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Das Glück ist eine Katze

Titel: Das Glück ist eine Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Berberich
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Instinkt einer jungen Katze einem Weißkittel – oder einer Weißkittelin
     – gegenüber aber nicht glaubte und den Kopf in meinen Ärmel steckte, in der Hoffnung, sie sei dann weg. Die Ärztin auch. »Na,
     da werden die Kater ja Schlange stehen.«
    »Wie alt ist sie denn?« fragte ich.
    »Ein Jahr etwa.«
    »Seppi, der Nachbarskater, steht schon Schlange.«
    Sie guckte bedenklich.
    »Aber dem hat sie eins übergezogen. Der traut sich nicht gleich wieder ran.«
    »Bringen Sie sie gelegentlich vorbei. Bevor sie unters Messer kommt, muß sie erst die Spritzen verdauen.«
    »Hat noch Zeit«, sagte ich. »Ich will, daß sie sich zuerst eingewöhnt. Eigentlich sollte sie gar nicht mehr unters Messer
     müssen. Doch leider hat das Erzbischöfliche Ordinariat es an Verantwortungsgefühl fehlen lassen. Wenn’s um Geld geht, spielen
     ethische Grundsätze in der Kirche offenbar keine Rolle.«
    |47| Das Gesicht der Tierärztin zeigte, daß sie Schwierigkeiten hatte, das Erzbischöfliche Ordinariat, katzliche Schwangerschaftsverhütung
     und ethische Grundsätze unter einen Hut zu bringen.
    Schlumpel streckte den Kopf wieder raus, nahm beleidigt das Katzengutsel an und verlangte noch drei als Zugabe und Schmerzensgeld.
    »Die Raffgier hat sie von ihrem Großvater«, behauptete die Ärztin.
    Als ich das Körbchen durchs Wartezimmer trug, hörte ich Schlumpel sagen: »Heut war aber nicht mein allerschönster Lebenstag.
     Wenn das so weitergeht   –«

|48| Nomen est omen
    Ich kämmte die von meiner Katze verhuddelten Teppichfransen wieder glatt, sammelte die Nüsse ein, die sie durchs Zimmer zu
     treiben pflegt, legte das heruntergezogene Tuch wieder auf den Tisch und entfernte mit einem nassen Lappen ein paar klebrige
     Pfotenabdrücke vom Glas der Balkontür.
    »Schlumpel«, sagte ich mit großer Bewunderung und ganz leisem Vorwurf, »du und dein Name, ihr seid wirklich wie füreinander
     geschaffen.«
    Was Schlumpel als Kompliment empfand. Sie rollte sich auf dem Teppich hin und her und streckte zustimmend alle viere von sich.
    »In dir stecken zwei Wörter.«
    Auch das gefiel ihr. »Vier Pfoten, zwei Ohren, ein Schwanz und dann noch zwei Wörter. Toll, was alles in mir drinsteckt. Was
     für Wörter?«
    »Lumpig und schlampig. Oder Lumpen und Schlampe. Oder Schlampigkeit und Lumpigkeit.«
    Schlumpel beschnupperte die Wörter und fand, sie röchen unwiderstehlich aufregend.
    |49| »Meine alte Kinderschlumpel«, sagte ich, »war wirklich aus Lumpen zusammengenäht.«
    »Ich bin nicht zusammengenäht, ich bin ganz. Rundherum. Aus einem Stück bin ich.«
    »Drum bist du auch nur in übertragenem Sinn ein Lumpenstück.«
    Schlumpels Schwanz wurde zum Fragezeichen.
    »Dein Charakter ist schlumpelig. Und zwar nicht zu knapp.«
    Sie kam wieder auf die Pfoten, setzte sich vor mich hin und sah mich aufmerksam an. »Wo ist der? Zeig mal!«
    »Der Charakter? In dir drin.«
    »Im Bauch?«
    »Nicht direkt.«
    »Im Kopf?«
    »Auch nicht direkt.«
    »Im Schwanz? Im Schnurrbart? In den Pfoten? In den Ohren?«
    »So ein Charakter«, erklärte ich, »steckt nicht in einem Ohr oder in einem Schwanz. Der steckt in der ganzen Schlumpel drin.«
    Und Schlumpel freute sich so, einen Charakter ihr eigen zu nennen, der all diese großartigen sprachlichen Möglichkeiten in
     sich barg, der in übertragenem Sinn schlumpelig genannt werden konnte, oder auch lumpig, schlampig oder schlampelig, und der
     in ihr drinsteckte, wenn ich auch nicht genau |50| wußte, wo, daß sie ihren Kopf an meiner Hand rieb. »Hab ich gar nicht gewußt, was für einen tollen Rakakter ich hab. Der Rakakter
     kommt bestimmt daher, daß ich eine Schmuddelkatz bin.«
    »Aber ich merk’s«, sagte ich, ihre Ohren streichelnd, »weil ich, seit du da bist, nichts mehr finde. Alles geht auf Wanderschaft.
     Sogar die Teelichter.«
    »Die rollen so schön über den Boden. Und es sind keine Lichter, es sind Mäuse. Rollmäuse.«
    »An allen Sesselbezügen und Tischdecken hängen die Fäden heraus. Hörst du nicht, wie sie heulen? Du putzt dir nie die Pfoten
     ab, wenn du aus dem Garten kommst. Gestern hab ich gehört, wie du Bastians Seppi, der doch ein liebenswürdiger, ausgesprochen
     verträglicher Kater ist, nachgerufen hast, er sei ein blöder Pinsel und ein – ich bring das Wort nicht über meine anständigen
     Lippen. Wo hast du bloß diesen ordinären Wortschatz her?«
    »Man hört sich um«, sagte Schlumpel. »Ich kenn noch viel mehr solche Wörter. Frag mich, wenn du

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