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Das Glueck einer einzigen Nacht

Das Glueck einer einzigen Nacht

Titel: Das Glueck einer einzigen Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Bryan
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austauschten.
    Lächelnd beobachtete sie ihren Sohn, der begeistert auf Marvin einredete.
    Obwohl Danny immer ein glückliches, zufriedenes Kind gewesen war, konnte sie sich nicht erinnern, ihn jemals so außer sich vor freudiger Erregung erlebt zu haben. Es kam ihr fast so vor, als ob er instinktiv spürte, daß hier sein eigentliches Zuhause war.
    Inzwischen waren die beiden ins Auto gestiegen und fuhren unter lautem Gehupe davon. „Fahren wir an einen bestimmten Platz, Marvin?“ fragte Danny aufgeregt, der sich rührend bemühte, ebenso lässig wie sein großes Vorbild den Ellenbogen aus dem Wagenfenster zu hängen.
    Marvin schaute ihn an, lächelte und blickte dann wieder auf die Straße. „Ja, Danny“, erklärte er. „Wir fahren an dieselbe Stelle, wo schon mein Bruder und ich Zielschießen geübt haben.“
    „Deswegen kannst du wahrscheinlich auch so gut schießen“, bemerkte Danny bewundernd.
    „Ich bin kein außergewöhnlich guter Schütze, aber auch nicht allzu schlecht.
    Weißt du, Danny, man sollte nie damit angeben, wie gut man schießen kann.
    Und schon gar nicht seine Fähigkeiten mißbrauchen. Verstehst du, was ich meine?“
    „Aber natürlich, Marvin. Du meinst, man soll sich nicht wie Jeremiah Crawford benehmen oder die Waffe dazu gebrauchen, etwas Böses zu tun.“
    „Richtig“, meinte Marvin lächelnd und bog von der Straße ab, um auf einer abgelegenen Wiese anzuhalten.
    Wie immer sprang Danny aus dem Wagen, kaum daß er stand. „Mensch, das ist ja ein toller Platz!“ rief er. „Und sogar die Zielscheiben stehen noch da.“

    „Es sind neue, Danny. Ich habe sie gestern aufgestellt.“ Marvin stieg aus dem Jeep und holte die Waffen heraus. „Komm her und such dir ein Gewehr aus“, forderte er den Jungen auf.
    Begeistert rannte Danny zu ihm zurück. Mit glänzenden Augen blickte er auf die Gewehre, die Marvin ihm hinhielt. Ihre blauschwarzen Läufe schimmerten im hellen Sonnenlicht, und die mit Einlegearbeit verzierten Kolben glänzten wie Edelholz. Danny verstand zwar nichts von Gewehren, aber er hatte ein Gespür für Qualität. Bewundernd strich er mit seiner kleinen Hand über die Kolben und entschied sich schließlich für das Remington.
    Er hatte Edwards Gewehr gewählt, das jahrelang unberührt in Marvins Waffenschrank gelegen hatte. Erst gestern hatte Marvin es hervorgeholt, es geputzt und ausprobiert. Als er jetzt sah, wie Danny es nahm und mit den gleichen bedächtigen Bewegungen wie Edward anlegte, schnürte es ihm die Kehle zu.
    „Dieses Gewehr hat meinem Bruder gehört“, hörte er sich plötzlich sagen.
    „Benutzt er es denn nicht mehr?“ fragte Danny arglos.
    Marvins Herz zog sich schmerzhaft zusammen, „Nein“, antwortete er zögernd. „Er benutzt es nicht mehr.“
    Danny ließ das Gewehr sinken und schaute ihn forschend an. Marvin schien plötzlich mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein. Um sich wieder die Aufmerksamkeit seines Helden zu verschaffen, zog Danny ihn schüchtern am Hemdsärmel. „Können wir jetzt anfangen, Marvin?“
    Marvin schaute auf den Jungen hinab. Nachdem er gerade das Bild seines Bruders vor Augen gehabt hatte, meinte er bei Danny gewisse Ähnlichkeiten zu sehen. Aber da war noch etwas anderes in dem Jungen zu erkennen, etwas Unbestimmtes und Beunruhigendes, das er mit dem Verstand nicht erklären konnte, nur mit dem Gefühl. Als er jetzt Dannys besorgten Blick bemerkte, zwang er sich, diese rätselhaften Gedanken zu verdrängen. Zerstreut fuhr er Danny über die kupferfarbenen Locken und beruhigte ihn dann mit einem Lächeln.
    Sofort kehrte Dannys übermütige Stimmung zurück. Aufgeregt lief er durch das hohe Gras auf die Zielscheiben zu und bombardierte Marvin dabei mit tausend Fragen.
    Doch der stand noch immer wie angewurzelt da. Ein unbestimmtes Ahnen überkam ihn, mit dem er jetzt noch nichts anfangen konnte. Es war wie das Licht des ersten Morgengrauens, das hinter dem Horizont heraufdämmerte, aber noch keine Helligkeit brachte.
    Die Schaukel auf Marvins Veranda quietschte monoton. Trage schaukelte Barbara hin und her, während sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen.
    Sei vorsichtig, riet ihr der Verstand. Marvin ist kein Mensch, der vergeben und vergessen kann. Sei fair, sagte ihr Herz, Danny ist sein Sohn.
    Barbaras Hand umklammerte die Kette der Schaukel, die Metallglieder gruben sich in ihre Handfläche ein. Langsam öffnete sie die Faust und betrachtete das Muster auf ihrer Haut. Wie die Glieder einer Kette, so schien

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