Das Glück eines Sommers
liebt.«
Mikki blickte ihn schockiert an. »Sie muss dich geliebt haben. Sie war deine Mom.«
»Ja, das sollte man glauben.«
»Wie bist du denn auf den Gedanken gekommen, dass es anders sein könnte?«
»Wahrscheinlich, weil sie mich verlassen hat, als ich siebzehn war. Gleich nachdem mein Dad gestorben war.«
» Was? Das hat mir nie jemand erzählt. Ich wusste, dass sie vor meiner Geburt gestorben war, aber mehr auch nicht.«
»Nun ja, so etwas posaunt man nicht gerade heraus.«
»Was war denn passiert?«
»Sie hatte irgendeinen Kerl kennengelernt und ist nach Florida gezogen. Dort ist sie dann ein paar Jahre später bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen. Das Haus in Cleveland hat sie behalten. Ich habe da gewohnt, bis ich deine Mom geheiratet habe und zur Army gegangen bin.«
Mikki musterte ihn staunend. »Du hast da gewohnt? Ganz allein?«
»Ja. Ich hatte keine Verwandten.«
»Aber du warst doch noch auf der Highschool.«
»Aber ich war auch schon über sechzehn. Eine Pflegefamilie kam nicht infrage. Und ich habe mir einen Teilzeitjob gesucht, um meine Ausgaben zu decken.«
»Meine Güte, Dad, ich meine … du warst ganz allein.«
» Du verbringst doch auch gern Zeit allein.«
»Ja, aber ich kann auch jederzeit die Treppe runtergehen, und dann sind alle für mich da.«
»Ich hatte deine Mom. Sie war meine beste Freundin, und sie hat mir durch verdammt schwere Zeiten geholfen.«
Als sie wieder zum Palast zurückkehrten, sagte Mikki: »Danke für den Spaziergang und das Gespräch.«
»Ich hoffe, es war das erste Gespräch von vielen in diesem Sommer.«
Als Mikki vor ihrem Vater die Stufen hinaufstieg, kam Sammy um das Haus herum. »Du bist ja früh auf.« Er schaute zu Mikki, die im Haus verschwand. »Hast du ein bisschen Zeit mit deiner Tochter verbracht?«
»Sie ist ein erstaunliches Mädchen, Sammy. Ihr halbes Leben lang habe ich meinem Land mit dem Gewehr in der Hand gedient, und die andere Hälfte habe ich Nägel in Bretter geschlagen. Ich muss noch viel über sie lernen.«
»Das ist vermutlich der Grund, warum ich nie geheiratet habe«, sagte Sammy.
»Hast du es je bereut, keine Frau und keine Kinder zu haben?«
»Nein. Bis ich euch Armstrongs kennengelernt habe.«
KAPITEL 29
Später in jener Woche schnappte Mikki sich Shorts, Tanktop und Tennisschuhe und joggte zum Strand hinunter, bevor ihr Vater zur Arbeit aufbrach und sie sich um ihre Brüder kümmern musste. Mikki war von Natur aus sportlich. Was das betraf, kam sie nach ihrem Dad, doch sie hatte sich nie um einen Platz in einer Schulmannschaft bemüht. Sie fand die Sportlertypen ziemlich widerlich. Und sie fand keinen Gefallen am Wettbewerb. Sie wollte einfach nur laufen und nicht schneller sein als irgendjemand, der neben ihr lief.
Mikki lief in südlicher Richtung den Strand hinunter und hörte Musik auf ihrem iPod. Sie hatte jede Menge Sonnenschutz aufgetragen, denn ihre Haut war noch immer blass vom Winter in Ohio und dem kalten Frühling dort. Die Sonne fühlte sich herrlich an, und die Aussicht war atemberaubend. Mikki lief schnell. Männer angelten am Ufer; Kinder spielten im Sand, und Teenager surften auf den rauen Wellen. Obwohl es noch früh war, lagen die ersten Sonnenanbeter bereits am Strand, lasen und plauderten.
»Was zum …«, keuchte Mikki.
Der junge Bursche war ganz plötzlich neben ihr erschienen und lief nun neben ihr her.
»Hey«, sagte er und grinste.
Mikki erkannte ihn. Es war der Typ aus dem Mercedes Cabrio. Er trug Surfershorts und kein Hemd, und er war schlank und muskulös. Aus der Nähe betrachtet sah er wie ein Model von Ralph Lauren aus, was hieß, dass Mikki ihn auf Anhieb verabscheute.
Sie nahm ihren Kopfhörer ab, lief aber weiter.
»Der Strand ist ziemlich breit«, sagte sie und versuchte, so gleichgültig wie möglich dreinzuschauen. »Warum suchst du dir keinen anderen Platz zum Laufen?«
»Ich bin Blake Saunders.« Zur Begrüßung hielt er ihr im Laufen die Hand hin.
Mikki ignorierte sie. »Schön für dich.«
»Könnten wir mal kurz stehen bleiben?«
»Warum?«
»Es ist wichtig.«
Mikki blieb stehen, und Blake hielt neben ihr.
»Okay. Was ist?«, fragte sie.
»Ich wollte mich nur für gestern entschuldigen. Tiff kann manchmal ganz schön biestig sein.«
»Tiff?«
»Tiffany. Tiffany Murdoch.«
Mikki schnaubte verächtlich. »Sie sieht auch aus wie ’ne Tiffany.«
»Ja, sie ist ziemlich verwöhnt. Ihr Dad war Investmentbanker in New York, bevor sie hierhergezogen sind
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