DAS GLÜCK IM AUGENWINKEL: Roman (German Edition)
Emma.
"Nein", beeilte er sich zu antworten. "In diesem Jahr nicht."
Sie schaute ihn fragend an.
"Wozu brauche ich einen eigenen Baum, wenn ich hier bei euch bin?", fuhr er fort. "Außerdem habt ihr ja schon den schönsten und größten Baum, den man sich überhaupt vorstellen kann. Dieser gigantischen Tanne könnte eh kein anderer Baum Konkurrenz machen."
Er tippte mit dem Zeigefinger auf ihre Nasenspitze.
Rhea lächelte. "Stimmt." Dann nahm sie die Kugel aus seiner Hand und lief zurück zum Baum. "Ich würde sagen, wir hängen zuerst alle roten auf und danach die weißen."
"Zu Befehl, Frau General!"
"Und danach machen wir mit dem Lametta weiter."
Simon griff nach einer weiteren Kugel und folgte Rhea zum Baum. Es tat gut, für einen Moment Teil ihrer Unbeschwertheit zu sein. Einzutauchen in eine Welt, in der die größte Priorität in der Farbe des Wackelpuddings lag, den es zum Abendessen gab.
"Habt ihr etwa schon ohne mich angefangen?" Mit den Händen in der Hüfte stand Timmy in der Wohnzimmertür. "Ich hab doch gesagt, ihr sollt warten, bis die Plätzchen im Ofen sind."
Hinter ihm tauchte Marie im Türrahmen auf. "Onkel Simon und Rhea schauen doch nur, wo sie am besten anfangen. Der ganze Baum ist noch leer, es gibt also auch für dich noch genug zu tun!"
"Das will ich hoffen", brummte Timmy und begutachtete prüfend den Inhalt des Pappkartons.
"Vielleicht fangt ihr schon mal allein an", sagte Marie, während sie Simon zunickte. "Euer Onkel muss mir mal kurz in der Küche helfen."
Die mit einem Blütenrahmen umrandeten Worte starrten ihn aus der Mitte des Küchentischs an. Rechts neben der Zeitung lagen zwei aufgerissene Tütchen Backpulver, die den Inhalt der Annonce seltsam alltäglich wirken ließen. Simon setzte sich und zog die Zeitung zu sich heran.
"Was hätte ich sonst tun sollen?"
"Es vergessen", antwortete Marie. "Oder es zumindest versuchen."
"Aber die Idee mit der Annonce ist doch prima. Eine Chance, die ich nicht ungenutzt verstreichen lassen darf."
"Eine Chance?" Sie setzte sich auf den Stuhl neben ihm. "Du meinst, genau wie die Chance, sie in einer Kfz-Werkstatt, in zahlreichen Buchläden und sogar in einem Café zu finden?"
Er unterdrückte den Drang, ihr von seiner Suche im Park zu erzählen. Nur ein weiterer Versuch, den sie nicht verstehen würde.
"Es muss einen Grund dafür geben, dass ich ihre Briefe lesen kann, Marie. Und das kann und will ich nicht ignorieren."
"Ich verstehe dich ja." Sie zog die Zeitung zu sich und warf einen flüchtigen Blick darauf. "Du willst den Dingen auf den Grund gehen, dir das Unerklärliche erklären. Und vielleicht war es anfangs auch eine begrüßenswerte Ablenkung. Es ist nur ... Ich habe einfach Angst, dass du dich zu sehr auf diese Suche versteifst. Eine Suche, die vielleicht erfolglos bleiben wird."
"Selbst wenn sie erfolglos bleiben würde -"
"Genau darum geht es ja", unterbrach sie ihn. "Ich befürchte einfach, dass du es nach allem, was du durchgemacht hast, nicht verkraften würdest, wenn sie erfolglos bleibt." Sie suchte seinen Blick. "Und vielleicht hast du den Punkt, an dem du einen Misserfolg verkraften könntest, längst überschritten. Du steckst so tief drin, dass es für dich scheinbar nichts anderes mehr gibt, Simon. Und das macht es mir unmöglich, einfach untätig zuzusehen. Ich mache mir Sorgen um dich."
"Das musst du nicht", antwortete er. "Wir sind erwachsen, Marie. Die Zeiten, in denen du mich aus irgendwelchem Ärger herausboxen musstest, sind vorbei."
"Und weil wir jetzt beide erwachsen sind, schaue ich einfach tatenlos dabei zu, wie du ins Unglück rennst?"
"Welches Unglück könnte größer sein als das, in dem ich seit Emmas Tod stecke?"
Sie faltete die Zeitung und schob sie zur Seite. "Genau das meine ich doch. Du hast viel ertragen müssen im letzten Jahr. Und ich bezweifle einfach, dass du stark genug bist, um weitere Rückschläge auszuhalten."
Simon legte die Hand auf die Zeitung. Eine simple Berührung, die ihm die Zuversicht gab, das Richtige getan zu haben.
"Versteh doch, Marie", sagte er. "Ich musste es tun."
Sie bemühte sich um ein Lächeln. "Hat sich denn jemand auf die Anzeige gemeldet?"
"Nur ein Typ, der mich per SMS fragte, ob ich der Simon bin, der mit ihm in eine Klasse gegangen ist."
"Nicht gerade viel Feedback."
"Ich bin da eher optimistisch. Immerhin ist die Annonce ja erst gestern erschienen."
Sie nickte, während ihr Blick erneut zur Zeitung wanderte. Sie machte sich Sorgen, das
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