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Das Glueck einer einzigen Nacht

Das Glueck einer einzigen Nacht

Titel: Das Glueck einer einzigen Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Bryan
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Helden aus den Western, die er im Fernsehen gesehen hatte, legte Danny das Gewehr locker an die Schulter und schoß auf die rotierende Zielscheibe. Die Schrotkugel traf viel zu weit links. Hilflos beobachteten Barbara und Marvin, wie Danny hastig einen zweiten Übungsschuß abfeuerte, der ebenfalls weit danebenging.
    Jeremiah lachte laut auf. „Das waren ja tolle Übungsschüsse, Stadtjunge. Es wird mir ein Vergnügen sein, den Dollar von deiner eingebildeten Mutter zu nehmen.“ Danny machte einen Schritt auf Jeremiah zu. Doch Marvin war schneller. Er legte Danny die Hand auf die Schulter und flüsterte ihm warnend ins Ohr: „Er will dich nur ärgern, mein Junge. Wenn du jetzt die Beherrschung verlierst, wird er mehr als nur das Geld gewinnen.“
    Überrascht schaute Danny zu dem Mann auf, der so unverhofft seine Partei ergriffen hatte. Dann streckte er entschlossen das Kinn vor und nickte. Ein Murmeln ging durch die Menge der Zuschauer, als Marvins Hand auf der Schulter des Jungen liegenblieb, während er ihm leise Anweisungen gab.
    „Du mußt den Gewehrkolben fest an die Schulter legen, mit dem rechten Auge zielen und dann langsam abdrücken.“
    Als Barbara sah, wie Marvin mit seinem breiten Rücken Danny vor den boshaften Blicken der Umstehenden abschirmte, wurden ihr die Knie weich. Die Aufregung der letzten Minuten war zu viel für sie gewesen. Sie selbst konnte mit der Grausamkeit der Dorfbewohner fertig werden, aber sie ertrug es nicht, wenn ihr Sohn darunter zu leiden hatte. Sie war Marvin in diesem Moment zutiefst dankbar. Um sie zu stützen, legte Jim Akins ihr den Arm um die Taille, und es fiel Barbara gar nicht auf, daß sie sich trostsuchend an ihn lehnte.
    Danny befolgte gewissenhaft Marvins Anweisungen. Er preßte den Gewehrkolben an die Schulter, zielte sorgfältig und drückte vorsichtig ab. Der erste seiner beiden Schüsse schlug rechts von der Mitte ein. Marvin drückte ermutigend den Arm des Jungen. Danny entspannte sich und versuchte es noch einmal. Der Schuß lag ein klein wenig zu hoch, Barbara schloß die Augen und sandte ein Stoßgebet zum Himmel.
    Marvin gab Danny noch einen Tip, klopfte ihm auf den Rücken und trat einen Schritt zurück. „Hol tief Luft und schieß“, sagte er, und Danny tat, wie ihm geheißen. Er hielt den Atem an, zielte und schoß. Und die Schrotkugel traf genau ins Schwarze. Danny atmete erleichtert auf, legte das Luftgewehr auf den Tresen zurück und maß seinen Gegner mit einem verächtlichen Blick.
    Jeremiah wischte sich die verschwitzten Handflächen an seinem Overall ab und trat vor. Lässig legte er das Gewehr an und drückte ab. Die Kugel traf fast ins Schwarze. Es war ein guter Schuß, aber er war nicht gut genug.
    Ein enttäuschtes Murmeln ging durch die Menge. Als die Leute jedoch Marvins herrische Stimme hörten, verstummten sie schlagartig. „Was ist mit dem Dollar, Jeremiah?“ sagte er zu dem Jungen, während er ihn durchdringend ansah.
    Jeremiah strich sich das unordentliche Haar aus der Stirn und meinte ausweichend: „Ich habe ihn im Moment nicht bei mir.“
    „Du kannst ihn bei Doc Akins für Danny hinterlegen. Danny wird das akzeptieren.
    Er weiß, daß ein Junge aus den Bergen keine Wette abschließt, die er nicht einhalten kann.“ Mit hochgezogenen Brauen schaute er den Jungen an.
    „Jawohl, Sir“, antwortete Jeremiah mürrisch, während die Umstehenden zur Seite traten, um Danny und Marvin durchzulassen.
    Noch nie in seinem Leben war Danny so aufgeregt gewesen. Doch er bezwang den Impuls, auf seine Mutter zuzulaufen und bemühte sich statt dessen, mit seinem Helden Schritt zu halten. Irgendwie fand Barbara die Kraft, den beiden ruhig entgegenzugehen. Doch das wilde Klopfen ihres Herzens war nicht allein auf Dannys Sieg zurückzuführen. Nur ein glückliches Lächeln verriet ihre Gefühle, als die beiden Männer vor ihr stehenblieben.
    „Ich bin ja so stolz auf dich, Danny“, sagte sie strahlend.
    „Ich hätte es nicht geschafft, ohne…“ Hier zögerte Danny, um verblüfft zu dem großen Mann an seiner Seite aufzusehen. „Ich weiß ja nicht einmal Ihren Namen, Mister“, meinte er verlegen.
    „Marvin“, flüsterte Barbara und schaute dankbar den Mann an, dem ihr Herz gehörte, trotz aller Differenzen, trotz der Jahre der Trennung. Einige Sekunden sahen sie sich in die Augen. Dann schluckte Barbara, wandte sich wieder an ihren Sohn. „Dies ist Marvin Farrett, Danny“, erklärte sie.
    Danny streckte ihm seine kleine Hand hin.

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