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Das gläserne Tor

Titel: Das gläserne Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Wassermann
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an deiner statt ein Tier.«
    »Oh, das – das ist freundlich von dir, aber nicht nötig.«
    »Bestimmt nicht? Für eine gute Reise? Es muss ja nicht heute sein, du wirst ohnehin noch ein paar Tage warten müssen, bis die Reisevorbereitungen getroffen sind. Wir möchten sichergehen, dass du wohlbehalten in den Bergen ankommst. Die Gegend dort ist unsicher, ab und zu werden Reisende überfallen.«
    »Unsicher? Davon höre ich zum ersten Mal. Als wir vor vier Monaten die Strecke zurückgelegt haben, wirkte die Gegend friedlich.« Wenn man von den herschedischen Verfolgern absieht, fügte Grazia in Gedanken hinzu.
    »Es fing erst danach an. Wüstenmenschen sollen angeblich
dahinterstecken. Entflohene Sklaven. Bisher ist noch niemand getötet worden, aber lange wird Madyur dem Treiben nicht mehr zusehen.«
    Grazia interessierte das herzlich wenig. Sie hätte sich auch allein auf den Weg gemacht. Ein anstrengender Marsch durch die geschundene Landschaft wäre in ihrer Lage gewiss Balsam für die Seele gewesen. Nun gut, dann würde sie eben warten und sich im Schutz einer Eskorte nach Osten begeben. Möglicherweise war das Tor bis dahin geschlossen. Falls es so war, hatte sie wenigstens einen Grund, sich in die Schlucht zu stürzen.
    Sie grub das Gesicht ins Kissen. Schmerzhaft drückte das Kästchen gegen ihre steinerne Brust. Ich habe dich geliebt, dachte sie, während erneut die Tränen flossen. Warum nur habe ich es dir nicht gesagt?

6

    P arrad drückte sich in die hinterste Ecke der Schenke und zog die Kapuze seines Mantels tief in die Stirn. »Ich bin mir nicht sicher, ob es mir hier gefällt«, raunte er Anschar zu, der neben ihm auf einer wackligen Bank hockte. »Warum wolltest du unbedingt hierher?«
    »Ich gebe ja zu, so gemütlich wie in der schwebenden Stadt ist es hier nicht. Und von der Güte des Weines wollen wir erst gar nicht reden.« Auch Anschar hatte das Gesicht mit einer Kapuze überschattet. Wenigstens wies er nicht den verräterischen Hautton der Wüstenmenschen auf. Parrad hatte
sich Gesicht und Hände mit hellem Erdstaub beschmiert, als käme er von der Feldarbeit. Da es Nacht war und hier in diesem schäbigen Schankraum ohnehin nur eine kleine Lampe brannte, war die Gefahr gering, dass er auffiel. Dennoch war es jederzeit möglich, dass ihm jemand die Kapuze herunterriss, um zu überprüfen, ob sein Ohr markiert war.
    »Der Wein schmeckt schal, wenn man in Gefahr ist«, murrte Parrad und setzte den Becher an die Lippen. »Da! Hat dieser Kerl dort nicht zu uns herübergeschaut? Ich wette, er sieht deinen Ohrhaken glänzen.«
    Anschar griff sich an den Kopf, um den Sitz der Kapuze zu überprüfen, trank seinen Becher leer und winkte die Frau des Wirts herbei. Die zahnlose Alte brachte einen frischen Tonkrug, stellte ihn auf den Tisch und streckte auffordernd die Hand aus. Er ließ ein Kupferstück hineinfallen.
    »Na, verletzt?«, fragte sie ohne sonderliches Interesse und deutete mit dem Kinn auf seine Hand, die er mit einer Binde umwickelt hatte.
    »Ja, verbrannt.«
    »Mhm. Tut’s weh? Dann bringe ich stärkeren Wein, damit du die Schmerzen wegsaufen kannst.«
    Er wollte sagen, dass er das bereits getan hatte, doch da war sie schon an der Wand, wo auf Regalen zahllose Krüge standen. Sie wählte einen aus, entfernte das Wachs, das ihn verschloss, und drückte ihn einer Frau in die Hände. Mit einem Kopfnicken wies sie in Anschars Richtung. Die Jüngere trug den Wein mit wiegenden Hüften heran. Sie war leicht bekleidet, der Halsausschnitt verbarg kaum die hängenden Brüste. Sie hatte wohl schon mehrere Kinder empfangen – vermutlich in einem rückwärtigen Raum, wo sie die Gäste hinlockte, um sie um ein paar Münzen zu erleichtern. Sie trat an den Tisch, ließ den Blick von Anschar zu Parrad und zurück wandern und stellte langsam den Krug ab. Dunkelbraune
Brustspitzen schlüpften fast aus dem Kleid. Parrad leckte sich die Lippen.
    »Wer von euch ist der, der ein wenig Trost braucht?«, fragte sie mit dunkler Stimme.
    »Ich«, sagte Parrad sofort.
    Anschar hob belustigt eine Braue.
    Als sie sich aufrichtete, war eine Schulter entblößt. Sie strich ihr unordentliches Haar nach vorne, wie um sich zu bedecken. Eine sinnliche Bewegung, die ihre Wirkung auf Männer, die beständig darben mussten, nicht verfehlte. Anschar spürte es zwischen seinen Schenkeln pochen. Er warf ein Bein über das andere, um es zu unterdrücken. Der Frau entging es nicht, denn sie kicherte.
    »Du willst nicht?«,

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