Das gläserne Paradies
der sie darüber sprach, schien sie selbst zu verblüffen. Sie lachte. »Das brauchen Sie nicht zu verstehen. Aber sagen Sie doch â wollten Sie mir nicht auch etwas erzählen?«
»Ja, ja.« David räusperte sich. Plötzlich wuÃte er gar nicht, wo er anfangen sollte.
Er holte tief Luft. »Wissen Sie was? Warum gehen wir nicht nach dem Essen ein Stück spazieren? Dann erzähle ich Ihnen in aller Ruhe, was ich herausgefunden habe!«»Sag mal, hast du vor, von nun an jedesmal einen solchen Affentanz aufzuführen, wenn die Amerikanerin kommt?« fragte Monika ihren Mann, kaum daà Wanda und David das Wirtshaus verlassen hatten.
»Wieso? Was meinst du?« Bennos Blick war aus dem Fenster gerichtet, geistesabwesend strich er über seinen Bart.
Hätte er es ihr sagen sollen? Hätte er ⦠Aber wie würde er dann dastehen? Und â ach, was! Nun war es eh zu spät! Wanda und der Bankmensch waren fort. Und er hatte seinen Mund nicht aufgemacht. Vielleicht würde so schneller Gras über die ganze Angelegenheit wachsen.
»Bekomme ich keine Antwort?« Mit verschränkten Armen beobachtete Monika ihren Mann. »Also, wenn ichâs nicht besser wüÃte, würde ich sagen, du hast dich in das Mädchen verguckt! Ich meine, es weià ja inzwischen jeder, daà die Amerikanerin eine Art hat, die Männer für sich einzunehmen.«
Benno starrte seine Frau an. Wovon redete das Weib?
»Ich bin für dich ja nur noch die Magd«, sagte Monika schmallippig, »gut genug für die Drecksarbeit hier und â«
»Was redest du für Unsinn!« zischte Benno. Als ob ihm ausgerechnet jetzt der Sinn danach stünde, anderen Frauen hinterherzuschauen!
50. K APITEL
Es war Wanda, die voranschritt. David sagte, er kenne zwar die Spazierwege rund um Steinach und Sonneberg in- und auswendig, aber nach hier oben hätten seine Wanderungen ihn bisher nie geführt.
Da Wanda keine Lust hatte, mit David durchs Dorf zu laufen, wählte sie einen Weg, der sie bald in den Wald führte.
Doch schon wenige Minuten später brannten ihre Waden, war sie auÃer Atem, und ein wenig schwindlig war ihr auch. Zum Glück hatte sie Sylvie zu Hause bei Eva gelassen â sonst hätte sie nun auch noch den schweren Kinderwagen schieben müssen. Abrupt blieb sie auf dem steinigen Waldweg stehen.
»Entschuldigen Sie â aber könnten wir ein biÃchen langsamer gehen?«
Erschrocken antwortete David: »Noch langsamer? Sollen wir uns vielleicht eine Bank zum Ausruhen suchen?«
»Nein, nein, es geht schon, aber â¦Â« Sie wies auf ihre Schuhe. »Hätte ich nur meine festen Stiefel angezogen â¦Â« Du meine Güte â sie hatte nicht mehr die geringste Ausdauer! Aber das konnte sie ihm schlecht sagen. Man stelle sich vor: Er wollte eine Sitzbank für sie suchen, wie für eine alte Frau!
»Darf ich Ihnen dann wenigstens meinen Arm reichen?« In leicht übertriebener Art verbeugte sich David vor ihr, und sein Grinsen war nicht zu übersehen.
Mit einem gnädigen Nicken ergriff Wanda Davids Arm. Täuschte sie sich, oder errötete er dabei tatsächlich ein wenig? Sie lächelte.
Wanda fragte nicht, was David ihr Wichtiges zu erzählen hatte. Und David erzählte nichts. Statt dessen gingen sie schweigend und im Schneckentempo weiter. Das Laub raschelte unter ihren Schritten, hier und da unterhielten sich ein paar Vögel. Nun, da die hitzigen Liebeleien des Frühjahrs längst vergessen, da ihre Jungen längst ausgeflogen waren, glaubte Wanda in ihrem Gezwitscher eine leichte Trägheit zu hören, so, als wäre alles Wichtige längst gesagt.
Sie wuÃte immer noch nicht, wie die einzelnen VögelhieÃen. Sie wuÃte immer noch nicht, welche Pflanzen so schön würzig dufteten. Ob es sich dabei um Heilkräuter handelte oder ob das waldige Aroma vom feuchten Moosboden herrührte. Sie kannte den Namen der tiefblauen Beeren nicht, die an stacheligen Hecken wuchsen. Und sie wuÃte nicht, welche Pilze in der Pfanne landen durften und welche giftig waren. Trotzdem fühlte sich Wanda in diesem Wald auf eine besondere Art heimisch.
Urplötzlich war sie von einer solch übermütigen Freude erfüllt, daà sie kurz auflachte. Sie spürte Davids fragenden Blick, war aber nicht in der Stimmung zu reden. Doch drückte sie leicht seinen
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