah er, wie ihm im Zwielicht der engen Gasse ein Engel entgegenkam.
    Ein Engel? Ja, tatsächlich. Pistoux blieb unwillkürlich stehen. Der Engel kam ganz langsam

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