DAS GLÜCK IM AUGENWINKEL: Roman (German Edition)
rücklings auf das Bett fallen. Auch wenn sie sich anfangs gegen Volkmanns Vorschlag gesträubt hatte, war sie nun froh, in der Sicherheit der eigenen vier Wände zu sein. Hier konnte sie sich unbeobachtet in Gedanken verlieren.
Was hatte es mit dieser Anzeige auf sich? Und wer war dieser Simon? Sie wurde das Gefühl nicht los, dass es ein Trick war, um sie anzulocken. Aber wer tat so etwas Geschmackloses? Immer wieder kam ihr Detlef in den Sinn. Aber passte es zu ihm, eine Annonce aufzugeben, in der er sich als jemand anderes ausgab? Es musste ihm doch klar sein, dass sie wütend sein würde, wenn sie erst einmal erkannt hatte, dass er hinter alledem steckte? Glaubte er wirklich, dass sie sein Verhalten originell finden würde, vor allem, wenn er es sich herausnahm, ihre Trauer um Patrick dafür auszunutzen?
Sie spürte Wut in sich aufsteigen. Langsam richtete sie sich auf und griff nach ihrem Handy, das neben ihr auf dem Bett lag. Wild entschlossen durchsuchte sie ihre Kontaktliste und drückte auf seinen Namen. Mit jedem Ton, den das Anwählen von sich gab, wurde sie sicherer. Er war es. Er steckte dahinter.
"Heeey." Er schien überrascht zu sein. "Welch unerwartete Freude!"
"Unerwartet? Wohl kaum. Deswegen hast du diese schwachsinnige Aktion doch gestartet, damit du mich dazu bringst, bei dir anzurufen."
"Aktion? Wovon redest du?"
"Du weißt genau, wovon ich rede. Erst der Buchladen, dann das Café, und nun auch noch diese geschmacklose Annonce. Was auch immer du damit bezweckst, Detlef, es wird nicht funktionieren. Im Gegenteil, du erreichst damit nur, dass du den positiven Eindruck, den ich von dir hatte, nach und nach zerstörst. Dir dafür sogar eine zweite Telefonnummer zuzulegen ist einfach nur krank."
"Was für eine Telefonnummer? Und was habt ihr ständig mit dem Buchladen? Claudia fing auch schon an, mich danach zu fragen. Ich war nicht im Buchladen. Auch in keinem Café. Und ich habe keine Ahnung, von welcher Annonce du sprichst. Warum sollte ich solche lächerlichen Wege gehen, nur um Kontakt zu dir aufzunehmen?"
"Keine Ahnung. Und es ist mir auch egal, warum du es getan hast. Hör nur einfach auf damit!"
"Aber ich war es nicht, Nita! Warum sollte ich -"
"Wie gesagt, hör einfach auf damit!"
Sie legte auf, bevor er sich in weitere Ausflüchte verlieren konnte. Ihre Hände zitterten. Sie war schroff gewesen. Wütend. Geradezu gemein. Und doch wusste sie, dass es nötig war, um ihn ein für alle Mal wachzurütteln.
Während sie das Handy zur Seite legte, kamen ihr jedoch erste Zweifel. Und wenn es doch stimmte und er nichts mit den Aktionen zu tun hatte? Sie durchkämmte ihren Kopf nach möglichen Kandidaten, doch niemand wollte ihr einfallen. Bis auf Detlef hatte sie in den letzten Monaten keinerlei männliche Kontakte gehabt.
Für einen Moment überkam sie das schlechte Gewissen. Vielleicht hatte sie ihm unrecht getan? Doch schon im nächsten Augenblick wusste sie, dass es ihr gleichgültig war, ob er dafür verantwortlich war oder jemand anderes. Sie würde die Annonce ignorieren. Wer auch immer dahinter steckte, würde schon begreifen, dass es Zeit war, die Suche nach ihr aufzugeben.
*
Meine mühsam erarbeitete Selbstbeherrschung ist mit einem Schlag ins Wanken geraten. Detlef streitet ab, dass er dahinter steckt, aber ich weiß nicht, ob ich es ihm glauben kann. In einer Annonce sucht jemand nach mir, mit den Worten, dass er mit mir über DICH reden müsste. Als ich die Zeilen las, kam alles wieder hoch. Die schlimmen Tage nach dem Drama, die schlaflosen Nächte, der Schmerz.
Und wenn Detlef wirklich nicht dahintersteckt? Was hat all das zu bedeuten? Ich bin so durcheinander und völlig außer mir. Wenn du doch nur da wärst, um mir zu sagen, was ich tun soll. Im Moment stecke ich in einer Phase, in der es mich sogar überfordert, mich für ein Haarshampoo zu entscheiden. Ich brauche dich, Patrick. Mehr als jemals zuvor.
Vielleicht sollte ich die Nummer aus der Annonce doch wählen, um absolut sicherzugehen? Ich bin völlig hilflos und verzweifelt, und dann wieder voller Hoffnung. Ich rutsche von einem Extrem ins andere und komme immer wieder auf dieselbe Frage, die ich so lange verdrängt hatte: Warum du? Warum wir? Warum hat man uns voneinander getrennt? Wir hatten alle Zeit der Welt. Und jetzt gibt es weder ein WIR noch eine WELT. Nur noch Zeit, die ich ohne dich verbringen muss und die manchmal zu schnell, manchmal zu langsam vergeht, aber niemals so, wie sie es sollte.
Er
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