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Das Glueck einer einzigen Nacht

Das Glueck einer einzigen Nacht

Titel: Das Glueck einer einzigen Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Bryan
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    „In den vergangenen Jahren habe ich zwei wichtige Lektionen gelernt, Marvin“, sagte sie leise. „Nämlich daß die Dinge meistens anders sind, als es den Anschein hat, und daß nur Narren oder Liebende nicht an die Zukunft denken.“ Im nächsten Moment war sie mit lautem Türenschlagen verschwunden, und er mußte sich allein einen Reim auf ihre rätselhaften Worte machen.
    Nachdenklich stand er auf und ging ans Fenster, um die Jalousien hochzuziehen und zu dem rötlich glänzenden Himmel aufzuschauen. Warum war Barbara zurückgekommen? Was hatten die letzten zehn Jahre ihr außer dem geliebten Sohn gebracht? Und vor allem, wie sollte er sie jemals aus seinem Herzen verbannen?

5. KAPITEL
    In einem kleinen Wäldchen, das man in Farretts Corner den Jacobsacker nannte, fand das gesellschaftliche Ereignis des Sommers statt. Bunte Lichterketten beleuchteten den dunklen Hügel und den Festplatz, der mit Spielbuden gesäumt war. In der Mitte waren große eiserne Kessel aufgestellt, wo in heißem Öl Fisch ausgebacken wurde. Auf langen Tischen mit buntkarierten Tischtüchern standen riesige Schüsseln mit Krautsalat, Brotplatten und Brombeerkuchen. In metallenen
    Waschzubern
    wurde
    zwischen
    Eiswürfeln
    Kirschund
    Orangenlimonade gekühlt, während daneben kleine Fässer mit Bier und Apfelwein für die Erwachsenen lagerten. Dazu spielte unter dem Kuppeldach eines Gartenhäuschens die beste Kapelle des Landkreises auf.
    Mit einem Glas Apfelwein in der Hand, bahnte Marvin sich lächelnd seinen Weg durch die Schar der Kinder, die ausgelassen auf dem Festplatz herumtobten. Ihre fröhlichen Streiche und gutmütigen Albereien erinnerten ihn an längst vergangene
    Tage,
    wo
    er
    und
    Edward
    sich
    zusammen
    auf
    dem
    Mittsommernachtsfest vergnügt hatten.
    Viele Jahre waren seitdem vergangen, und aus den Jugendlichen waren Erwachsene geworden. Doch die Feststimmung war noch immer die gleiche.
    Er blieb einen Augenblick stehen und trank einen Schluck Apfelwein aus seinem Zinnbecher. Dabei wanderten seine Gedanken in die Vergangenheit zurück. Wie schwer fiel es ihm mitunter, die Gegenwart zu akzeptieren, eine Gegenwart, in der es Edward nicht mehr gab und in der er sich so alleine vorkam. Ein dunkler Schleier legte sich über seine blauen Augen, als er sich an ein ganz bestimmtes Mittsommernachtsfest erinnerte.
    Die Hände in den Hosentaschen vergraben, ein geheimnisvolles Lächeln auf seinem gutaussehenden Gesicht, war sein Bruder Edward auf ihn zugeschlendert.
    „Rate mal, wo ich gewesen bin?“ hatte er ihn mit einem fröhlichen Grinsen gefragt.
    „Keine Ahnung. Aber wie ich sehe, brennst du darauf, es mir zu erzählen“, hatte Marvin erwidert und scheinbar unbeteiligt in seinen karamelisierten Apfel gebissen.
    Edward hatte sich neben ihm auf der Picknickbank niedergelassen, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und zu der Mondsichel hinaufgeschaut. „Ich war beim Erfrischungsstand“, hatte er erklärt.
    „Und, gab es da etwas Interessantes zu sehen?“ Marvin knabberte immer noch an seinem Apfel herum, während er seinem Bruder diese Frage gestellt hatte.
    „Ja“, hatte Edward gedehnt erwidert. „Barbara Logan hat dort bedient. Weißt du, sie ist das schönste und intelligenteste Mädchen in dieser Gegend.“ Schlagartig war Marvin der Appetit auf seinen KaramelApfel vergangen. Mit einer heftigen Bewegung hatte er ihn ins Gebüsch geworfen und spöttisch bemerkt: „Das ist mir noch gar nicht aufgefallen.“
    „Aber mir. Irgendwie finde ich es unfair, daß die Leute ihr hier keine Chance geben, nur weil sie aus dem Tal kommt.“
    Marvin war abrupt aufgestanden, hatte seinem Bruder den Rücken zugekehrt und sich die klebrigen Hände am Hosenboden abgewischt. „Nun, es ist wohl so, wie Papa immer sagt. Wie das Erz in unseren Bergwerken, so treten auch die Menschen in verschiedenen Schichten auf. Und die soll man nicht vermischen.“
    „Unsinn! Du redest genauso einen Quatsch daher wie Papa! Du wirst ihm überhaupt von Tag zu Tag ähnlicher.“ Auch Edward war aufgesprungen und hatte sich angriffslustig vor seinen Bruder hingestellt.
    „Und du schlägst immer mehr unserer Mutter nach. Wenn du nicht mit mir die Bergwerke übernehmen müßtest, würde aus dir wahrscheinlich ein idealistischer Weltverbesserer werden.“
    Alle Sorglosigkeit war aus Edwards Stimme verschwunden, als er seinem Bruder geantwortet hatte: „Ich werde niemals die Bergwerke übernehmen, Marvin.
    Nie…“
    Die Worte seines

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