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Das Glasperlenspiel - Versuch einer Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht samt Knechts hinterlassenen Schriften

Das Glasperlenspiel - Versuch einer Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht samt Knechts hinterlassenen Schriften

Titel: Das Glasperlenspiel - Versuch einer Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht samt Knechts hinterlassenen Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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es ihm, daß sein Wirt sich manche Mühe um Josefs Begleiter gab, damit er nicht zu sehr die Empfindung habe, nur Anhängsel zu sein. An alles schien dieser Mann zu denken.
    Der kurze Aufenthalt in Monteport, die drei Meditationsstunden, das Zuschauen beim Dirigentenkurs, die paar Gespräche mit dem Meister bedeuteten viel für Knecht; mit Sicherheit hatte jener den wirksamsten Zeitpunkt für sein kurzes Eingreifen
gewählt. Seine Einladung hatte hauptsächlich den Zweck gehabt, dem Jüngling die Meditation ans Herz zu legen, aber nicht weniger wichtig war diese Einladung an sich selbst, als Auszeichnung, als Zeichen dafür, daß man auf ihn achte und etwas von ihm erwarte: es war der zweite Grad der Berufung. Man hatte ihm Einblick in die innern Bezirke gegönnt; wenn einer der zwölf Meister einen Schüler dieser Stufe so nahe zu sich heranrief, so bedeutete das nicht nur ein persönliches Wohlwollen. Was ein Meister tat, war immer mehr als persönlich.
    Beim Abschied bekamen beide Schüler kleine Geschenke, Josef ein Heft mit zwei Bachschen Choralvorspielen, der Kamerad eine zierliche Taschenausgabe des Horaz. Zu Knecht sagte der Meister, als er ihn entließ: »Du wirst in einigen Tagen erfahren, welcher Schule du zugeteilt bist. Ich werde dorthin weniger häufig kommen als nach Eschholz, aber wir werden uns auch dort wohl wiedersehen, wenn ich gesund bleibe. Wenn du Lust dazu hast, kannst du mir einmal im Jahr einen Brief schreiben, besonders über den Verlauf deiner musikalischen Studien. Kritik an deinen Lehrern soll dir nicht verboten sein, doch lege ich auf sie weniger Wert. Es wartet vieles auf dich, ich hoffe, daß du dich bewährst. Unser Kastalien soll nicht bloß eine Auslese sein, es soll vor allem eine Hierarchie sein, ein Bau, in dem jeder Stein seinen Sinn nur vom Ganzen bekommt. Aus diesem Gan
zen heraus führt kein Weg, und wer höher steigt und größere Aufgaben bekommt, wird nicht freier, er wird nur immer verantwortlicher. Auf Wiedersehen, junger Freund, es war mir eine Freude, dich hier zu haben.«
    Die beiden wanderten zurück, beide waren unterwegs heiterer und gesprächiger als auf dem Herweg, die paar Tage mit anderer Luft und anderen Bildern, die Berührung mit einem anderen Lebenskreise hatten sie aufgelockert, von Eschholz und von der dortigen Abschiedsstimmung freier gemacht und doppelt begierig auf den Wechsel und die Zukunft. Bei mancher Rast im Walde oder über einer der steilen Schluchten der Gegend von Monteport holten sie ihre hölzernen Flöten aus der Tasche und spielten zweistimmig ein paar Lieder. Und als sie jene Höhe über Eschholz mit der Aussicht auf Anstalt und Bäume wieder erreicht hatten, da schien ihnen beiden ihr Gespräch, das sie geführt, schon weit in der Vergangenheit zu liegen, die Dinge hatten alle einen neuen Aspekt gewonnen; sie sagten kein Wort, sie schämten sich ein wenig der Gefühle und Worte von damals, die so rasch überholt und inhaltlos geworden waren.
    In Eschholz erfuhren sie schon am nächsten Tage ihre Bestimmung. Knecht war für Waldzell bestimmt.

Waldzell
    »Waldzell aber bringt das kunstreiche Völkchen der Glasperlenspieler hervor«, heißt der alte Spruch über diese berühmte Schule. Unter den kastalischen Schulen der zweiten und dritten Stufe war es die am meisten musische, das heißt wenn an andren Schulen ganz ausgesprochen eine bestimmte Wissenschaft dominierte, wie etwa in Keuperheim die Altphilologie, in Porta die aristotelische und scholastische Denklehre, in Planvaste die Mathematik, so wurde umgekehrt in Waldzell traditionell eine Tendenz zur Universalität und zur Verschwisterung zwischen Wissenschaft und Künsten gepflegt, und oberstes Sinnbild dieser Tendenzen war das Glasperlenspiel. Dieses wurde zwar auch hier, wie in allen Schulen, keineswegs offiziell und als obligatorisches Fach gelehrt; dafür aber galten ihm die privaten Studien der Waldzeller Schüler fast ausschließlich, und dann war das Städtchen Waldzell ja auch der Sitz des offiziellen Glasperlenspiels und seiner Einrichtungen: hier war die berühmte Spielhalle für die feierlichen Spiele, hier das riesige Spielarchiv mit seinen Beamten und Bibliotheken, hier der Sitz des Ludi Magister. Und wenn auch diese Anstalten völlig für sich bestanden und die Schule ihnen in keiner Weise angegliedert war, so herrschte hier eben doch der Geist dieser Anstalten und hing etwas von der Weihe der großen öf
fentlichen Spiele in der Luft des Ortes. Das Städtchen selbst war

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