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Das Glasperlenspiel

Das Glasperlenspiel

Titel: Das Glasperlenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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freundlich angenommen.
    »Ich freue mich auf diesen Gang«, fügte Knecht hinzu, »und will Sie auch gleich um einen Gefallen bitten. Ich habe beim Betrachten Ihrer Pflanzensammlung sehen können, daß Sie von den Bergpflanzen weit mehr wissen als ich. Es ist ja unter andrem der Zweck unsres Zusammenlebens, daß wir unsere Kenntnisse austauschen und einander angleichen; beginnen wir damit, daß Sie mein geringes botanisches Wissen überprüfen und mir auf diesem Gebiet etwas vorwärtshelfen.«
    Als sie einander gute Nacht gewünscht hatten, war Tito sehr zufrieden und faßte gute Vorsätze. Wieder hatte dieser Magister Knecht ihm sehr gefallen. Ohne daß er hohe Worte brauchte und von Wissenschaft, Tugend, Geistesadel und dergleichen sprach, wie es die Schulprofessoren gern taten, hatte dieser heitere, freundliche Mann etwas in seinem Wesen und in seiner Rede, was verpflichtete und die edlen, guten, ritterlichen, die höheren Strebungen und Kräfte anrief. Es konnte ein Vergnügen» ja ein Verdienst sein, einen beliebigen Schulmeis ter zu hintergehen und zu überlisten, aber vor diesem Manne konnte man auf solche Gedanken gar nicht kommen. Er war - ja, was und wie
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    war er denn? Tito sann darüber nach, was es denn sei, das ihm an dem Fremden so gefalle und zugleich imponiere, und fand, daß es dessen Adel, seine Vornehmheit, sein Herrentum sei.
    Dies war es, was ihn vor allem anzog. Dieser Herr Knecht war vornehm, er war ein Herr, ein Edelmann, obwohl niemand seine Familie kannte und sein Vater möglicherweise ein Schuster gewesen war. Er war edler und vornehmer als die meisten Männer, welche Tito kannte, vornehmer auch als sein Vater. Der Jüngling, der die patrizischen Instinkte und Traditionen seines Hauses hochschätzte und es seinem Vater nicht verzieh, daß er von ihnen abgewichen war, begegnete hier zum erstenmal dem geistigen, dem erzogenen Adel, jener Macht, welche unter glücklichen Bedingungen gelegentlich das Wunder wirken kann, unter Überspringung einer langen Ahnen- und
    Generationenfolge innerhalb eines einzigen Menschenlebens aus einem Plebejerkind einen Hochadligen zu machen. Es regte sich in dem feurigen und stolzen Jüngling die Ahnung, daß dieser Art von Adel anzugehören und zu dienen ihm vielleicht zur Pflicht und Ehre werden könnte, daß vielleicht hier, erschienen und verkörpert in der Gestalt dieses Lehrers, der bei aller Sanftheit und Freundlichkeit doch durch und durch ein Herr war, sich ihm der Sinn seines Lebens nähere und ihm Ziele zu setzen bestimmt sei.
    Knecht legte sich, nachdem er in sein Zimmer begleitet worden war, nicht sogleich nieder, obwohl ihn sehr danach verlangte. Der Abend hatte ihm Mühe gemacht, es war ihm schwergefallen und lästig gewesen, sich vor dem jungen Mann, der ihn ohne Zweifel gut beobachtete, in Ausdruck, Haltung und Stimme so zusammenzunehmen, daß dieser nichts von seiner eigentümlichen, inzwischen noch gewachsenen Müdigkeit oder Verstimmung oder Krankheit merke. Immerhin, es schien geglückt zu sein.
    Jetzt aber mußte er dieser Leere, diesem Unwohlsein, diesem bangen Schwindelgefühl, dieser Todesmüdigkeit, die zugleich
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    auch Unruhe war, begegnen und Herr werden, zunächst indem er sie erkannte und verstehen lernte.
    Dies nun gelang nicht allzuschwer, wenn auch erst nach einer geraumen Weile. Sein Kranksein hatte, wie er fand, keine andre Ursache als die heutige Reise, die ihn in so kurzer Zeit aus der Ebene in eine Höhe, von wohl zweitausend Meter gebracht hatte. Er hatte, des Aufenthaltes in solchen Höhen seit einigen wenigen Ausflügen seiner frühen Jugend ungewohnt, diese rasche Steigung schlecht ertragen. Wahrscheinlich würde er mindestens noch einen Tag oder zwei an diesem Übel zu leiden haben, und sollte es dann wirklich nicht vergangen sein, nun so mußte er mit Tito und der Haushälterin heimkehren, dann war Plinios Plan mit diesem hübschen Belpunt eben mißlungen.
    Es wäre schade, aber kein großes Unglück.
    Nach diesen Erwägungen legte er sich zu Bett und brachte die Nacht, ohne viel Schlaf zu finden, teils mit einem Oberblick über seine Reise seit dem Abschied von Waldzell, teils mit Versuchen zur Beruhigung des Herzschlages und der erregten Nerven hin. Auch an seinen Schüler dachte er viel, mit Wohlgefallen, aber ohne Pläne zu machen; es schien ihm besser, dies edle, aber ungebärdige Füllen lediglich durch Wohlwollen und Gewöhnung zu zähmen, hier durfte nichts übereilt und erzwungen werden. Er dachte

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