Das Glück eines Sommers
Wort wuchs seine Wut. Jetzt verstand er auch die Schlagzeile. Der Schreiber hatte sämtliche Tatsachen verdreht. So wie es hier stand, erweckte es den Anschein, als hätte Jack Lizzie in jener eisigen, gefährlichen Nacht gezwungen , die Schmerzmittel für ihn zu holen. Und es kam noch schlimmer. Der Schreiber deutete an, Jack habe seiner Frau eine Affäre mit dem Nachbarn unterstellt, worauf Lizzie hinausgerannt, in den Wagen gesprungen und losgefahren sei. In ihrer Verzweiflung habe sie eine rote Ampel überfahren und sei geradewegs in den Tod gerast.
Jack stand da wie vom Donner gerührt. Nichts von alledem stimmte, aber das änderte nichts daran, dass ihn jetzt Millionen von Menschen für ein Ungeheuer hielten.
Er ließ den Einkaufswagen stehen, sprang in den Wagen und raste nach Hause, zitternd vor Wut.
Schon auf der Fahrt wurde ihm klar, was passiert sein musste.
Die Quelle des Schreibers war Bonnie gewesen. Aber woher wusste sie davon? Lizzie musste sie auf der Fahrt zur Apotheke angerufen und ihr gesagt haben, weshalb sie unterwegs war. Vielleicht hatte sie dabei Bill Miller erwähnt, und Bonnie hatte sich Jacks Reaktion ausgemalt – obwohl er zu dem Zeitpunkt gar nicht so hätte handeln können . Wahrscheinlicher war jedoch, dass Bonnie die Geschichte einfach zurechtgebogen hatte.
Jack konnte sich sehr gut denken, warum Bonnie vor Hass kochte: Er, Jack, bekam all die Aufmerksamkeit, das Lob und das Mitgefühl, während Lizzie im Grab lag – wegen ihm. Zumindest glaubte Bonnie das. Und ein Teil von Jack konnte es ihr nicht einmal zum Vorwurf machen. Doch jetzt hatte sie die Büchse der Pandora geöffnet, und Jack würde alle Mühe haben, sie wieder zu schließen. Doch was ihm die größten Sorgen machte, war die Reaktion der Kinder. Was würde geschehen, wenn sie davon hörten?
Jack wollte der Erste sein, der mit ihnen darüber sprach, besonders mit Mikki. Er trat das Gaspedal durch.
Leider kam er zu spät.
KAPITEL 19
Mikki wartete auf der Veranda auf ihn. Sie hielt ein Exemplar eines anderen Revolverblatts in der Hand, doch die Schlagzeile lautete ähnlich. Das Mädchen zitterte am ganzen Leib und stürzte sich in dem Moment auf Jack, als er aus dem Pick-up stieg. »Der Mist hier geht in der ganzen Schule herum! Wie konntest du Mom zwingen, bei dem Mistwetter loszufahren, um dir Medikamente zu holen? Und wie konntest du auch nur glauben , dass sie dich betrügt?«
»Das sind alles Lügen, Mikki«, erwiderte Jack verzweifelt. »Ich habe deiner Mutter nie so etwas vorgeworfen. Ich habe gesehen, wie sie Bill Miller eine Ohrfeige verpasst hat. Sie und ich haben darüber gelacht, denn er war betrunken. Und ich habe auch nicht darauf bestanden, dass sie noch mal losfährt. Ich wollte, dass sie bleibt.«
»Ich glaube dir nicht.«
»Es ist die Wahrheit, Mikki. Ich schwör’s. Zeitschriften wie diese erfinden ständig solche Geschichten. Das weißt du doch.«
»Na schön. Aber das wäre nie passiert, wenn du dich nicht für diese bescheuerte Wundermann-Story zur Verfügung gestellt hättest. Das war dein Fehler.«
»Okay, was das betrifft, hast du recht. Ich wünschte, es wäre anders, aber …«
»Jetzt glaubt jeder, dass Mom eine Schlampe war und dass du ein Arschloch bist. Und ich muss es für den Rest des Schuljahrs ertragen, dass die Leute hinter meinem Rücken tuscheln!«
»Würdest du mir bitte mal eine Sekunde zu…«
Bevor Jack den Satz beenden konnte, war Mikki ins Haus geflohen und schlug die Tür hinter sich zu. Als er ihr folgen wollte, hörte er das Schloss klicken. Er blickte durch das Fenster neben der Tür und sah Cory. Der Junge funkelte ihn böse an und lief davon.
* * *
Sie feierten Jackies dritten Geburtstag im Chucky Cheese. Jack trug eine Baseballkappe und eine Brille, damit die Leute ihn nicht erkannten. Auf dem Tisch vor ihm lagen eine halb gegessene Käsepizza und ein Geburtstagskuchen aus der Großbäckerei. Während Jackie sich mit anderen Kindern in ein Becken voller Plastikbälle stürzte, kauerte Cory in einer Ecke, als würde er lieber von einem Hai gefressen werden, als hier zu sein. Wo Mikki steckte, wusste Jack nicht. Er fühlte sich grauenhaft. Nur einmal hatte er sich schrecklicher gefühlt: als der Polizist ihm gesagt hatte, dass Lizzie ums Leben gekommen sei.
Als sie wieder nach Hause kamen, spielte Jackie mit dem Monstertruck, den Jack ihm gestern Abend noch auf die Schnelle gekauft hatte. Cory war in den Hinterhof geflohen.
»Gefällt dir der Truck?«,
Weitere Kostenlose Bücher