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Das Glück ist eine Katze

Titel: Das Glück ist eine Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Berberich
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Halsband auf. Der dachte
     nicht daran, das Feld zu räumen, blieb einfach hocken und löste ein nicht endenwollendes, minutenlanges Piepsen ohne Unterbrechung
     aus, es war der reinste Tinnitus.
    »Halt’s Maul!« sagte ich – es war gegen drei Uhr in der Früh – und verhüllte den Kopf mit Konrads Pudelmütze, die in kühlen
     Nächten seine sehr empfindsamen Ohren vor dem Erfrieren bewahrt. Ich meine Hänschens Kopf, nicht den meinen oder den des mausgrauen,
     sehr ansehnlichen Katers.
    Dann war Ruh.
     
    »Du siehst aus wie ’s Kätzle am Bauch«, sagte Konrad besorgt beim Frühstück. »Ist was?«
    »Meine Ruh ist hin. Ab und zu brauch ich auch ein bißchen Schlaf. Ich kann das Gepiepse nicht mehr hören.«
    |173| Aber das sei doch kein Problem, sagte Konrad freundlich, und die Sache ganz einfach. »Ich könnte Hänschen an die Wohnzimmerstehlampe
     anschließen. Dann piepst er nicht mehr, dafür leuchtet die Lampe auf, wenn Schlumpel rein will. Das ist wesentlich leiser
     und schont die Nerven.«
    Aber da ich keine Lust hatte, mein Bett im Wohnzimmer aufzustellen und die Lampe anzustarren, und Konrad sich aus unerfindlichen
     Gründen weigerte, Hänschen an seine Nachttischlampe anzuschließen, bestand ich nicht nur auf der Nichtverwirklichung dieser
     gewiß an sich großartigen Idee, sondern auf Hänschens Liquidierung.
    »Konrad«, sagte ich, »ich kann nicht mehr. Ich gebe gern zu, daß Hänschen genial ist, ich meine natürlich, du bist genial,
     aber wenn er heut abend noch vor meiner Tür steht, bring ich ihn eigenhändig um.«
     
    Seither stehe ich wieder auf, schlappe zur Tür und rufe wie früher: »Schlumpel, komm!« Und Schlumpel kommt, oder auch nicht.
     Von Hänschen hab ich nie wieder einen Pieps gehört.

|174| Alles für die Katz
    Geburtstagskinder, die eine Katze haben, wissen, was ihnen blüht. Die kriegen nicht irgendwas geschenkt. Was immer sie geschenkt
     kriegen, katzelt. Weil der Schenker sich ganz sicher ist, daß kein anderer auf die Idee käme, dem Geburtstagskind etwas zu
     schenken, das auch nur entfernt an eine Katze erinnert.
    Morgens früh um sechs weckte mich das Telefon, und durch den Hörer drang in mein schlaftrunkenes Ohr ein herzliches »Miau!«
     Dann Geräusper, dann zählte eine Stimme – es war die meines sechsjährigen Neffen Simon – bis drei, und dann ging’s los, dann
     wurde gemaunzt, was das Zeug hielt. Nur der vierjährige Lukas trompetete dazwischen, der ist versessen auf Elefanten. Schlumpel,
     die am Fußende ruhte, kauerte sich zusammen und setzte zum Sprung auf den Hörer an. »Das ist doch nur ein Geburtstagsständchen«,
     rief ich ihr zu, sie hielt inne, erkannte das Gemaunze als nicht aus einer Katzenkehle stammend |175| und daher nicht als konkurrenzfähig, und schlief beruhigt wieder ein.
    Ich aber war und blieb wach und fühlte mich alt. Weshalb ich, als ich die Schritte der Zeitungsfrau hörte, hinunterschlurfte,
     um ihr die Zeitung aus der Hand zu reißen und mich abzulenken. Ein Blick in den Garderobenspiegel, der neben der Haustür hängt,
     überzeugte mich davon, daß ich in dieser Nacht tatsächlich um ein ganzes Jahr gealtert war, was mir die Zeitungsfrau, ohne
     zu zögern, bestätigte. Ich müsse mehr an die frische Luft, meinte sie, seit sie morgens Zeitungen austrage, komme sie in den
     Genuß der frischen Luft, des Sonnenaufgangs und des morgendlichen Gesangs der Vögel und sehe aus wie das blühende Leben, was
     nun ich ihr sogleich bestätigte. Und ich nahm mir vor, mich im neuen Lebensjahr frischluftiger zu betätigen, es muß ja nicht
     die Zeitungsaustragerei sein, um auch wie das blühende Leben auszusehen.
    Dann fiel mein Auge auf die Todesanzeigen, und ich erfuhr, daß Agnes Tröndle, in meinem Alter, das Zeitliche gesegnet hatte
     und aus diesem Grund bat, von Beileidsbezeugungen abzusehen. Das beflügelte mich in dem Entschluß, noch mehr an die frische
     Luft zu gehen, am besten gleich nach dem Frühstück. Den Frühstückstisch hatte Konrad am Abend zuvor schon gedeckt, bevor er
     wegfahren |176| mußte, zu einem Wochenendschachturnier, wo er aber nur als Ersatzspieler eingeteilt worden war, weil er, trotz ständigen Übens
     mit Bobby, dem Schachcomputer, die Eröffnungen immer noch verpatzt.
    Der Tisch war wirklich sehr schön gedeckt, mit der Geburtstagsdecke, auf die meine Mutter vor vierzig Jahren
Alles Gute dem Geburtstagskind!
kreuzgestickt hatte, und mit einem Müslischüsselchen   – Geschenk von Konrad  

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