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Das Glueck einer einzigen Nacht

Das Glueck einer einzigen Nacht

Titel: Das Glueck einer einzigen Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Bryan
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Bruders klangen Marvin in den Ohren, als er langsam wieder in die Gegenwart zurückkehrte. Während er erneut einen tiefen Schluck aus seinem Becher nahm, sah er plötzlich, kaum zwei Meter von sich entfernt, Barbaras bezauberndes Profil. Sie war ganz in Weiß gekleidet, und mit ihrem hochgesteckten Haar, das sie mit frischen Gänseblümchen geschmückt hatte, wirkte sie jung und zerbrechlich wie eine Elfe. Sie hatte über die Vergangenheit triumphiert – die eigensinnige Tochter dieser Berge war endlich in ihre Heimat zurückgekehrt.
    Doch Marvin sah auch die Reaktion der Leute. Er wußte, daß Barbaras Heimkehr den Klatsch geschürt und die aberwitzigsten Gerüchte wiederbelebt hatte.
    Ihm entgingen weder die empörten Blicke noch das verschwörerische Getuschel der Dorfbewohner, die ihr ostentativ den Rücken zukehrten. Sein Blick fiel auf Danny, der neben seiner Mutter stand. In seinen gestärkten Jeans, dem modischen Polohemd und den schneeweißen Turnschuhen zog er natürlich die Aufmerksamkeit der anderen Kinder auf sich. Grinsend stießen sich die Jungs mit den Ellenbogen an, während die Mädchen albern kicherten. Mitfühlend beobachtete er, wie Danny sich verstohlen mit den Schuhsohlen die blütenweißen Kappen seiner Turnschuhe beschmutzte. Während seine Mutter sich angeregt mit Jim Akins unterhielt, wurde er unter den neugierigen Bücken der anderen Kinder zusehends nervöser. Obwohl Marvin davon überzeugt war, daß Kinder ohne Vorurteil geboren wurden, kam es ihm vor, als ob sie doch eine gewisse Grausamkeit besäßen. Er fragte sich, wie ausgerechnet Barbara das hatte vergessen können.
    In diesem Moment gingen Marybeth Simmons und Rachel Prentiss an Marvin vorbei. Die beiden waren so vertieft in ihre abenteuerlichen Spekulationen, daß sie ihn gar nicht bemerkten.
    „Also, mich kann niemand davon überzeugen, daß dieses Kind ein legitimer Hayden ist“, ereiferte sich Marybeth. „Wahrscheinlich hat ihr irgend jemand dieses Kind im Vorbeigehen angehängt.“
    „Aber sicher“, pflichtete Rachel ihr bei. „Ich habe gehört, sie hat eine Weile als Kellnerin in einem Fernfahrerlokal gearbeitet. Wer weiß, mit was für Gesindel sie sich da eingelassen hat. Ich möchte wetten, daß dieser Junge eher der Erbe eines Diesellasters als irgendwelcher ÖlMillionen ist.“ Die
    Wut,
    die
    Marvin
    bei
    diesen
    Worten
    überkam,
    verstärkte
    seine
    Beschützerinstinkte gegenüber Danny. Auch wenn Barbara ihn darüber im unklaren gelassen hatte, wer der Vater des Jungen war, so bestand für ihn doch kein Zweifel daran, daß Danny ein Farrett war. Und niemand in diesem Dorf durfte es wagen, in seiner Gegenwart einen Farrett zu beleidigen. Und so beschloß er, Barbara und Danny unauffällig über den Festplatz zu folgen.
    Jim Akins nahm Barbaras Arm, und zusammen gingen sie zu den Tischen mit den Erfrischungen. Jim versuchte rührend, sie nicht die Kälte der Dorfbewohner spüren zu lassen. Noch nie war ihm ein dermaßen unchristliches, unbarmherziges Verhalten begegnet. Barbaras freundliches Lächeln wurde einfach ignoriert, und sogar Dannys Charme stieß auf eisige Ablehnung.
    Während er sich mit Barbara unterhielt, war Jim klar, was sie im Moment durchmachte. Sie versuchte, tapfer zu sein, seinetwegen so zu tun, als fiele ihr nicht auf, wie sie geschnitten wurde. Doch insgeheim wußten beide, daß eine ernsthafte Konfrontation nur aus Respekt vor Jims Position ausblieb. Obwohl Jim schon eine Weile in Farretts Corner lebte, verstand er die Mentalität dieser Leute immer noch nicht und würde sie wohl auch nie ganz begreifen können.
    Nach einem wie es ihm vorkam, endlosen Spießrutenlaufen, fand Jim endlich einen Platz für Barbara und Danny an einem der Picknicktische. Dann eilte er davon, um gebackenen Fisch für sie alle zu holen. Nicht weit von den beiden entfernt stand Marvin neben einem Faß mit Apfelwein und hielt ein wachsames Auge auf die weiteren Vorgänge. Auch er hatte gesehen, mit welcher Feindseligkeit man Barbara und Danny begegnet war. Doch anders als Jim Akins, kannte er die Engstirnigkeit der Bergbewohner und hatte sich immer von ihnen distanziert.
    Er beobachtete, wie Barbara ihrem Sohn spielerisch durch die Locken fuhr und ihn fest an sich zog. Ein warmer, goldener Glanz lag in ihren Augen, als sie den Jungen liebevoll anlächelte. Auf einmal verflogen Marvins Zweifel. Er erkannte, wie sehr Barbara dieses Kind liebte, und er hatte das Gefühl, daß sich ihr ganzes Leben nur um ihren Sohn

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