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Das Glück der Familie Rougon - 1

Das Glück der Familie Rougon - 1

Titel: Das Glück der Familie Rougon - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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um sich zu erwärmen. Endlich gaben die Anführer den Befehl zum Aufbruch. Die Kolonne formierte sich wieder. Die Gefangenen wurden in die Mitte genommen; außer Herrn Garçonnet und dem Kommandanten Sicardot hatten die Aufständischen noch Herrn Peirotte, den Steuerdirektor, und mehrere andere Beamte festgenommen und führten sie nun mit sich.
    In diesem Augenblick sah man Aristide zwischen den einzelnen Gruppen umherspazieren. Angesichts der mächtigen Volkserhebung hatte der »liebe Junge« gedacht, es wäre doch wohl unklug, sich nicht als Freund der Republikaner zu erweisen; da er sich aber andererseits nicht allzusehr mit ihnen bloßstellen wollte, war er nur gekommen, um sich von ihnen zu verabschieden. Er trug den Arm in der Binde und beklagte sich bitter über die verfluchte Wunde, die ihn hindere, eine Waffe zu tragen. In der Menge traf er seinen Bruder Pascal, mit einer Instrumententasche und einem kleinen Arzneikästchen versehen. Der Arzt teilte ihm mit seiner ruhigen Stimme mit, daß er den Aufständischen folgen wolle. Aristide schalt ihn leise einen Einfaltspinsel. Schließlich machte er, daß er davonkam, aus Angst, man könnte ihm die Bewachung der Stadt anvertrauen, ein Posten, der ihm besonders gefährlich erschien.
    Die Aufständischen konnten nicht daran denken, Plassans in ihrer Gewalt zu behalten. Die Stadt war zu sehr vom Geist der Reaktion erfüllt, als daß sie auch nur den Versuch gemacht hätten, eine demokratische Kommission einzusetzen, wie sie es anderswo schon getan hatten. Sie wären ganz einfach weitergezogen, wenn sich nicht Macquart, durch seine Rachegelüste getrieben und ermutigt, erboten hätte, Plassans in Schach zu halten, vorausgesetzt, daß man zwanzig entschlossene Männer zurückließ und seinem Befehl unterstellte. Man gab ihm diese zwanzig Mann, an deren Spitze er triumphierend das Bürgermeisteramt besetzte. Unterdessen marschierte die Kolonne den Cours Sauvaire hinunter und zur Grand˜Porte hinaus. Hinter sich ließ sie die Straßen still und leer zurück, die sie wie ein Sturmwind durchbraust hatte. In der Ferne liefen die Landstraßen dahin, ganz weiß im Mondlicht. Miette hatte Silvères Arm zurückgewiesen; tapfer ging sie voran, sicher und aufrecht, und hielt mit beiden Händen die rote Fahne, ohne über ihre erstarrten Fingerspitzen zu klagen, die sich vor Kälte bläulich färbten.

Kapitel V
    In der Ferne liefen die Landstraßen dahin, ganz weiß im Mondlicht.
    Die Schar der Aufständischen setzte ihren heldenmütigen Marsch durch das kalte, helle Land fort. Es war wie ein mächtiger Strom von Begeisterung. Der Hauch eines alten Heldenliedes, der Miette und Silvère, diese großen, nach Liebe und Freiheit dürstenden Kinder, mitriß, durchkreuzte mit heiliger Hochherzigkeit die schmachvollen Komödien der Macquarts und Rougons. Von Zeit zu Zeit grollte die starke Stimme des Volkes in das Geschwätz im gelben Salon und in Onkel Antoines bittere Schmähreden hinein. Und die niedrige, die gemeine Posse wandelte sich zum großen geschichtlichen Drama.
    Beim Abzug aus Plassans hatten die Aufständischen die Straße nach Orchères eingeschlagen. Gegen zehn Uhr morgens sollten sie die Stadt erreichen. Die Straße begleitet flußaufwärts den Lauf der Viorne und folgt dabei auf halber Höhe der Hänge den Windungen der Hügel, zu deren Füßen der Fluß dahinströmt. Links dehnt sich die Ebene wie ein riesiger grüner Teppich, da und dort von den grauen Flecken der Dörfer gesprenkelt. Rechts erhebt sich die Kette der Garrigues mit ihren kahlen Spitzen, ihren Steinfeldern, ihren rostfarbenen, wie von der Sonne versengten Blöcken. Die Heerstraße, die nach dem Fluß zu abgedämmt ist, führt zwischen riesigen Felsen hindurch, von deren Zwischenräumen aus bei jedem Schritt ein kleines Stück des Tales sichtbar wird. Man kann sich nichts Wilderes vorstellen, nichts seltsam Großartigeres als diese in die Flanke der Hügel geschnittene Straße. Namentlich nachts liegt ein heiliger Schauer über dieser Gegend. In dem bleichen Licht zogen die Aufständischen dahin wie durch die Straßen einer zerstörten Stadt, an der zu beiden Seiten Tempelruinen stehen; der Mond verwandelte jeden Felsen in den Schaft eines Säulenstumpfes, in ein herabgestürztes Kapitell oder in eine von geheimnisvollen Säulengängen durchbrochene Mauer. In der Höhe schlief die Gebirgsmasse der Garrigues und glich, nur schwach von einem milchigen Schimmer erhellt, einer ungeheuren Zyklopenstadt,

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